Privatisierungen: Tops und Flops

OMV-Raffinerien könnten zum Teil an Gazprom gehen.
Der Beteiligungstausch mit Gazprom ist nicht die erste Geheim-Aktion im Verstaatlichten-Reich.

Das vom Management unter Verschluss gehaltene Tauschgeschäft mit Unternehmensteilen zwischen dem russischen Energieriesen Gazprom und der heimischen OMV sorgt weiter für politischen Wirbel. SPÖ-Industriesprecher Rainer Wimmer sieht durch die Gazprom-Beteiligung – etwa an den Raffinerien in Schwechat und im bayerischen Burghausen – die Versorgungssicherheit in Österreich gefährdet. "Systemrelevante Infrastruktur darf nicht ins Ausland verkauft werden", forderte Wimmer von Finanzminister Hans Jörg Schelling: "Die Vorgänge um die Telekom dürfen sich bei der OMV nicht wiederholen."

Kontrollverlust

Die Privatisierung der Telekom Austria ist für Kritiker das Negativ-Beispiel für einen "schleichenden Ausverkauf" schlechthin. Bei der im Herbst 2000 über die Börse teilprivatisierte TA stieg 2012 der Telekomkonzern America Movil des mexikanischen Milliardärs Carlos Slim ein. Durch die Übernahme der Anteile des Investors Ronny Pecik – heute Vizepräsident des TA-Aufsichtsrats – erhöhten die Mexikaner den Anteil bis Mitte 2014 auf knapp 27 Prozent. Über einen Syndikatsvertrag sicherten sie sich die Mehrheit im Aufsichtsrat und im Vorstand. Seit der Kapitalerhöhung um eine Milliarde Euro 2014 hält die Amov 59,7 Prozent, die Staatsholding ÖBIB 28,2 Prozent. Die Mexikaner stellen inzwischen auch den Vorstandsvorsitzenden. Hinter den Kulissen gibt es Überlegungen, dass Amov die TA ganz übernimmt, das Finanzministerium dementiert.

Projekt Minerva

Eine Erfolgsgeschichte dagegen ist die Privatisierung der voestalpine. Der Stahl- und Technologiekonzern ist seit 2003 zu 100 Prozent privatisiert und zählt zu den bestverdienenden Stahlunternehmen weltweit.

Allerdings wäre der Konzern 2003 beinahe zerschlagen worden: In streng geheimen Verhandlungen bereiteten die ÖIAG und der Magna-Konzern – Codename des Projekts: "Minerva" – die Übernahme durch den Magna-Konzern vor. Der ehemalige Magna-Europa-Chef Siegfried Wolf saß damals im ÖIAG-Aufischtsrat. Magna wollte allerdings nur die automotiven Bereiche, die anderen Sparten wären weiterverkauft worden.

Ebenfalls von der Zerschlagung bedroht war der Edelstahlkonzern Böhler-Uddeholm. Nachdem die größte Aktionärsgruppe rund um den Badener Anwalt Rudolf Fries ihren Anteil von knapp 21 Prozent an den britischen Finanzinvestor CVC verkauft hatte, machte dieser ein Übernahmeangebot. Die voestalpine sprang als "weißer Ritter" ein und übernahm Böhler-Uddeholm um 3,5 Milliarden Euro.

Verkauf mit Draufgabe

Bis heute nicht verstummt ist die Kritik an der Totalprivatisierung der Austria Tabak. Der erste große Verkauf von Staatsanteilen durch die schwarz-blaue Koalition ging 2001 über die Bühne. Die ÖIAG erhielt für ihren 41-Prozent-Anteil von der britischen Gallaher-Gruppe – die später von Japan Tabacco inhaliert wurde – 770 Millionen Euro. Die Produktionen in Österreich wurden geschlossen, Ende 2011 machte das letzte Werk in Hainburg dicht.

Ebenfalls bis heute kritisiert wird der "Verkauf" der Austrian Airlines an die deutsche Lufthansa Ende 2008. Weil die AUA tief in die roten Zahlen flog, musste die Republik für die Abgabe ihres 41,6-Prozent-Anteils 500 Millionen Euro zuschießen.

Eine der gelungenen Privatisierungen der ÖIAG-Ära war der Börsegang der Post im Sommer 2006. Trotz heftiger Proteste der Belegschaft wurden Ende Mai 49 Prozent über die Börse verkauft. Der Börsegang brachte 650 Millionen Euro ein, seither zahlt die Post beachtliche Dividenden.

OMV, Telekom & Co. brachten im Vorjahr Dividenden in Höhe von 154 Mio. EuroViele „Assets“ gibt es nicht mehr im Portfolio des Staates. In der Österreichischen Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH (ÖBIB) sind neun Beteiligungen mit einem aktuellen Gesamtwert von 5,3 Mrd. Euro zusammengefasst. Die größten sind OMV (31,5 %), Telekom (28,4 %), Post (52,9 %) und Casinos Austria (33,2 %). Obwohl die Anzahl der Beteiligungen seit 2000 von 19 auf 9 gesunken ist, ist der Wert annährend gleichgeblieben.

Privatisierungsobjekte BIG, Bundesforste

Privatisierungen: Tops und Flops
Die Dividenden-Einnahmen beliefen sich im Vorjahr auf 154 Millionen Euro. Einen konkreten Privatisierungsauftrag der Regierung gibt es aktuell zwar nicht, im Regierungsprogramm sind „Privatisierungen auf relevante Beteiligungsgrößen (Sperrminorität)“ jedoch vorgesehen. Möglich, aber politisch umstritten, wäre ein Total-Rückzug aus der Telekom ebenso wie weitere Anteilsverkäufe bei der Post oder OMV. Als Privatisierungsobjekte gelten neben den ÖBIB-Beteiligungen auch immer wieder die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), die Bundesforste oder die Energieversorger. Bei Letzteren ist die Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand aber verfassungsrechtlich abgesichert. Zur ÖBIB gehört auch die Bankenbeteiligungsholding Fimbag. Sie hält Anteile an der Hypo-Bad-Bank HETA, ÖVAG-Bad-Bank Immigon und Kommunalkredit-Bad-Bad KA Finanz AG. Die Fimbag wird Ende Juni 2016 aufgelöst. Die Agenden wandern ins Finanzministerium.

Kommentare