Wifo-Chef zu teuren Urlauben: "Super Sache"
Zugegeben, gute Stimmung verbreiten, gehört zum Geschäft. Gerade in der Reiseindustrie, so auch bei der Eröffnung der Tourismustage am Dienstag in Wien.
„Die Reiselust ist da, das Reisebudget auch“, sagt Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler mit Blick auf die kommende Sommersaison. Die Wintersaison ist gut gelaufen, 2023 könnte Österreich wieder so viele Gästenächtigungen wie vor der Pandemie zählen. „Bei den Umsätzen schaffen wir das Vorkrisenniveau auf jeden Fall“, schickt Kraus-Winkler voraus. Ist auch kein großes Kunststück.
Stichwort Inflation.
Gegenüber zum Vorjahr haben die Touristiker zwischen dem Boden- und Neusiedlersee ihre Preise schließlich um 14,5 Prozent nach oben geschraubt – im Durchschnitt. Bleibt die Frage, ob die Touristen bereit sind, die Preissteigerungen zu schlucken. Die neue Chefin der Österreich Werbung (ÖW), Astrid Steharnig-Staudinger, ist jedenfalls zuversichtlich. Laut einer ihrer neuen Umfragen wollen 60 Prozent der potenziellen Gäste heuer mehr oder zumindest gleich viel im Urlaub ausgeben als vorigen Sommer, frohlockt Steharnig-Staudinger. Klingt gut, ist aber relativ.
„Wer nicht mehr ausgeben will, wird realistischerweise daheim bleiben oder zumindest Abstriche beim Urlaubsplan machen müssen“, kommentiert Oliver Fritz, Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Also statt etwa zehn nur sieben Tage im Hotel bleiben. Statt am Wörthersee am unbekannten Stausee urlauben oder aus ökonomischen Gründen statt direkt am See eine Unterkunft ein paar Kilometer entfernt buchen. Denn zum gleichen Preis gibt heuer wohl gar nichts – Stichwort zweistellige Inflation.
Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer betont indes bei den Tourismustagen, dass es in Österreich für jedes Budget ein passendes Urlaubsangebot gibt. Von der Frühstückspension bis zum 5-Stern-Wellnesshotel.
Stimmt natürlich.
Mehr Luxus, weniger Budget-Angebote
Mit Blick in die Statistik lässt sich aber auch ein vor Jahren eingesetzter Strukturwandel nicht leugnen. In den vergangenen Jahren haben viele kleine Privatvermieter zugesperrt, während vor allem hochpreisige Hotels ihr Angebot weiter ausgebaut haben. Speziell im Städtetourismus. In Wien werden de facto nur Vier- und Fünfsternhotels eröffnet, die auf die Zielgruppe kaufkräftiger Auslandsgast zugeschnitten sind, die bis zum Ausbruch der Pandemie für ein Wachstumsjahr nach dem anderen gesorgt haben.
Das so genannte Upgrade des touristischen Angebotes war durchaus politisch gewollt. Bedeuten mehr Ausgaben doch mehr Wertschöpfung. „Wenn ausländische Gäste viel Geld fürs Skifahren in Tirol ausgeben, ist das volkswirtschaftlich eine super Sache“, formuliert es Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. „Der Tourismus ist einer der wichtigsten Nettoexportsektoren. Wenn die Preise steigen, ist das für den Export gut. Auch gesamtwirtschaftlich, weil wir auch für viele Importe immer mehr zahlen müssen.“ Makroökonomisch ist eine bessere Preisdurchsetzung im Tourismus also ein Gewinn, auch wenn das in der Inflationsstatistik anders gesehen wird.
"Top-Qualität zu vernünftigen Preis"?
Und wie immer ist alles relativ. Aus Sicht von Harald Mahrer liefert Österreich im internationalen Vergleich „Top-Qualität zu vernünftigen Preisen“. Die Nachfrage nach Urlaub in Österreich steige in vielen Herkunftsmärkten, die große Herausforderung sei es, die nötigen Mitarbeiter zu finden, um letztlich auch jene Service-Qualität liefern zu können, die der Gast erwartet. Derzeit meldet die Branche 30.000 offene Stellen. Mahrer: „Die Herausforderung dieses Sommers wird der Mitarbeitermangel sein.“
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