Spar-Chef Fritz Poppmeier: "Muss sich auszahlen, arbeiten zu gehen"
Die Salzburger Spar-Gruppe ist mit mehr als 50.000 Beschäftigten in Österreich laut eigenen Angaben der größte private Arbeitgeber des Landes und zählt jeden Tag mehr als eine Million Kunden. Vorstandsvorsitzender Fritz Poppmeier über chilenische Äpfel trotz Regionalitätstrend, Inflationssorgen und warum er trotz offener Geschäfte im Lockdown kein Rekordjahr hatte.
KURIER: In Österreich gibt es rund 600 Gemeinden, die keinen Nahversorger mehr haben. Gleichzeitig eröffnet gefühlt neben jedem Spar ein Billa und vice versa. Macht das wirklich Sinn?
Fritz Poppmeier: Ja, das kann passieren, weil man als Händler dorthin geht, wo die Menschen sind.
An verlassenen Orten eröffnen jetzt verstärkt Selbstbedienungsboxen. Ist das aus Ihrer Sicht eine Modeerscheinung oder ein nachhaltiger Trend?
Ich glaube nicht an diese Container-Läden. In jedem Spar Express an der Tankstelle ist das Angebot besser als in diesen Containern, die noch dazu schwer zu bewirtschaften sind. Für Frischeprodukte fehlt ihnen die Drehung. Die ÖsterreicherIn ist aber ein gutes Angebot gewöhnt, zu Recht.
In Österreich gibt es gemessen an der Einwohnerzahl so viele Supermärkte wie in keinem anderen europäischen Land. Das kostet Geld und treibt laut Kritikern die Regalpreise in die Höhe ...
Bei der Erreichbarkeit der Märkte ist Österreich unschlagbar, dass wir teurer sind als andere Länder, stimmt einfach nicht. Wir sind mit dem preisaggressivsten Markt Europas, mit Deutschland, auf Augenhöhe. Das kann man an den durchschnittlichen Haushaltsausgaben für Lebensmittel ablesen. Der Unterschied ist nur, dass der Preiskampf hierzulande über Aktionen ausgetragen wird, was sich in den AK-Preisvergleichen so nie widerspiegelt.
Eines der Top-Themen zur Zeit ist die Inflation. Wird Brot im Speziellen und Essen im Allgemeinen teurer?
Brot ist schon um ein paar Prozentpunkte teurer geworden. Wir stemmen uns generell so gut es geht gegen Preiserhöhungen, die unter anderem internationale Großkonzerne durchdrücken wollen. Ich bin überzeugt, dass sich viele Parameter, wie hohe Verpackungskosten, wieder legen, es also schon im 2. Quartal zu einer Entspannung an der Preisfront kommen könnte.
Relativ unentspannt waren in Lockdown-Zeiten unter anderem die Sportartikelhändler, die Interspar-Märkten beim Verkauf von Nonfood-Artikeln zuschauen mussten, während sie selbst geschlossen blieben. Verständnis?
Das seh’ ich pragmatisch. Unser Auftrag seitens der Bundesregierung war es, eine stabile Versorgung anzubieten. Das haben wir getan. Wir waren mitunter die einzigen im Land, bei denen man einen Zwirn und eine Nadel kaufen konnte, wenn man nicht online bestellen wollte.
Klingt nach einem sicheren Geschäft ...
Wir haben kein Rekordergebnis erzielt. Das liegt schon allein an den hohen Kosten. Wir haben ja die Versorgung der Bevölkerung mit Masken übernommen. Das hat uns einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet. Und von den Einbußen in unseren Shoppingcentern und bei Hervis will ich jetzt gar nicht erst reden.
Touristiker jammern derzeit, dass ihre Mitarbeiter reihenweise in den Handel abwandern. Haben Sie noch Probleme, Personal zu finden?
Natürlich haben wir nach zwei unsicheren Wintersaisonen mehr Bewerber aus dem Tourismus. Aber viele warten noch ab.
Was warten sie ab?
Ob es sich für sie auszahlt, arbeiten zu gehen. Gerade im unteren Einkommensdrittel zahlt es sich für viele kaum aus, arbeiten zu gehen. Hier ist die Politik gefragt, Anreize zu schaffen. Ich bin dafür, dass wir ein gutes und menschenfreundliches Sozialsystem haben, aber es muss sich auszahlen, zu arbeiten. Es braucht klare Linien.
Apropos klare Linien. Sie propagieren immer Regionalität. Wie passt das mit Äpfeln aus Chile zusammen?
90 Prozent unseres Frischesortiments kommt aus Österreich, in vielen Fällen aus der Region der unmittelbaren Umgebung des jeweiligen Spar-Markts. Das ist einzigartig im europäischen Einzelhandel. Aber wir leben im 21. Jahrhundert, der moderne Kunde will Vielfalt. Dazu zählt auch ein „Pink Lady“-Apfel, also eine Sorte, die in Österreich gar nicht angebaut werden darf. Oder Camembert aus Frankreich. Wenn wir das alles auch im Regal haben, schätzen das KundInnen sehr.
Spar beschäftigt allein in den Supermärkten 48.000 Mitarbeiter. Wie viele fallen derzeit Omikron-bedingt aus?
Nur ein 1-stelliger Prozentsatz, für unsere Abläufe ist das kein Problem. Wir haben mehr Grundnahrungsmittel auf Lager genommen, haben mobile Eingreifgruppen, die Einspringen, wenn es zu vermehrten Ausfällen in einem Lager oder einer Filiale kommt. Die Versorgung ist gesichert.
Spiegelt sich das im Toilettenpapier-Index wider? Sind die Kunden nervös?
Überhaupt nicht. Es ist alles ruhig im Moment, keine Hamsterkäufe zu bemerken.
Nervös sind dagegen Touristiker nach den jüngsten Bildern vom Apres Ski in Kitzbühel. Ein Ärgernis auch für Spar in den Skigebieten?
Das ist ein großer Schaden für den Wirtschaftsstandort Österreich. Handel und Hotellerie halten sich sehr konsequent an die Regeln, die Seitenblicke-Gastronomie offenbar nicht. Hier müsste es viel mehr Kontrollen geben.
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