Wie dramatisch ist die Situation?
"Die Lager der Großhändler sind voll mit Modulen aus asiatischer Produktion. Die Preise verfallen.Europäische Hersteller können damit nicht mithalten", sagt Dieter Adametz vom Kärntner Modulhersteller Energetica Industries. "Für unseren Vertrieb ist das eine herausfordernde Situation.Für das eine oder andere Unternehmen könnte es existenzbedrohend werden."
Der Preisabfall bei chinesischen Modulen sei dramatisch, für europäische Produzenten könnte das früher oder später das Ende bedeuten, sagt auch Dede Eroglu vom niederösterreichischen Modulhersteller Daxler Energie: "Wir versuchen mit einem blauen Auge davonzukommen." Chinesische Hersteller würden vor allem in Osteuropa auch sehr große Lagerräume bauen, und sie mit Modulen und anderen Komponenten befüllen.
Warum gibt es ein Überangebot?
Der Markt sei im vergangenen Jahr weltweit stark gewachsen. Die Firmen hätten viel produziert, vor allem chinesische Hersteller hätten ihre Produktionskapazitäten stark ausgebaut, sagt Hubert Fechner, Vorstand der Technologieplattform Photovoltaik Austria.Die Photovoltaikhändler hätten sich mit enormen Mengen eingedeckt, die Lager seien voll.
Zu dem Überangebot habe auch beigetragen, dass sich die Wachstumsraten der Branche aber inzwischen wieder verlangsamt haben. Auch weil die Energiekrise nicht mehr so vorrangig im Bewusstsein ist, meint Fechner. Zuletzt seien auch in Österreich Anfragen nach Solaranlagen zurückgegangen.
Chinesische Hersteller dominieren
Die Gefahr, dass chinesische Firmen europäische Hersteller - wie etwa auch bei der Elektromobilität - überrollen, sei groß, meint der Photovoltaik-Experte. Schon heute würden bestimmte Grundmaterialien für Solarmodule, etwa die Silizium-Wafer, zu 97 Prozent in China hergestellt, bei den Solarzellen sind es immer noch 84 Prozent. Die Modul-Produktion einzelner großer chinesischer Hersteller sei höher als die gesamte europäische Produktion.
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Bis zu 35 Prozent günstiger
Dabei sei es nicht lange her, dass Europa bei der Produktion von Solarmodulen führend war, sagt Fechner. China stieg erst nach 2010 in den Markt ein und habe die Massenproduktion von Solarmodulen hochgezogen. "Sind es nur die produzierten Mengen, oder auch schlechtere Arbeitsbedingungen, niedrigere Lohnkosten, geringere Umweltauflagen oder weniger Bürokratie, weswegen Solarmodule aus China um durchschnittlich bis zu 35 Prozent günstiger sind?", stellt Fechner in den Raum.
Auch viele europäische Hersteller hätten die Produktion nach China verlagert, weil es billiger gewesen sei, sagt Christian Ulrich von dem auf Gebäudeintegration spezialiserten österreichischen Solarmodulhersteller Ertex Solar. Damit sei auch viel Know-how in das Land abgewandert. Chinesische Hersteller hätten zunächst europäische Technologie kopiert, sie später aber auch stark verbessert.
Maßnahmen gefordert
Der europäische Solarverband fordert nun, dass die Lagerbestände europäischer Hersteller durch die EU-Kommission aufgekauft werden. Vorgeschlagen wird auch eine europaweite Initiative, die Anbieter und Käufer von Modulen zusammenbringt und Preisdifferenzen ausgleicht. Auch ein Importverbot von Solarmodulen, die mithilfe von Zwangsarbeit hergestellt wurden, ist Thema. Die USA haben ein solches Verbot bereits vor einem Jahr verabschiedet. Das hat dann letztlich dazu geführt, dass die Module auf dem europäischen Markt landeten.
Alle Maßnahmen, die dabei helfen, in Europa eine starke Solarindustrie zu etablieren und zu halten, seien sinnvoll. Fechner regt etwa auch an, Fördermodelle zu überlegen, bei denen Module, die nicht sozial- oder umweltverträglich produziert wurden, weniger zu fördern.
Ökologische Produktion
Europa soll und wird den Weg der ökologischen Produktion gehen. Erneuerbare Energie in Europa mit Komponenten und Modulen aus Europa zu produzieren, werde zwar nie restlos umgesetzt werden können, je mehr Unabhängigkeit erreicht werden könne, umso besser sei es.
Die EU habe die Bedeutung der Branche mittlerweile erkannt und Solarenergie als Schlüsseltechnologie definiert, sagt Fechner. Nicht zuletzt, weil die Energiewende ohne Solarenergie nicht gelingen könne. Langfristig sollen mehr als die Hälfte des Stroms in Europa aus Solarenergie gewonnen werden. Derzeit sind es europaweit rund 8 Prozent. Daran, dass Solarenergie stark ausgebaut werde, gebe es keinen Zweifel mehr, sagt Fechner: „Die Frage ist nur mehr, wie schnell."
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