Österreichs Wirtschaft: Die Talfahrt ist noch nicht beendet
Österreichs Wirtschaft leidet unter dem Lockdown mitten in der Wintersaison ganz besonders. Das kommt von der großen Bedeutung des Tourismus und der Freizeitwirtschaft, sie machen in normalen Zeiten rund 15 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung aus. Diese nicht ganz neue Erkenntnis spiegelt sich in den neuesten Wirtschaftsdaten drastisch wider.
War laut Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO schon das 4. Quartal 2020 stark negativ, so setzte sich der Abwärtstrend zu Jahresbeginn noch einmal unerwartet deutlich fort.
Aber auch der internationale Vergleich anhand neuer Zahlen von Eurostat ist alles andere als erfreulich.
Sowohl gegenüber dem 3. Quartal, das zwischen den Lockdowns noch hervorragend lief, als auch gegenüber dem Vorjahr, schnitt Österreich im Schlussquartal 2020 in Europa am schlechtesten ab – noch vor Italien und Frankreich.
Schlusslicht Österreich
Die bestimmt noch länger geschlossenen Hotels und Restaurants, aber auch der bis kommenden Montag geschlossene Handel sowie die Dienstleister (wie z.B. Friseure) ziehen die Wirtschaft insgesamt stark nach unten.
In Österreich schrumpfte die Wirtschaft zum Jahresende 2020 um 4,3 Prozent im Vergleich zum 3. Quartal. Und im Vergleich zum 1. Quartal 2020, dem letzten Vierteljahr vor Corona, brach die Wirtschaft überhaupt um 7,8 Prozent ein.
Sogar im arg von Corona gebeutelten Italien schaut es besser aus. Rom meldet für das vierte Quartal „nur“ ein Minus von 2,0 Prozent zum Vorquartal und minus 6,6 Prozent zum ersten Quartal 2020.
Und auch der EU-Durchschnitt sieht klar besser aus als die heimischen Zahlen: Minus 0,5 zum 3. Quartal, ein Minus um 4,8 Prozent zum Vorjahr.
Aber dem nicht genug, reißen die schlechten Nachrichten auch im neuen Jahr nicht ab. Das WIFO erstellt nun wöchentlich für die Bundesregierung ein neues Konjunkturbarometer. Dieses zeigt, dass sich die Talfahrt ungebremst fortsetzt.
In der ersten Jänner-Woche betrug das Minus beim Bruttoinlandsprodukt elf Prozent gegenüber Anfang 2020. Und in der zweiten Jänner-Woche weitete sich der Rückgang auf minus 14 Prozent aus. Klar ist aber auch, würden Bau und Industrie nicht vergleichsweise gut laufen – sie sind vom Lockdown nur indirekt betroffen – wäre das Minus insgesamt viel größer.
Die Wirtschaftshoffnung ruht nun auf der Öffnung des Handels und der Dienstleistungen. Wenn alles gut geht, springt auch der private Konsum wieder an. Voraussetzung ist, dass sich das Infektionsgeschehen in Grenzen hält.
Risiko: Öffnungsschritte
Gehen die Infektionszahlen wieder stark nach oben und muss noch ein harter Lockdown verkündet werden, dann dürfte die ersehnte Wirtschaftserholung für 2021 endgültig abgesagt werden. Noch ist es aber nicht soweit.
Oppositionspolitiker wie SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter üben dennoch scharfe Kritik am türkis-grünen Kurs. „ÖVP und Grüne haben nichts mehr im Griff. Das eklatante Missmanagement der Corona-Krise führt dazu, dass Österreich die meisten Toten, die höchsten Infektionszahlen und katastrophalen Wirtschaftsdaten hat“, so Matznetter.
Arbeitsminister Martin Kocher, bisher Chef des Instituts für Höhere Studien IHS, sagte zum KURIER: „Angesichts der schlechteren Konjunkturprognose wird sich der Aufschwung natürlich leicht nach hinten verschieben. Der erhoffte Rückgang der Arbeitslosigkeit wird daher auch länger dauern.“
Auch Kocher weiß, dass mit einem neuerlichen Lockdown die Stimmung im Lande endgültig kippen könnte. Er sagt: „Die Öffnung in der kommenden Woche ist sehr gut für die Wirtschaft, aber natürlich auch ein Risiko. Wenn sich die Leute nicht an die Maßnahmen halten, kann man mit dem besten Lockdown nichts erreichen.“
Und klar ist für Kocher auch: „Es hängt weiter alles von den Infektionszahlen ab. Ein neuerlicher Lockdown zu Ostern wäre natürlich ein Rückschlag.“
Kurz vor Ostern, am 26. März, werden WIFO und IHS ihre neuen Prognosen für 2021 und 2022 präsentieren. Bis dahin heißt es zittern, dass die Öffnungsschritte nicht verfrüht waren.
In Kürze sollen auch die neuen Coronahilfen für indirekt vom Lockdown betroffene Betriebe startklar sein, sagte Finanzminister Gernot Blümel am Dienstag. Ob es bei den Steuerstundungen eine Verlängerung über Ende März hinaus geben wird, ließ er offen.
Blümel verweist angesichts der schwachen Wirtschaftsdaten auf die hohe Abhängigkeit vom Tourismus, auf den harten Lockdown in Österreich sowie auf die sich daraus ergebenden starken Schwankungen zwischen den Quartalen. So sei es im 3. Quratal 2020 viel besser gelauen als in Ländern wie Deutschland, den Niederlanden oder etwa Belgien.
Die am Dienstag publizierten Eurostat Daten beruhen laut Finanzministerium noch dazu auf einer Schnellschätzung und umfassen nur 11 von 27 Ländern; für die Eurozone werde der Wirtschaftseinbruch nur leicht niedriger geschätzt (-6,8 %).
Blümel: „Österreich hat im Winter früher und härter als andere Länder auf einen Lockdown gesetzt. Als Export- und Tourismusdestination spüren wir die Auswirkungen der Krise auch stärker als andere Länder. Trotzdem sind wir über das gesamte Jahr 2020 besser durch die Krise gekommen als andere Tourismusländer.“
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