Der KURIER-Bericht über die Schadenersatzklage gegen den früheren Jahresabschlussprüfer der mittlerweile insolventen Signa Holding hat viel Staub aufgewirbelt. Der renommierte Insolvenzexperte Raoul Wagner, der vom Konkursgericht als besonderer Verwalter bestellt wurde, hat eine 37 Seiten dicke Klage gegen den Wirtschaftsprüfer BDO eingebracht. Der BDO wurde die Klage am 27. Juni 2024 offiziell zugestellt.
In dem Schriftsatz wirft Wagner dem Abschlussprüfer BDO vor, die Bilanzen 2021 und 2022 der Signa Holding nicht ordnungsgemäß geprüft zu haben. So hätte er seine Warnpflicht („Redepflicht“) nicht ausgeübt, sondern den fragwürdigen Bilanzen jeweils einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk ausgestellt.
Hätte die BDO korrekt gehandelt, behauptet Wagner, hätte die Geschäftsführung der Signa Holding GmbH offenbar zum 31. Dezember 2021, spätestens aber zum Zeitpunkt der Abschlussprüfung Ende April 2022 Insolvenz anmelden müssen.
Einlagenrückgewähr
Laut Wagners Berechnungen war die Signa Holding zum Jahresende 2021 mit 384 Millionen Euro und zum Jahresende 2022 mit 972 Millionen Euro überschuldet. Laut Sonderverwalter soll es bei der Gesellschafterin Signa Holding zu einer „verbotenen Einlagenrückgewähr“ gekommen sein, die die BDO nicht als solche beanstandet hat.
Laut Gesetz hätte die Signa Holding nur Anspruch auf Ausschüttung des Bilanzgewinns von Tochterunternehmen gehabt. Alle anderen Ausschüttungen sind verboten. Demnach soll die Signa Holding aber von Tochterunternehmen im Jahr 2021 Gelder (Kredite, Darlehen) in Höhe von 410 Millionen Euro und im Jahr 2022 rund 1,029 Milliarden Euro erhalten haben. Dabei dürfte es sich um die besagte verbotene Einlagenrückgewähr an die Gesellschafterin handeln.
Laut Sonderverwalter seien diese Schulden der Signa Holding bei ihren Töchtern „sofort fällig gewesen, durften weder gestundet noch aufgerechnet werden“. Laut Klage haftet die BDO für den Schaden aus der Differenz des Vermögens zwischen dem Zeitpunkt des Prüfberichts der Bilanz 2021 vom 27. April 2022 und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 30. November 2023.
Mögliche Konsequenzen
Mit welchen Konsequenzen muss die BDO bei einer möglichen Verurteilung rechnen?
„Der Abschlussprüfer ist zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung verpflichtet. Verletzt er vorsätzlich oder fahrlässig diese Pflicht, so ist er der Gesellschaft und, wenn ein verbundenes Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet“, heißt es im Unternehmensgesetzbuch (UGB). Obwohl die Signa Holding per Ende 2022 eine Bilanzsumme in Höhe von 6,1 Milliarden Euro ausweist, gilt sie wegen der geringen Umsätze und den wenigen Mitarbeitern nach dem UGB nicht als große Gesellschaft. Demnach droht der BDO laut Gesetz nur eine Schadenersatzpflicht in Höhe von zwei Millionen Euro. Selbst wenn die Signa Holding einen Milliarden-Umsatz gemacht hätte, wäre die mögliche Schadenersatzpflicht der Abschlussprüfer laut Gesetz mit maximal 12 Millionen Euro beschränkt.
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