Zielpunkt liegt in Scherben
Der Bankrott der Lebensmittel-Kette Zielpunkt, die zur Trauner Pfeiffer-Gruppe gehört, hat nicht nur die fast 3000 Mitarbeiter kalt erwischt. Vor zwei Tagen hat die Schweizer Verrechnungsgemeinschaft Markant die rund 500 Zielpunkt-Lieferanten darüber informiert, dass Markant und der Waren-Kreditversicherer Euler-Hermes keine Bürgschaften mehr für die Belieferung von Zielpunkt übernehmen. "Seit Donnerstag wird Zielpunkt nur noch gegen Barzahlung beliefert", sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform zum KURIER.
Zwar lagen die Zielpunkt-Zahlen im September noch mit 2,5 Millionen Euro über Plan, doch in den vergangenen sechs Wochen kam es zu einer rapiden Umsatz-Talfahrt. Die konnte offenbar nicht mehr gestoppt werden.
"Der Oktober und der November waren in der gesamten Branche sehr, sehr schwach. Die Zielpunkt-Geschäftsführung hat uns gesagt, es gibt keine Fortbestandsprognose mehr", erklärt Georg Pfeiffer, Eigentümer der gleichnamigen Handelsgruppe. "Wahrscheinlich war der Rucksack, den wir mit Zielpunkt übernommen haben, von vornherein zu schwer." Nachsatz: "Im Nachhinein ist man immer gescheiter. Das ist die bittere Erkenntnis."
Laut Brancheninsidern wurde die angeschlagene Kette letztendlich von den Rabattschlachten der großen Mitbewerber Spar und Rewe regelrecht aufgerieben. Um die Pfeiffer-Gruppe (Unimarkt), die mit reichlich Eigenkapital ausgestattet ist, mittelfristig nicht zu gefährden, wäre es unverantwortlich gewesen, so Pfeiffer, weiter Geld bei Zielpunkt zu verbrennen. Unterm Strich kostete das Zielpunkt-Engagement das Trauner Familien- unternehmen etwa 50 Millionen Euro.
Gehälter nicht bezahlt
Vier Wochen vor Weihnachten vor dem beruflichen Aus zu stehen, ist für die fast 3000 betroffenen Angestellten eine Katastrophe. Sie erhielten weder ihre November-Gehälter noch das Weihnachtsgeld. Für die offenen Forderungen der Mitarbeiter muss jetzt der Insolvenzentgeltfonds (IEF) einspringen. "Wir werden alles daran setzen, das schnell abzuwickeln", sagt IEF-Chef Wolfgang Pfabigan. "Ob sich das noch vor Weihnachten ausgeht, kann ich nicht sagen." Zuerst muss das Konkursverfahren eröffnet werden. Dann muss der Insolvenzverband der Arbeitnehmer (ISA) die Zahlungsansprüche der Zielpunkt-Mitarbeiter beim Fonds anmelden. Der IEF muss diese prüfen. Das könnte im schlimmsten Fall ein paar Wochen dauern.
20 Millionen Euro
Creditreform-Experte Weinhofer rechnet damit, dass der Fonds im ersten Schwung um die 20 Millionen Euro auszahlen wird. Indes sicherten die Banken zu, dass sie den Zielpunkt-Mitarbeitern in der Zwischenzeit keine Überziehungszinsen verrechnen werden. Auch die Zielpunkt-Kunden, die über Gutscheine verfügen, kommen zum Handkuss. Laut VKI-Expertin Ulrike Wolf darf das Unternehmen diese nicht mehr annehmen. Die Kunden können den Gutschein-Betrag im Konkursverfahren als Forderung anmelden. Jede Anmeldung kostet aber 22 Euro Gerichtsgebühr. In vielen Fällen wird sich die Anmeldung nicht rechnen.
Die Hoffnung, dass andere Lebensmittelhändler viele Zielpunkt-Standorte samt den Mitarbeitern übernehmen, dürfte sich nicht erfüllen. Für Rewe (Billa, Merkur, Penny) und Spar wird es schon aus wettbewerbsrechtlichen Gründen schwierig. Entsprechend zurückhaltend fallen die ersten Stellungnahmen aus. "Wir werden Filial-Übernahmen prüfen, wenn wir zu Gesprächen eingeladen werden", sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Billa übernahm bereits in den vergangenen Jahren einige Zielpunkt-Standorte und interessiert sich daher höchstens für einzelne Top-Standorte. Rivale Lidl ist in Wien noch wenig vertreten und will ausbauen: "Ja, in Wien gibt es noch Potenzial für uns, wir sind hier grundsätzlich auf der Suche nach neuen Standorten", sagt Lidl-Sprecher Hansjörg Peterleitner. Auch Hofer zeigt sich vage interessiert. Pfeiffer selbst will einige Filialen zu Unimärkten machen.
Kleine Händler
Hannes Lindner, Standortberater bei Standort + Markt, ist skeptisch, dass die Konkurrenz bei Zielpunkt einziehen wird. Sie hätten ohnehin ein dichtes Netz in Wien und seien wettbewerbsrechtlich eingeschränkt. Lindner zeigt sich aber zuversichtlich, dass sich besonders für die Wiener Filialen rasch Nachnutzer finden. "Die Bevölkerung wächst, da gibt es auch Bedarf an Verkaufsflächen". Interesse ortet er bei kleineren Händlern, etwa Bio- und Drogeriemärkten, türkischen Supermärkten, Aktionshäuser oder Zoofachgeschäften. Generell sind in Österreich die Verkaufsflächen im Einzelhandel rückläufig.
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