Stärkere Klimaanlagen: Mehr kalte Luft für ÖBB-Züge
Weiße Gleise? Die fand man überwiegend in den als besonders heiß geltenden Regionen Südeuropas - etwa Italien. Heuer haben die ÖBB wegen der Hitze im Sommer auch hierzulande Gleise weiß streichen müssen, damit diese nicht bersten. "Ich habe so etwas noch nie gesehen", sagte ÖBB-Chef Andreas Matthä am Rande des Forum Alpbach gegenüber der APA zur Zahl der heuer verworfenen Gleise.
So viele Schienen wie heuer seien noch nie betroffen gewesen. Das Streichen führt zu einer Temperaturreduktion der Gleise zwischen sechs und acht Grad erläuterte Matthä. "Das macht man normal in Süditalien. Das hat mich geschockt."
Matthä kündigte verschiedene Maßnahmen an, mit der die ÖBB auf die Klimakrise und somit höhere Temperaturen reagieren: So stellen die Bundesbahnen ihre Wägen von der "Klimaklasse Mitteleuropa" auf die "Klimaklasse Südeuropa" um. Damit werden die Klimaanlagen bei Neuanschaffungen stärker. Pendlerzüge und Loks werden nachgerüstet.
Beispiele für stärkere Klimaanlagen in Regionalzügen sind etwa Cityjets und Talent 3-Züge. Auch Railjets haben bereits stärker dimensionierte Klimaanlagen. Die Kosten für Nachrüstungen liegen laut Matthä im einstelligen Millionenbereich.
Erhöht werden soll künftig auch die sogenannte Verspannungstemperatur der Gleise. Die liegt in Mitteleuropa zwischen 18 und 19 Grad - bei dieser Temperatur ist keine Kraft im Gleis, es zieht sich also weder zusammen, noch dehnt es sich aus. "Dieser mittlere Wert verschiebt sich nach oben, wir brauchen eine neue Verspannungstemperatur", erläuterte Matthä.
Wegen des Klimawandels fordert Matthä auch eine Mobilitätswende. "Wir sparen aktuell 3,5 Millionen Tonnen CO2 ein. Um die selbe Menge CO2 zu binden, bräuchte man einen Wald so groß wie Vorarlberg. Im Verkehr müssen in Summe sieben Millionen Tonnen eingespart werden laut der Klimaziele." Daher will der oberste Eisenbahner Takte im Güter- und Personenverkehr ausbauen.
Ab 2021 Brennerkapazität von 450.000 Lkw
Am Brenner, der höchstbelasteten Alpenquerung, auf dem mit 47 Millionen Tonnen mehr Transit läuft als auf allen schweizerischen und französischen Alpenübergängen zusammen, "stehen die ÖBB zum Land Tirol", sagte Matthä. Im Rahmen des kürzlich verkündeten Zehn-Punkte-Programms, das in und mit Berlin ausgemacht worden war, werden die Bundesbahnen laut Matthä die Kapazitäten erhöhen.
Es handle sich um 25 neue Züge zwischen Wörgl und Brenner, die Vorbereitung koste rund sechs Millionen Euro. Dazu kämen ab 2020 auch Verbindungen zwischen Wörgl und Trento in Italien am südlichen Ende des Brenner-Korridors. "Im Jahr 2021 wollen wir eine Kapazität von 450.000 Lkw zur Verfügung stellen." Wenn der BBT in Betrieb gehe, steige die Kapazität weiter. "Wir plädieren ganz heftig, dass am Beginn des Nordzulaufes ein Terminal in Autobahnnähe gebaut wird, um in Bayern umzuladen."
Derzeit wird erwartet, dass der Pilotphasen-Betrieb ab Ende 2028 starten könne. "Einige kurze Jahre" könne der Tunnel ohne Zulaufstrecke funktionieren, so Matthä. Er sieht es positiv, dass Deutschland den Nordzulauf jetzt vorantreiben wolle. Ein größerer Teil der Strecke dürfte dann unterirdisch verlaufen, erwartet der oberste Eisenbahner wegen kritischer Bürgerinitiativen.
Zur Causa um die angebliche Abberufung der beiden Brennerbasistunnel-Vorstände Konrad Bergmeister und Raffaele Zurlo wollte sich Matthä vor einer Aufsichtsratssitzung der BBT AG im September nicht äußern.
Der 57-jährige Matthä, der 1982 als Techniker bei den ÖBB begann, will auch gern nach dem Auslaufen seines laufenden Vertrags im Jahr 2021 weiter ÖBB-Chef bleiben. In seinen Adern fließe Eisenbahnerblut.
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