Privatkonkurse: Über-60-Jährige haben die meisten Schulden

Privatkonkurse: Über-60-Jährige haben die meisten Schulden
Eine Analyse des KSV1870 zeigt, dass 62 Prozent der Pleiten Männer betreffen. Außerdem taumeln viele Ex-Unternehmer mit horrenden Schulden ins Aus.

Eigentlich haben Experten damit gerechnet, dass die Zahl der Privatinsolvenzen in der Corona-Pandemie steigen wird, weil die Menschen mitunter durch Kurzarbeit weniger Geld zur Verfügung haben, um ihre Schulden fürs Haus, Wohnung oder das Auto begleichen zu können.

Doch im vierten Quartal 2021 wurde erstmals seit Pandemie-Beginn das Vor-Krisen-Niveau bei den Privatpleiten erreicht. Im Gesamtjahr 2021 gibt es mit 7.227 Fällen einen Rückgang zu 2020 von einem Prozent. „Die Corona-Pandemie ist kein Treiber bei den Privatinsolvenzen. Wir gehen aber davon aus, dass wir 2022 ein Vor-Krisenniveau erreichen werden“, sagt Karl-Heinz Götze, Leiter der Insolvenzabteilung des KSV1870. „Das ist aber weniger Corona geschuldet, weil wir sehen, dass sich die Schulden bei Privatinsolvenzen kontinuierlich über die Jahre aufbauen.“

Privatkonkurse: Über-60-Jährige haben die meisten Schulden

Übersicht über die Privatinsolvenzen

Der typische Schuldner saß im Vorjahr auf einem Schuldenberg von 121.000 Euro, 62 Prozent der Pleiten entfielen auf Männer.

Nur vier Prozent der Privatpleitiers sind Unter-25-Jährige, sie haben im Schnitt aber bereits 41.000 Euro Verbindlichkeiten. „Ich finde die vier Prozent immer noch sehr hoch“, sagt Götze. „Wenn jemand so jung in die Insolvenz schlittert, ist es sehr schwierig, sich da wieder rauszuziehen.“

Privatkonkurse: Über-60-Jährige haben die meisten Schulden

Karl-Heinz Götze, Leiter der KSV1870-Insolvenzabteilung

Die stärkste Altersgruppe (49 Prozent) unter den Schuldnern bilden die 41- bis 60-Jährigen, die höchsten Schulden, im Schnitt 296.000 Euro, haben aber die Über-60-Jährigen.

„Die Leute warten zu lange zu, um sich durch eine Insolvenz zu entschulden und bei den Über-60-Jährigen wird es richtig bitter, das ist eine fürchterliche Perspektive“, sagt der KSV1870-Experte. Die Schulden wachsen oft weit über den Wert des verpfändeten Hauses oder der Wohnung hinaus.

Verdreifachung

Laut einer Berechnung der Schuldnerberatung verdreifacht sich eine nicht bediente Schuld in Höhe von 60.000 Euro innerhalb von acht Jahren durch Zinsen, sowie Bankspesen und Gebühren auf 180.000 Euro. Besonders hoch fallen die Schulden bei ehemaligen Selbstständigen aus, die aufgrund von Haftungen und Bürgschaften in finanzielle Nöte taumeln.

Im Schnitt hat ein Ex-Unternehmer 264.000 Euro Verbindlichkeiten. Das heißt: Ein früherer Selbstständiger hat vier Mal so hohe Schulden wie eine Privatperson, in Kärnten haben Ex-Unternehmer fast fünf Mal und in Vorarlberg sieben Mal so hohe Schulden. „Das liegt auch daran, dass es im Westen Österreichs zuletzt Privatkonkurse von ehemaligen Selbstständigen gab, die jeweils mehrere Millionen Euro an Schulden vorzuweisen hatten“, erklärt Victoria Schuchlenz vom KSV1870 in Feldkirch. Ähnliches dürfte für Kärnten und die Steiermark gelten. In der grünen Markt haben Private mit 213.000 Euro die höchsten Schulden im Österreich-Schnitt.

Corona-Einfluss

Die Auswirkungen der Corona-Krise wird man erst zeitverzögert sehen. „Corona hat keinen kurzfristigen Einfluss auf die Privatinsolvenzen. Die Leute sparen in unsicheren Zeiten mehr und sie wechseln nicht so oft den Job“, sagt Götze. „Wir gehen schon davon aus, dass die Privatinsolvenzen steigen werden, aber wir können nicht sagen, in welchem Ausmaß, weil zu viele Faktoren hineinspielen.“

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