Sprung in fremde Gewässer: Das sind die Besitzer großer Seen
Mit dem Start in die Ferien beginnt die Hochsaison an den Seen. Mehr als 2.100 "stehende Gewässer" mit je einer Fläche von mehr als einem Hektar gibt es in Österreich – doch wem gehören sie eigentlich?
Gut drei von vier Seen (konkret 73 Prozent) sind im Besitz der Österreichischen Bundesforste (ÖBF), gehören also letztlich der Republik Österreich. Die Liste dieser Seen liest sich wie ein Best-of der Urlaubsdestinationen – vom Atter- und Altausseersee über den Fuschlsee bis zum Millstätter- und Wörthersee.
Haus am See
Dass ein See in Privatbesitz ist, ist eher die Ausnahme. Historisch betrachtet gab es um die Plätze rund ums Wasser lange kein Griss. Im Gegenteil. Es handelte sich um so genannte "saure Wiesen", die aus landwirtschaftlicher Sicht alles andere als eine reiche Ernte versprachen. Damit waren diese Gründe lange zum (aus heutiger Sicht) Spottpreis zu haben. Das änderte sich mit dem aufstrebenden Tourismus, der die Preise der Seegrundstücke in die Höhe getrieben hat.
In Familienbesitz sind unter anderem der Mondsee, der Keutschacher See oder der Faaker See. Letzterer gehört den Familien Bucher Catasta, die damit auch Besitzer der acht Hektar große Faaker-See-Insel sind – samt 4-Stern-Hotelbetrieb mit denkmalgeschützten Badehaus und Tennisplatz. "Es handelt sich um das einzige Inselhotel Österreichs", ist See-Mitbesitzer Georg Bucher sichtlich stolz. Die Gäste reisen vor allem aus dem deutschsprachigen Raum an. Oft werde die Insel aber auch von Unternehmen für Kunden- oder Mitarbeiterveranstaltungen gebucht, sowie von Hochzeitsgesellschaften.
Bier kommt per Boot
Ganz einfach sei der Betrieb nicht, schließlich müsse alles erst per Boot auf die Insel gebracht werden. Von der Bierflasche bis zur Schlafzimmerausstattung kommt alles mit dem Passagier- oder Lastenboot. Das treibe die Fixkosten des Hotelbetriebs in die Höhe. "Vom See und dessen Bewirtschaftung kann in unseren Familien niemand leben, wir haben alle einen Beruf", betont Bucher. Die Einnahmen seien "überschaubar und werden reinvestiert – wir entnehmen keinen Euro. Es gab sogar Jahre, in denen wir zuzahlen mussten", sagt er.
An einen Verkauf hätten die Familien, die den See seit mehr als 100 Jahren besitzen, noch nie gedacht. "Wir verwalten den See für die nächste Generation."
Die Folgen des Klimawandels würden sich längst auch im See widerspiegeln. Etwa in Form von Geröll, das nach Unwettern binnen Minuten tonnenweise in den See gespült wird. "Früher haben wir die Zuflüsse vielleicht alle fünf Jahre ausbaggern müssen, mittlerweile machen wir das mindestens einmal im Jahr." Zudem beobachtet er, dass es immer mehr Tage mit Seetemperaturen jenseits der 25-Grad-Marke gibt. Das gefällt nicht allen Fischen. "Reinanken werden von Wildkarpfen verdrängt", beobachtet der Seenbesitzer.
Was in den vergangenen Jahren sichtlich zugenommen hat, ist das Stand-up-Paddle-Aufkommen auf dem Wasser. Für die Besitzer des Faaker Sees auch eine neue Einnahmequelle, denn wer sein SUP ins Wasser stellt, muss dafür bezahlen. Einen Euro am Tag. Kontrolliert wird stichprobenweise, die Verfehlungen würden sich in Grenzen halten, sagt Bucher.
Ein See, viele Eigentümer
Seenbesitzer verpachten und vermieten auch Seefläche, etwa für Bojen, Bootshäuser oder Stege. Laut den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) variieren die Preise von See zu See. "So kostet eine Boje am Attersee derzeit 459 Euro netto pro Jahr, ein Quadratmeter Steg am Traunsee 16,9 Euro pro Jahr", erläutert Andrea Kaltenegger, Sprecherin der ÖBf. Zehn Quadratmeter Steg kosten damit 169 Euro im Jahr.
Am Attersee gibt es aktuell übrigens rund 1.500 Bojen, am Traunsee sind es um die 450. Detail am Rande: Die Höchstzahl der Bojen wird in einer eigenen oberösterreichischen Bojenverordnung geregelt.
24 große Seen
Landesweit gibt es 62 Seen, die größer als 50 Hektar sind, nur 24 Seen sind größer als 100 Hektar.
Herr der Seen
Mit ihren elf Seen halten die Österreichischen Bundesforste mehr als 70 Prozent der Gesamtseefläche.
Privatbesitz
Laut den Aufzeichnungen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft sind elf Prozent der heimischen Seen in Privatbesitz, 16 Prozent der Seen gehören Ländern und Gemeinden – wie der Klopeiner See oder der Wallersee.
Ein See, mehrere Besitzer
Viele Seen haben mehrere Eigentümer. Der österreichische Anteil des Bodensees ist etwa im Besitz der Stadt Bregenz bzw. der Seegemeinden, der Neusiedler See ist teilweise in Besitz der Seen-Gemeinden, teilweise in Besitz der Familie Esterhazy.
Wer am See welche Rechte hat
Bei der Frage, was an einem See erlaubt ist, gilt wie so oft – es ist kompliziert.
Das Wasserrechtsgesetz unterscheidet zwischen öffentlichen und privaten Gewässern. Gemeint sind dabei nicht die Eigentumsverhältnisse, sondern wie ein See unentgeltlich genutzt werden darf. Die sogenannte Gemeingebrauchsregelung muss man im historischen Kontext sehen.
"Ursprünglich ging es bei dieser darum, dass Bauern das Recht haben, Wasser aus dem See zu beziehen und ihre Tiere dort zu tränken", sagt Andrea Kaltenegger, Sprecherin der Bundesforste (ÖBf). Zu den öffentlichen Gewässern zählen insbesondere die Seen der Bundesforste – wie der Atter- oder Wörthersee. "Bei diesen umfasst die Nutzung im Rahmen des ’großen Gemeingebrauchs’ unter anderem das Tränken, Schöpfen, Waschen, Baden und Tauchen sowie die Nutzung der Eisdecke", sagt Kaltenegger. Ausnahmen davon können in Naturschutzgebieten oder Hafenanlagen gelten. Für Privatgewässer würde der "kleine Gemeingebrauch" gelten, der sich auf Tränken und Schöpfen beschränke. Kaltenegger: "Die ÖBf erlauben darüber hinaus das Schwimmen in ihren Privatgewässern, zu denen etwa der Hallstätter See, Altausseersee oder Erlaufsee zählen."
Am Badewannenrand
Den ÖBf gehört an den Seen meist nur der Seeboden sowie der sogenannte "Badewannenrand", also der Bereich zwischen Ufer und Wasser. Das Wasser ist öffentlich und unterliegt damit der Verfügungsgewalt der Wasserrechtsbehörden. Die Nutzung der Wasseroberfläche, etwa für die Schifffahrt oder Motorboote, unterliegt gesonderten rechtlichen Bestimmungen – dem Schifffahrts-, Wasserrechts oder Naturschutzgesetz.
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