Dem erhofften Wirtschaftsaufschwung nach der Corona-Pandemie kam in Europa der Ukraine-Krieg in die Quere. So sehr, dass die EU nun ihre selbst gesteckten, hohen Ziele für den Schuldenabbau im Euroraum um ein weiteres Jahr nach hinten schieben muss.
Erst ab Anfang 2024 sollen die sogenannten Maastricht-Kriterien wieder greifen: Die Schuldenquote eines Eurolandes dürfte demnach nicht mehr als 60 Prozent betragen, die Neuverschuldung nicht mehr als drei Prozent der Wirtschaftsleistung überschreiten. Staaten, die sich nicht daran halten, haben deswegen vorerst auch kein Defizitverfahren zu befürchten.
Dieses ehrgeizige Schuldenobergrenze-Ziel ist für die meisten EU-Staaten derzeit ohnehin illusorisch. „Wir sind weit von der wirtschaftlichen Normalität entfernt“, sagte gestern EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. Grund dafür sei nicht nur der Krieg in der Ukraine, sondern auch die hohen Energiepreise und die Engpässe bei den globalen Lieferketten.
Weg vom Höchststand
In Griechenland liegt die Schuldenquote bei fast 200, in Italien bei 150 Prozent. Auch Österreich hat nach dem jüngsten Länderreport der EU-Kommission noch ein Stück des Weges vor sich: „Von ihrem Höchststand von 83,3 Prozent im Jahr 2020 wird sie 2023 auf 77,5 Prozent sinken, dank eines robusten Wachstums und einer moderaten Neuverschuldung“, hält die Behörde im Bericht über Österreich fest.
Doch auch wenn die EU nun die Einhaltung der Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes nun neuerlich verschiebt, sind sich die meisten Euro-Länder einig: Die Regeln müssen reformiert werden – denn etwa das 60-Prozent-Ziel ist von der Mehrheit der Staaten von Anfang an nie eingehalten worden. Gegen Sommer will die EU-Kommission deswegen konkrete Reformpläne vorlegen.
Massiver CO2-Anstieg
Lob erhält Österreich indes von der EU-Kommission für seine „führende Rolle beim Ausbau erneuerbarer Energiequellen“: 81 Prozent der Elektrizität kommen aus erneuerbaren Energieträgern. Um das Ziel von 100 Prozent bis 2030 zu erreichen, „bedarf es aber noch signifikanter Investitionen“, rät die Kommission. Kritisiert wird dagegen Österreichs hohe Abhängigkeit von russischem Gas.
Und auch beim Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, hinke Österreich hinterher. Das größte Problem sieht die Kommission beim Verkehr: Hier sind die CO2-Emissionen zwischen 1990 und 2020 um 50 Prozent gestiegen.
„Die Verringerung der verkehrsbedingten Emissionen wird besonders entscheidend für den Übergang zur Kohlenstoffneutralität“, betont die EU-Kommission. Ihrer Ansicht nach braucht es „weitere Mobilitätslösungen und Alternativen zur Autonutzung“ wie etwa den Ausbau des öffentlichen Verkehrs insbesondere in abgelegenen, ländlichen Gebieten.
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