Für die heimische Start-up-Szene brechen harte Zeiten an. Wegen der wirtschaftlich unsicheren Lage stehen die Risikokapitalgeber auf der Bremse und zögern mit weiteren Finanzierungsrunden. Bereits im zweiten Halbjahr 2022 brach das Finanzierungsvolumen für heimische Start-ups gegenüber dem Vorjahr um 83 Prozent auf 125 Mio. Euro ein, zeigt der von der Beratungsgesellschaft EY erstellte Start-up-Barometer 2022. Für das Gesamtjahr gab es verglichen mit dem Rekordjahr 2021 ein Minus von 18 Prozent auf 1 Mrd. Euro.
„Weltweit ist die Goldgräberstimmung des Boom-Jahres 2021 der Ernüchterung gewichen. Viele Geldgeber sind nervös, die Risiko- und Investitionsbereitschaft sinkt“, kommentiert EY-Start-up-Experte Florian Haas die Zahlen. Die Folge: Besonders hoch bewertete Scale-ups - also Gründungen mit steiler Wachstumskurse - würden von Hyperwachstum auf Überlebensmodus schalten. So stiegen Österreichs „Einhörner“ GoStudent und Bitpanda zuletzt auf die Kostenbremse und bauen Personal ab.
Insgesamt erhielten im Vorjahr 141 heimische Start-ups frisches Kapital aus Finanzierungsrunden. Ein nach wie vor hoher Wert, der nur 2020 mit 153 noch übertroffen wurde. Der Wert der Investitionen sank gegenüber dem Vorjahr allerdings um 18 Prozent. Grund war das Ausbleiben größerer Deals, immerhin entfielen 55 Prozent des gesamten Investitionskapitals auf die beiden Top-Finanzierungsrunden bei GoStudent und TTTech mit 300 bzw. 250 Millionen Euro.
Wien blieb der zentrale Start-up-Hub Österreichs. Mehr als die Hälfte aller Finanzierungsrunden (57 Prozent) fanden heuer in der Bundeshauptstadt statt, dahinter folgten Oberösterreich und die Steiermark. Auffällig: In Kärnten und im Burgenland gab es wie schon im Vorjahr keine einzige Finanzierungsrunde. Nach Branchen verglichen floss das meiste Geld in den Mobilitätssektor, allen voran zu TTTech mit 250 Mio. Euro der zweitgrößte Deal des Jahres. Ebenfalls im Blickfeld der Investoren waren die Sektoren Bildung, Software & Analytics und eCommerce.
2023: Konsolidierung
Haas rechnet für heuer mit einer größeren Marktkonsolidierung. Nur Start-ups mit funktionierenden Geschäftsfmodellen, zahlenden Kunden und einem fähigen Management hätten Chancen bei Investoren. „Für Start-ups ist es umso wichtiger nachzuweisen, dass ihr Geschäftsmodell einen Markt un zahlende Kunde hat“, so Haas.
Einmal mehr spricht er sich für staatlich gesteuerte Anreize wie die Schaffung eines eigenen Dachfonds oder Beteiligungsfreibetrages aus.Damit könnte die Lücke durch fehlende Venture-Capital-Fonds-Investitionen gefüllt und gleichzeitig in Zeiten hoher Inflation eine attraktive Asse-Klasse gestärkt werden".
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