"Kollege Roboter" soll Personalnot in der Reinigung wegwischen

"Kollege Roboter" soll Personalnot in der Reinigung wegwischen
Wiener Reinigungsdienstleister Reiwag beteiligte sich an führenden Roboterhersteller in Singapur. Firmenchef Viktor Wagner hat Großes vor.

Er heißt Franzi und bittet ganz höflich, ihm Platz zu machen: „Bitte weichen Sie mir aus, ich möchte arbeiten“, sagt der diensteifrige neue Mitarbeiter der Wiener Reinigungsfirma Reiwag und beginnt mit dem automatischen Bodenaufwischen. Franzi ist ein mit künstlicher Intelligenz ausgestatteter Reinigungsroboter und soll mit seinen blechernen Freunden nichts weniger als das Personalproblem in der Reinigungsbranche lösen. Dort fehlen Tausende Fach- und Hilfskräfte, die Fluktuation ist hoch, es kommen kaum Junge nach.

Ohne Automatisierung werde es in Zukunft nicht funktionieren, ist Reiwag-Chef Viktor Wagner überzeugt. Der Unternehmer nahm die Sache gleich selbst in die Hand. Um nicht nur Kunde zu sein, sondern an der Entwicklung selbst aktiv mitzuwirken, beteiligte sich Wagner mit seiner Firma gleich selbst an einer führenden Entwicklerfirma in Singapur und sitzt höchstpersönlich im Führungsgremium.

"Kollege Roboter" soll Personalnot in der Reinigung wegwischen

Reiwag-Geschäftsführer Viktor Wagner

Europa-Expansion

Wagner hat Großes vor. Gerade wurde die zweite Finanzierungsrunde bei Lionsbot abgeschlossen und 200 Geräte an das Bildungsministerium in Singapur verleast. Gefertigt werden die Reinigungsroboter, die es in unterschiedlichen Größen und Modellen gibt, derzeit in Singapur. Die Europa-Zentrale soll bald im niederländischen Weiden entstehen, auch in Wien ist eine Niederlassung geplant. „Die Entwicklung hat gerade erst begonnen. In einigen Jahren werden die Roboter wie selbstverständlich zur Reinigung dazugehören“, sagt Wagner zum KURIER.

Große ebene Flächen

Wertvolle Dienste leistet Franzi bzw. Franziska überall dort, wo es große ebene Flächen zum Reinigen gibt: Shoppingcenter, Warenhäuser, Flughäfen oder Logistikparks. Reiwag setzt die Roboter derzeit etwa in der Millenniumcity in Wien ein. „Wir denken daran, sie auch in der Nacht zu nutzen“, sagt Wagner. Eine europaweite Handelskette wie Spar könnte gleich Tausende dieser Putzroboter ordern, hofft der Reiwag-Chef auf glänzende Geschäfte. Ein Gerät kostet zwischen 40.000 und 60.000 Euro und könne notfalls auch händisch wie eine Reinigungsmaschine betrieben werden. Der Wasserverbrauch sei mit 10 Liter in 10 Stunden sehr gering. Mitbewerber gebe es in dem gewerblichen Spezialsegment nur zwei – einen aus China und einen aus Kanada.

Die Wischroboter könnten freilich das Reinigungspersonal nicht ersetzen, ihnen aber die Arbeit erleichtern und den Beruf so auch für Jüngere, die „Kollege Roboter“ mit dem Smartphone steuern können, wieder attraktiver machen.

Das wäre wichtig, denn die Reinigungsbranche hat ein veritables Nachwuchsproblem. Obwohl der Mindestgehalt nicht zu den niedrigsten zählt, sind Lehrlinge kaum zu finden. „Bis 2030 werden 170.000 Menschen in Pension gehen und ich zweifle daran, dass wir die alle nachbesetzen können“, sagt Wagner. Innovation allein wird da nicht ausreichen. Wagner will daher auch ältere Mitarbeiter länger beschäftigen und fordert von der Regierung eine rasche Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. „Das Thema sollte in der Regierung außer Streit gestellt werden.“

"Kollege Roboter" soll Personalnot in der Reinigung wegwischen

Reinigungsroboter REX von LionsBot

Gute Auftragslage

Die Reiwag-Gruppe beschäftigt 3.000 Mitarbeiter, 1.800 davon in Österreich. Im 1903 gegründeten Familienunternehmen arbeiten aktuell Menschen aus 39 Ländern. Im Vorjahr wurde ein Umsatz von 84 Mio. Euro erwirtschaftet. Außerhalb von Österreich ist Reiwag noch in Tschechien, Kroatien, Slowakei, Rumänien, Serbien und Nordmazedonien tätig. Die Auftragslage sei nach der coronabedingten Sonderkonjunktur – Stichwort Desinfektion – gut, sagt Wagner.

So konnten kürzlich Großaufträge in Tschechien und der Slowakei gewonnen werden. In Bratislava zählt seit Juni das Einkaufscenter Avion und mehrere Ikea-Filialen zu den Neukunden, was dort für einen Umsatzsprung sorgen wird. Strategisch soll in der Reiwag-Gruppe der Bereich Kälte- und Klimatechnik weiter ausgebaut werden, sofern sich dafür Fachkräfte finden. Auch eine Übernahme in diesem Bereich schließt Wagner nicht aus.

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