Pleitewelle: Kann dem Insolvenz-Entgelt-Fonds das Geld ausgehen?
Ob bei KTM oder Kika/Leiner. Wenn Unternehmen in die Insolvenz schlittern, erhalten betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre ausstehenden Löhne und Gehälter vom Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF). Anders als die Gläubiger, die nur einen Teil ihrer Ansprüche erhalten, bekommen Arbeitnehmer die offenen Summen voll ersetzt.
204,3 Mio. Euro hat der von der IEF-Service GmbH verwaltete Fonds bis Ende September österreichweit heuer bereits ausbezahlt. Aber woher kommt das Geld und was passiert, wenn keine Mittel mehr vorhanden sein sollten? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Insolvenz-Entgelt-Fonds.
Wie viel Geld befindet sich im Insolvenz-Entgelt-Fonds?
Aktuell verfügt der Fonds über Mittel im Ausmaß von rund 400 Mio. Euro, heißt es aus der IEF-Service Gmbh auf Anfrage des KURIER.
Woher kommt das Geld?
Zum Einen aus den
- Beiträgen der Arbeitgeber, sie sind Bestandteil der Lohnnebenkosten. Die Höhe des Zuschlags wird vom Arbeitsministerium per Verordnung festgelegt. Seit 1.1. 2022 beträgt sie 0,1 Prozent der Sozialversicherungs-Beitragsgrundlage. Bei einem Beitragssatz von 0,1 Prozent und einem Bruttogehalt von 2.500 Euro führt der Arbeitgeber überschlagsmäßig gerechnet 2,5 Euro für den Insolvenz-Entgelt-Fonds ab.
- Dazu kommen Rückflüsse aus der Insolvenzmasse betroffener Unternehmen. Im Schnitt betragen sie laut IEF GmbH 15 Prozent der ausgezahlten Summen.
- Auch Zinseinnahmen aus veranlagten Geldern kommen dem Fonds zugute.
Was wird mit dem Geld abgegolten?
Das Insolvenz-Entgelt umfasst laufende Löhne und Gehälter ebenso wie Überstundenzahlungen sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Auch allfällige Kündigungsentschädigungen oder nicht konsumierte Urlaube werden abgegolten. Detaillierte Informationen, finden sich auf der Website der Arbeiterkammer (AK) .
Wie lange dauert es, bis Betroffene das Geld erhalten?
Der gesetztliche Rahmen, innerhalb dessen der IEF Löhne und Gehälter an betroffene Mitarbeiter auszahlen muss, beträgt 6 Monate ab Antragstellung. In der Regel geht es aber schneller. Im Fall der KTM-Insolvenz rechnet die Arbeiterkammer Oberösterreich damit, dass Ende Jänner die Löhne und Gehälter für November und das Weihnachtsgeld auf die Konten der betroffenen Mitarbeiter überwiesen werden, wie die Leiterin der Insolvenzabteilung, Karoline Neumüller, dem KURIER sagt. Derzeit holt die AK die Vollmachten der betroffenen Mitarbeiter für das Einbringen der Anträge ein. Danach werden die Unterlagen mit den von KTM vermittelten Lohndaten abgeglichen. Ende nächster Woche sollen die Anträge an den Fonds übermittelt werden.
Was passiert, wenn dem IEF das Geld ausgeht?
Dieser Fall könne nicht eintreten, heißt es aus der IEF-Service Gmbh. Denn eine Regelung im Insolvenz-Entgeltsicherungssetz sieht vor, dass das zuständige Arbeitsministerium den Zuschlag erhöhen muss, "wenn der voraussichtliche Leistungsaufwand des laufenden Jahres oder des Folgejahres unter Berücksichtigung allfälliger Reserven und Kreditmöglichkeiten ... nicht gedeckt ist", wie es im §12 (3) des Gesetzes heißt.
Wie viel Geld ist dem IEF in den vergangenen Jahren zugeflossen, wie viel wurde ausgegeben?
2023 beliefen sich die Einnahmen aus den Beiträgen der Arbeitgeber auf 136 Mio. Euro. Die Rückflüsse aus der Insolvenzmasse betrugen 30 Mio. Euro. Die Zinseinnahmen beliefen sich auf 12,1 Mio. Euro. Insgesamt nahm der Fonds im vergangenen Jahr also 178,1 Mio. Euro ein. Ausgegeben wurden 200,1 Mio. Euro. 25.315 Arbeitnehmer bekamen Geld aus dem Fonds. Auch 2022 waren die Ausgaben höher als die Einnahmen. In den Jahren davor überwogen die Einnahmen die Ausgaben allerdings bei weitem.
Seit 2007, als der Beitragssatz für Unternehmen zum Fonds noch 0,7 Prozent der allgemeinen Sozialversicherungs-Beitragsgrundlage betrug, wurde er vom zuständigen Arbeitsministerium sukzessive abgesenkt. Seit 2021 beträgt er 0,1 Prozent.
Was passiert mit Geldern, die nicht ausgegeben werden?
Mittel, die nicht verbraucht werden, werden entsprechend strenger Veranlagungsrichtlinien für eine maximale Laufzeit von 18 Monaten veranlagt. Dabei werde darauf geachtet, dass jederzeit ausreichende Mittel insbesondere für Großinsolvenzen zur Verfügung stehen, teilt die IEF Service GmbH mit.
Auffällig ist, dass der IEF 2023 mit seinen Veranlagungen einen Finanzerfolg von 12,1 Mio. Euro verzeichnete. In den beiden Jahren davor schrieb man aus den Veranlagungen jeweils Verluste von -180.000 Euro (2022) und -810.000 Euro (2021). 2019 und 2020 beilief sich der Finanzerfolg auf 650.000 Euro bzw. 680.000 Euro. Das starke Plus im vergangenen Jahr führt eine Sprecherin der IEF Service GmbH auf das veränderte Zinsumfeld zurück, wie es auf Anfrage des KURIER hieß.
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