Russland mit höchstem Wachstum seit Ukraine-Invasion im Februar 2022

Besucher vor einem Helikopter-Motor auf der Messe "HeliRussia" 2023 in Moskau
wiiw-Ausblick: Erst 2025 dürfte sich Wirtschaft abkühlen, Sanktionen gegen russiche Handelspartner wirken, Moskau versucht Banken im Land zu halten

Die hohen Staatsausgaben für den Krieg gegen die Ukraine halten das Wirtschaftswachstum in Russland auf sehr hohem Niveau - vor allem die Industrie boomt. Die Militär- und Rüstungsausgaben dürften sich in den nächsten Jahren bei rund sechs Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung Russlands einpendeln.

Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) hat seine Prognose für die russische Wirtschaft im laufenden Jahr daher nochmals um 0,6 Prozentpunkte auf nunmehr 3,8 Prozent angehoben. (2023: 3,6 Prozent). Das bedeutet das höchste Wachstum seit der Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022. 

Zum Vergleich: In Deutschland und Österreich schrumpft die Wirtschaft heuer das zweite Jahr in Folge. Die Ausgaben für die Landesverteidigung sollen hierzulande bis 2027 auf 1,5 Prozent des BIP steigen.

Gleichzeitig ist das russische Budgetdefizit gering. Heuer soll es laut wiiw 1,5 Prozent des BIP betragen und dürfte 2025 aufgrund von Erhöhungen der Einkommens- und Unternehmenssteuern auf ein Prozent sinken. "Putin wird auf absehbare Zeit also genug Mittel zur Verfügung haben, um den Krieg gegen die Ukraine weiter zu finanzieren", sagt Vasily Astrov, Russland-Experte des wiiw.

Zum Vergleich: Österreich verfehlt heuer und in den kommenden Jahren das EU-Defizitlimit von drei Prozent. 

Erschwerend wirken aber die sogenannten Sekundärsanktionen. Das sind Sanktionen der USA und Europas gegen Drittstaaten wie China oder die Türkei, die mit Russland Handel betreiben und laut Astrov besser wirken als die eigentlichen Primärsanktionen. 

In erster Linie geht es dabei um Banken in China, der Türkei oder in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die das Import-Export-Geschäft mit Russland abwickeln und Moskau auf diesem Weg bei der Umgehung der Sanktionen geholfen haben. Diese Sekundärsanktionen haben etwa schon zu großen Verzögerungen und Preissteigerungen der russischen Importe aus China geführt und sind mitverantwortlich für die Inflation in Russland von heuer mehr als 8 Prozent.

Die russische Zentralbank hat darauf mit einer massiven Straffung der Geldpolitik reagiert, der Leitzins liegt aktuell bei 19 Prozent. Diese Vollbremsung der Notenbank dürfte die russische Wirtschaft laut wiiw im kommenden Jahr auf eine Wachstumsrate von 2,5 Prozent abkühlen (Eurozone 2025: 1,3 Prozent). 

Der Rückzug westlicher Firmen aus Russland kommt in der Zwischenzeit langsam zum Erliegen. Moskau hat soeben auch die Bedingungen für einen potenziellen Verkauf von ausländischem Besitz verschärft. Als Resultat könnten ausländische Verkäufer nur noch fünf Prozent des Marktwertes des Unternehmens erhalten.

"Freiwillige Einzahlungen"

Der verpflichtende Preisabschlag bei einem Verkauf von Unternehmen mit Besitzern in "unfreundlichen Staaten" - dazu zählt auch Österreich - wurde von zuletzt 50 auf 60 Prozent erhöht. Um die nötigen Bewilligungen zum Verkauf zu erhalten, müssen zusätzlich "freiwillige Einzahlungen" in den russischen Staatshaushalt im Ausmaß von zumindest 35 Prozent des Marktwerts geleistet werden (vorher 15 Prozent). 

Diese Regeln betreffen auch die Raiffeisenbank International (RBI) und die UniCredit, italienischer Mutterkonzern der Bank Austria. Beide Banken gelten in Russland als systemrelevant.

Astrov sagt: "Die Unternehmen, die Russland verlassen wollten, haben das schon getan. Die Unternehmen, die bleiben wollten, werden jetzt bleiben. Das ist auch das Ziel der russischen Regierung. Moskau wird alles unternehmen, damit die Banken in Russland bleiben."

Kommentare