Manche Beschwerden wirken auch überraschend kreativ. Manche würden sich einen Sport daraus machen, vor Gericht einen Teil der Reisekosten zurückzuerstreiten, meint Lindinger. So klagte ein Ägypten-Urlauber, dass es in seinem All-Inclusive-Hotel nicht rund um die Uhr Essen gab – sondern nur 23 Stunden am Tag. „Null Prozent Rückerstattung“, urteilte der Richter.
Währenddessen klagte ein Teilnehmer einer Rundreise, weil er an einem Tag kein Frühstück im Hotel bekam, da die Gruppe das Hotel wegen des straffen Sightseeing-Plans vor dem Frühstück verlassen musste. Zwei Jahre dauerte das Verfahren, dann bekam der Urlauber in zweiter Instanz zwei Prozent des Tagespreises rückerstattet. Konkret 4,96 Euro.
Ab wann die Urlaubsfreude getrübt ist, hängt zentral mit dem Urlaubsmotiv zusammen, erläutert Lindinger. „Bei einer Kreuzfahrt zum Nordkap wird der Ausfall des Landgangs in Turku nicht wesentlich sein, es sei denn, ich habe im Vorfeld klar gemacht, dass ich deswegen buche.“ So gesehen kann es Bares wert sein, die eigenen Reisemotive bei der Buchung herauszustreichen.
Manche fahren aber offensichtlich mit überzogenen Erwartungen in den Urlaub, so Lindinger. So buchte ein junges Paar 2020 eine Reise in die russische Hafenstadt Murmansk, inklusive Schlittenfahrt mit Rentier und Hunden sowie der Möglichkeit zum Eisfischen. „Das Paar hat sich diese Reise ins touristische Entwicklungsland offenbar als Activity-Urlaub mit stundenlangen Schlittenfahrten vorgestellt“, sagt Lindinger. Tatsächlich dauerte eine Schlittenfahrt eine Stunde und das Fischen fiel witterungsbedingt ins Wasser. Essen gab es in einer Bar, in der die Musik so laut war wie die russische Gesellschaft am Tisch nebenan. Beides keine Überraschung und angesichts des Preises und der Gegebenheiten vor Ort erwartbar, fand das Gericht.
Die Anwälte waren zuletzt vor allem mit der Pandemie und damit verbundenen Rücktritts- und Stornogründen beschäftigt. Zentral ist laut Lindinger immer die Frage, ob es sich um eine Pauschalreise handelt. „Deren Veranstalter haben mehr Fürsorgepflichten als ein Hotelier, der ja nicht für die Anreise verantwortlich ist. Verpasst man den auf eigene Faust gebuchten Flug, kann der Hotelier unter Umständen trotzdem auf Bezahlung des Zimmers pochen, weil er ja leistungsbereit ist.“
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