Pestizide auf Blumensträußen und Zierpflanzen gefunden: 15 von 16 Proben belastet
Vor dem Muttertag hat Global 2000 bei insgesamt acht Händlern in Österreich 16 Proben von Schnittblumen und Zierpflanzen erworben, um sie auf Pestizide hin untersuchen lassen. "Sag's nicht durch die Blume" lautete danach das Resümee der Umweltschutz-NGO: Nur eine Probe war unbelastet, bei allen anderen 15 Blumensträußen oder getopften Zierpflanzen wie Lavendel oder Hortensien fanden sich hingegen 72 verschiedene Pestizide, 36 davon potenziell gesundheitsschädlich.
Potpourri von Giftstoffen
Aus rechtlicher Sicht ist ein derartiges Potpourri von Giftstoffen, das beim Einkauf im Lebensmittelhandel oder in Baumärkten ungewollt miterworben wird, in Österreich jedoch völlig in Ordnung, selbst wenn bei einem "Saisonstrauß" mit der etwas irreführenden Etikette "natürlich" 24 Pestizide nachgewiesen wurden, von denen neun besonders gesundheitsschädlich gelten und fünf sogar keine EU-Zulassung mehr haben.
➤ Mehr lesen: Rote Rosen, weiße Lilien: Die Symbolik der Blumen
Die Proben wurden dabei von einem unabhängigen Labor auf über 600 Pestizidwirkstoffe getestet. "Spitzenreiter war ein 'Biedermeier'-Blumenstrauß mit 39 Wirkstoffen", so Global 2000-Pestizidexpertin Waltraud Novak zu den Ergebnissen. "Die Hälfte aller gefundenen Pestizide kann gesundheitlich sehr bedenkliche Auswirkungen haben, diese Substanzen können unseren Hormonhaushalt stören und krebserregend oder fortpflanzungsschädigend sein."
Gemischte Sträuße wie ein Gerberastrauß, ein "Saisonstrauß", ein "Rosenbouquet" und ein "Biedermeierstrauß" wiesen sogar acht bis 17 solcher gesundheitlich problematischer Substanzen auf.
Nicht erlaubte Giftstoffe
Dass in diesem Potpourri von Giftstoffen auch solche vorkommen, die in der EU gar nicht erlaubt sind, hat laut der NGO mit den Strategien der europäischen Pestizid-Hersteller wie Bayer oder Syngenta zu tun, die solche Mittel an Nicht-Mitgliedstaaten und auf andere Kontinente verkaufen, was dort die Gesundheit von Mensch und Umwelt gefährde. Auf fünf Pflanzen (31 Prozent) wurden derartige Pestizide nachgewiesen, die zum Zeitpunkt der Probennahme keine EU-Zulassung hatten.
Als gesundheitlich besonders bedenkliche Substanzen nannte Global 2000 Carbendazim, ein Wirkstoff, der Genschäden verursachen kann und von dem bei einem weiteren Tests in diesem Jahr auch Rückstände auf Import-Mangos gefunden wurden, sowie Chlorpyrifos, Iprodion und Thiacloprid.
Blumen, die weit reisen
Die untersuchten Orchideen - ebenfalls beliebte Muttertagsgeschenke - waren zwar geringer belastet, aber wie auch die anderen Zier- und Schnittpflanzen stammen sie oft von weit her. "Schnittblumen kommen meist aus Ländern des Südens, wie Äthiopien, Kenia, Tansania oder Ecuador. Die Arbeitenden auf den dortigen Blumenfarmen - überwiegend Frauen - müssen mit diesen giftigen Substanzen hantieren, und das oft ohne geeignete Schutzausrüstung.
Einige können sogar genetische Defekte verursachen und das Kind im Mutterleib schädigen. Gerade zum Muttertag sollten wir auch an die Mütter in anderen Ländern denken" gab Novak zu bedenken. Und so kommen die nicht zugelassenen Pestizide dann wieder mit den zugekauften Pflanzen zurück - und das großteils unkontrolliert, lautet die Kritik.
Keine Herkunftsangabe bei 5 von 16 Proben
Wer Blumen kauft, wird jedoch nicht immer darüber informiert, woher diese kommen: Bei fünf der 16 untersuchten Proben gab es gar keine Herkunftsangabe, bei sieben war sie mit NL (Niederlande) beschriftet. Jedoch werde laut NGO ein großer Teil der in Europa verkauften Blumen über den großen Umschlaghafen Rotterdam oder die Blumenversteigerung in Aalsmeer in den Niederlanden abgewickelt, mit Pflanzen, die ursprünglich aus weiter entfernten Ländern wie Kenia, Äthiopien oder Ecuador stammen.
Unklar, ob Vorschriften missachtet wurden
In Deutschland regelt ein Pflanzenschutzgesetz zumindest, dass Pflanzen nur dann importiert werden dürfen, wenn sie frei von in der EU nicht-zugelassenen Pestiziden sind - Grenzwerte für Rückstände gibt es allerdings auch dort nicht. Die NGO fordert daher, dass Österreich nicht nur ein ähnliches Gesetz wie Deutschland umsetzt, sondern sich auch auf EU Ebene für solche Grenzwerte einsetzt.
Global 2000 wandte sich mit den Forderungen sowohl an das Sozial- wie auch an das Landwirtschaftsministerium. Während sich das Sozialministerium für "nicht zuständig" erklärt, hielt das Landwirtschaftsministerium grundsätzlich fest, "dass die rechtlichen Vorgaben europaweit geregelt sind und Angelegenheiten zu Pflanzenschutzmittelrückständen in die Zuständigkeiten des BMSGPK (Anm.: das Sozialministerium) fallen. Zu den von Ihnen angeführten Punkten kann leider fachlich keine Stellungnahme abgegeben werden, da weder konkrete Produkte, noch die verwendeten Methoden, oder die konkreten Rückstandsmengen angeführt wurden. Damit kann auch nicht beurteilt werden, ob gesetzliche Vorschriften hinsichtlich Rückstände verletzt wurden".
Angesichts der Testergebnisse empfiehlt die NGO-Expertin, die Blumen selbst zu pflücken oder solche aus biologischem Anbau zu erwerben, "denn bei 'Bio' dürfen keine chemisch-synthetischen Pestizide eingesetzt werden. Auch Pflanzen aus heimischem Anbau sind eher zu empfehlen als solche von weit her".
Kommentare