Stationärer Handel: Wer überlebt und wer nicht?
Der Onlinehandel hat die Art, wie wir einkaufen, verändert. Von Kleidung über Elektrogeräte bis hin zu Lebensmitteln – mit nur wenigen Klicks können Kunden sich heute unterschiedlichste Waren direkt bis zur Haustür bestellen.
Doch wo ist bei so viel Komfort noch Platz für Geschäfte, Einkaufsstraßen und Shoppingcenter? Vor welchen Herausforderungen steht der stationäre Handel und wo sind seine Chancen für die Zukunft?
Übersicht beim Sortiment
Neben der Bequemlichkeit punkten viele Onlineshops mit einem endlos wirkenden Sortiment. Immerhin sind sie – anders als Geschäftslokale – nicht durch begrenzte Regalflächen eingeschränkt.
Doch das ist nicht immer ein Vorteil: Wegen des umfangreichen Angebots wirken Webshops häufig überladen und das Sortiment unübersichtlich. Das überfordert viele Kunden. Die Aufgabe des stationären Handels in dieser Welt des Überangebots könnte sein, für Kunden eine Vorauswahl zu treffen.
„Über die Kuratierung von Produkten kann sich der stationäre Handel sicher bei vielen Leuten positionieren“, sagt Handelsexpertin Cordula Cerha von der Wirtschaftsuniversität Wien dem KURIER.
Einkaufen als Erlebnis
Geht es um die Effizienz und Größe der Auswahl, hat der Onlinehandel die Nase vorne. Ein Geschäft oder ein Einkaufszentrum besuchen Kunden auch aus anderen Gründen. Es geht um das Erlebnis, die Abwechslung und die soziale Komponente des Einkaufens.
Dazu gehört auch die persönliche Beratung, durch die der stationäre Handel sich gegenüber dem Onlinehandel profilieren kann.
Darüber hinaus machen Handelsunternehmen den Konsum zum Erlebnis, etwa durch Events, Workshops oder Modeschauen im Geschäft. Aus eben diesem Grund finden sich in Einkaufsstraßen oder Shoppingcentern oft Kinos, Spielhallen oder eine Auswahl an Cafés und Restaurants.
Impulskäufe
Beim Einkaufen im stationären Handel verhalten sich Kunden allgemein anders als im Netz. So werden in Geschäften häufiger Impulskäufe getätigt.
Gerade im günstigen Sektor wissen Kunden häufig vor Betreten des Geschäftes nicht, was sie kaufen möchten, geben aber im Laden trotzdem spontan Geld aus, erklärt Cerha. Vor allem Diskontmodehändler und Aktionspostenmärkte wie Tedi, Action oder Sewa leben von diesen impulsiven Kaufentscheidungen ihrer Kunden.
Preisliche Extreme
Der stationäre Handel entwickelt sich hin zu zwei Extremen. Sowohl der teure Luxusgütermarkt als auch das günstige Diskontsegment sollen Prognosen zufolge in den nächsten Jahren weiter wachsen. Diskonter haben in den vergangenen Jahren außerdem die Zahl der Filialen gesteigert – und das während im restlichen Handel die Verkaufsfläche schrumpft.
Die Polarisierung im Handel, beobachtet auch Cerha. „Unternehmen mit einer eindeutigen Positionierung tun sich leichter, einen klaren Nutzen für die Konsumenten zu kommunizieren“, so die Expertin. Sind Shops weder besonders gut noch besonders günstig, ist es schwer, Kunden anzusprechen.
Laut Cerha kaufen viele Kunden in beiden Preissegmenten ein. Etwa wenn sie „ein Designer-T-Shirt mit Jeans von einem Fast Fashion-Anbieter kombinieren“.
Chinesische Konkurrenz
Besonders belastet den stationären Handel in Österreich die zunehmende Online-Konkurrenz aus Asien, wie etwa Shein oder Temu. Diese setzen heimische Unternehmen mit unschlagbaren Preisen unter Druck und wachsen trotz geringer Qualität ihrer Waren und ihres schädlichen Umwelteinflusses scheinbar unaufhaltsam.
Die chinesischen Webshops umgehen häufig EU-Nachhaltigkeits- und Verbraucherschutzregelungen. Außerdem werden Zollzahlungen bei der Einfuhr verhindert, indem Produkte als Komponenten in mehreren Paketen versendet werden, um Freigrenzen auszunutzen. Hier sieht Cerha die europäische Politik gefordert, einzugreifen, um einen fairen Wettbewerb im Handel zu ermöglichen.
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