Putins Rubelkrieg drängt Europa in die Defensive
Wladimir Putin war schon oft für eine Überraschung gut. Dieses Mal ist sie ihm gelungen.
Seine Ankündigung, für künftige Gas-Lieferungen nur noch Rubel als Bezahlung zu akzeptieren, hat in Europas Hauptstädten für maximale Verwirrung, Ratlosigkeit und hitzige Debatten gesorgt.
Putin: Zahlungen für Erdgaslieferungen nur noch in russichen Rubel
Und bevor noch klar ist, was Putin eigentlich wirklich bezweckt, legt der Rubel-Kurs wieder kräftig zu – ein erster sichtbarer Erfolg für den Chef im Kreml.
Klar ist aber auch, mit diesem Schritt kann der Wirtschaftskrieg mit Moskau nur völlig eskalieren. Weitere scharfe Sanktionen gegen Moskau sind absehbar. Das stand schon vor Beginn des EU- und Nato-Gipfels vom Donnerstag fest.
Experten und Politiker wie der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) orten zunächst einen glatten Vertragsbruch der Russen und wollen weiter wie bisher in Dollar oder Euro zahlen. Das hat auch die heimische OMV angekündigt, um bisherige Abmachungen nicht einseitig zu brechen. Sehr teure Rechtsstreitigkeiten und massive Verwerfungen der langjährigen Lieferbeziehungen könnten dennoch die Folge sein.
Andere Stimmen drängen jetzt erst recht drauf, so schnell wie möglich ein Gas-Embargo gegen Moskau umzusetzen, um Russland nach einem Monat Krieg in der Ukraine endlch wirtschaftlich in die Knie zu zwingen. Die Hoffnung, Putin mit Sanktionen in den Bankrott zu treiben und damit zum Rückzug aus der Ukraine zu zwingen, war jedoch von Beginn der Invasion an eine sehr vage.
Die Frage bleibt, was steckt eigentlich wirklich hinter Putins Plan? Die Antwort fällt notgedrungen spekulativ aus. Will er damit "nur" die eigene Währung stützen, weil der Westen Rubel kaufen müsste, um damit seine Gasrechnungen beim Exporteur Gazprom zu begleichen?
Oder will Putin den Westen indirekt auch zwingen, seine eigenen Sanktionen zu umgehen, weil ausreichende Rubel-Mengen nur bei der streng sanktionierten russischen Zentralbank zu bekommen wären?
Oder will Putin in Wahrheit nichts anderes als einen Keil zwischen die westlichen Verbündeten treiben?
Dafür spricht: Die USA drängen die EU (vielleicht auch aus Eigeninteresse?) zu einem Öl- und Gas-Boykott. EU-Länder wie Deutschland und Österreich, die hochgradig abhängig von den Energie-Importen aus Russland sind, stehen ebenso massiv auf der Bremse
Österreichs Kanzler Karl Nehammer sagt, kurzfristig gebe es keine Alternative zum russischen Gas, das bleibe „die unbequeme Wahrheit“. Österreich bezieht 80 Prozent seines Gases für Haushalte und Industrie aus Russland (Deutschland: 50 %). Nehammer hat Forderungen nach einem Gas-Boykott bisher stets als „realitätsfremd und falsch“ zurückgewiesen.
Klar ist: Auf jeden Fall steigt in der EU der Druck, schneller als ohnehin geplant auf den Import von russischem Gas zu verzichten – oder zumindest teilweise. Das zeigt zum Beispiel die Debatte über die Verlängerung der Laufzeiten für Kohle- und Atomkraftwerke.
„Frieren für die Ukraine“: Diese Losung haben auch Klimaschützer ausgegeben. Was sie nicht dazu sagen ist, es würde ohne russisches Gas wirklich kalt werden.
Schon jetzt ist der Gaspreis aufgrund des Krieges explodiert, wie an der Rekordinflation Monat für Monat abzulesen ist. Ein nächster Winter 2022/2023 ohne russisches Gas wäre für viele heimische Haushalte und Betriebe wirtschaftlich nicht zu stemmen - eine schwere Wirtschaftskrise die wohl unausweichliche Folge.
Wird ein Embargo aber dennoch umgesetzt, könnte Putins Poker für ihn auch zu einem Bumerang werden. Daher wird das Lager der Embargo-Befürworter ja auch täglich größer. Denn Moskaus Staatskassa ist zu einem großen Teil von den Öl- und Gasexporten in den Westen abhängig. Das kommt so: Verkauft Gazprom seinen Rohstoff in den Westen, muss der Konzern eine Fördersteuer und Exportzoll abliefern und zahlt am Jahresende obendrein Gewinnsteuer und Dividende an den russischen Staat.
Kommentare