Prost: Wem gehört das Bier in Österreich?
Von Vitus Ortner
"Bier ist eine wahrhaft göttliche Medizin". So wird schon der berühmteste Arzt des 16. Jahrhunderts, Paracelsus, zitiert. Die Österreicher haben sich seine Weisheit zu Herzen genommen. Fast 110 Liter des goldenen Getränks werden hierzulande jedes Jahr pro Kopf konsumiert. Noch mehr trinkt man nur in Tschechien.
Um diesen Durst zu stillen, gibt es eine entsprechend große Brauereiwirtschaft, in der viele Kleine gegen einen Riesen kämpfen. Und wem gehören die ganzen Brauereien eigentlich?
Es gibt viele kleine Brauereien
Der überwältigende Anteil der österreichischen Brauereien ist klein. Von den insgesamt 346 Braustätten haben 315 ein Ausstoß von je unter 20.000 Hektoliter. Damit machen sie kollektiv gerade einmal 1,3 Prozent des Gesamtausstoßes aus. Dazu gehören etwa viele Gasthausbrauereien.
Die größten Brauereien mit jeweils über 500.000 Hektoliter Produktion kontrollieren dafür stolze 74,6 Prozent des Marktes. Insgesamt werden pro Jahr gut 10,2 Millionen Hektoliter Bier gebraut, wovon 8,8 Millionen hierzulande verbleiben.
Ein Konzern dominiert den Markt
Dabei gibt es einen absoluten Platzhirsch am österreichischen Biermarkt: die Brau Union Österreich AG. Sie wurde 1998 aus der Fusion der Österreichische Brau AG und der Steirerbrau gegründet. Mehr als fünf Millionen Hektoliter jährlichen Ausstoß hat das Unternehmen. Zu ihm gehören einige der größten Biermarken des Landes wie etwa Gösser, Zipfer, Schwechater, Puntigamer oder Wieselburger.
Seit 2003 ist die Brau Union Teil von Heineken. Das niederländische Unternehmen ist der zweitgrößte Brauereikonzern der Welt. In Tschechien gehört etwa Starobrno dazu, in Italien Birra Moretti und Ichnusa. In Deutschland hält Heineken ein Drittel der Paulaner Brauereigruppe. Die Konzernzugehörigkeit erklärt auch, warum die Brau Union in Österreich die internationalen Marken Desperados, Sol und Heineken selbst vertreibt.
Die Marken der Brau Union
Zipfer
Die Brau Union ist zu 100 Prozent im Eigentum des Mutterkonzerns Heineken. Dieser selbst ist jedoch komplizierter organisiert. 50,5 Prozent der Aktien gehören der Heineken Holding, diese wiederum zu 54,1 Prozent der L’Arche Green N.V.. Das ist die Beteiligungsgesellschaft der beiden Eigentümerfamilien Heineken und Hoyer.
Hinter Heineken stehen zwei Familien
Gerard Adriaan Heineken gründete den Konzern 1864 in Amsterdam, als er eine Brauerei übernahm, in der bereits seit 1592 Bier gebraut worden war. Seine Nachkommen sind bis heute die größten Eigentümer mit 88,64 Prozent an L’Arche Green. Die übrigen 11,14 Prozent sind das Ergebnis eines sehr geschickten Investments von Hubertus Hoyer. Er hat sich 1873 mit 30.000 Gulden an der Brauerei beteiligt. Seine Nachfahren sind damit heute Milliardäre.
➤ Mehr zu Heineken: "Beschämend und unethisch": Welche Unternehmen weiter Geschäfte mit Russland machen
Der Rest von sowohl Heineken als auch Heineken Holding sind in Streubesitz, wobei Februar dieses Jahres ein prominenter Investor eingestiegen ist: Microsoft-Gründer Bill Gates hat 3,76 Prozent des niederländischen Riesen erworben.
Es gibt auch noch heimische Brauereien
Die Brau Union dominiert den österreichischen Biermarkt, doch es gibt auch noch andere Player. Der größte davon ist die Salzburger Stiegl Privatbrauerei, mit einem Ausstoß von etwa einer Million Hektoliter Bier jährlich. Die 1492 gegründete Brauerei ist seit mehr als 120 Jahren im Besitz der Familie Kiener. Aktueller Geschäftsführer ist Heinrich Dieter Kiener (III.).
Die Wiener Ottakringer Brauerei ist ebenfalls in Familienbesitz. Der Hersteller des 16er-Blechs gehört zu 88 Prozent der Ottakringer Holding, die im Besitz der Familien Wenckheim, Menz, Trauttenberg und Pfusterschmid ist. Sechs Prozent hält die Ottakringer AG selbst und die übrigen sechs Prozent befinden sich in Streubesitz. Bis 2009 gab es jedoch noch einen weiteren Eigentümer. Bevor die Holding den 13,43-prozentigen Anteil übernahm, gehörte er – wem auch sonst – Heineken.
➤ Mehr dazu hier: Ottakringer-Chef Markus Raunig: Vom Waschmittel zum Biergeschäft
Die Privatbrauerei Egger in St. Pölten kommt eigentlich aus dem Tiroler Kufstein. Dort wurde sie 1675 erstmals als Hans Gwerchers „Pierpreu“ erwähnt. Seit dem 19. Jahrhundert ist sie aber im Besitz der namensgebenden Familie Egger, unter deren Leitung sie 1978 nach Niederösterreich umzog.
Die Salzburger Brauerei gehört seit 120 Jahren der Familie Kiener.
Im 16. Wiener Bezirk teilen sich die Familien Wenckheim, Menz, Trauttenberger und Pfusterschmid die Brauerei.
Ursprünglich ein Tiroler Unternehmen gehört die Niederösterreichische Firma der Familie Egger.
Murauer ist seit 1910 ein genossenschaftlich geführtes Unternehmen.
Seit 1775 sind die Eigentümer die Familie Sigl - Josef C. Sigl führt Trumer in achter Generation.
Zwettler
Eigentümer Karl Schwarz führt das Unternehmen in fünfter Generation.
Die Vorarlberger Brauerei Frastanz ist eine Genossenschaft.
Martin Lechner stellt bereits die 16. Generation in dem familiengeführten Unternehmen dar.
Die Familie Trojan ist seit mehr als 180 Jahren für die Brauerei verantwortlich.
Auswahl österreichischer Privatbrauereien
Um auf ihre Unabhängigkeit hinzuweisen, haben die Privatbrauereien 2021 einen Verein gegründet. Er heißt passenderweise „Unabhängige Privatbrauereien Österreichs“ und umfasst inzwischen 45 Mitglieder, die laut eigenen Angaben zusammen 34 Prozent des Markes ausmachen. Demnach kontrolliert die Brau Union 63 Prozent des Marktes und weitere österreichische Brauereien die übrigen 3 Prozent.
Durch Mitgliedschaft im Verein erhält eine Brauerei Zugang zum Siegel der Privatbrauereien, das nun seit einiger Zeit auf Etiketten, Dosen und Kronkorken zu sehen ist. Wie ein Konzern agiere der Verein aber nicht. „Es heißt nicht, dass wir uns am Markt umarmen und kuscheln. Vielfalt heißt Wettbewerb“, sagte Schremser-Chef Karl Trojan gegenüber der APA.
Kommentare