Österreich Werbung: Mehr als 30 Kandidaten für eine Herkulesaufgabe
Mehr als 30 Bewerber gibt es für den Spitzenjob in der Österreich Werbung (ÖW). Mit so viel Interesse haben die wenigsten gerechnet, eilt der Position doch der Ruf voraus, sie werde politisch besetzt. Davon will Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler naturgemäß nichts wissen: „Nur über meine Leiche wird es einen politischen Einfluss geben“, sagt sie im KURIER-Gespräch am Rande des Hotelierskongresses der ÖHV (Österreichische Hoteliervereinigung) diese Woche in Salzburg. Ähnliches ist von Wirtschaftsminister Martin Kocher zu hören.
Derzeit soll jedenfalls eine Shortlist von acht Bewerbern für den Spitzenjob erstellt werden, die Hearings am 15. und 16. Februar über die Bühne gehen, die Entscheidung idealerweise noch in derselben Woche fallen. „Ideal wäre ein Fachmann bzw. eine Fachfrau, die das System Österreich Tourismus kennt und die nötigen Managementqualifikationen mitbringt“, sagt Susanne Kraus-Winkler. Laut Ausschreibung wäre es auch von Vorteil, wenn der Kandidat oder die Kandidatin „mehrjährige Führungserfahrung im Tourismus, an internationalen Standorten“, mitbringt.
In der Branche werden einige Namen kolportiert, die für den Job geeignet wären. Offiziell wollen die kolportierten Bewerber freilich nichts dazu sagen. Zu groß die Gefahr, dass man damit Gegner gegen sich aufbringt und auch schon wieder aus dem Rennen ist.
Einer der oft genannten Favoriten ist Michael Duscher. Der Betriebswirt hat 20 Jahre Erfahrung im Tourismus, ist seit 2020 Geschäftsführer der Niederösterreich Werbung, kennt die ÖW bestens. Mehrere Jahre war er in leitender Funktion für die ÖW in Paris, leitete später den Bereich Fernmärkte. Duscher hält sich bei den Spekulationen um seine Person im Hintergrund, will nicht einmal bestätigen, dass er Interesse am Job hat. So wie viele andere auch.
Ambitionen auf den Chefsessel hat auch Florian Größwang, der sich schon 2021 beworben hatte – als Noch-Chefin (bis Ende März) Lisa Weddig zum Zug kam. Auch er bringt Insider-Wissen mit, hat er doch drei Jahre ÖW-Erfahrung. Zunächst als Leiter des Partner Management, dann als Verantwortlicher für den Bereich Kooperationen (mit rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Wien und im weltweiten ÖW-Netzwerk).
Christian Kresse, vor zwei Jahren noch unter den Bewerbern, hat abgewunken. Der langjährige Chef des Kärnten Tourismus hat andere Pläne und sich mittlerweile in die Privatwirtschaft verabschiedet. Auch Langzeit-ÖW-Chefin Petra Stolba hat sich nicht mehr beworben. Sie ist mittlerweile Kabinettschefin von Othmar Karas (VP) im Europäischen Parlament. An den Gerüchten, dass ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer den Job haben wollte, ist laut Gratzer „absolut nichts dran“.
Währenddessen sollen sich die Tiroler Hoffnungen auf den Spitzenjob in Wien machen. Gerüchteweise haben sie eine Frau ins Rennen geschickt. Die Rede ist von der aktuellen Tirol-Werbung-Chefin, Karin Seiler oder jemandem aus dem Reich des Kristallkonzerns Swarovski. Während die einen bereits ein Ländermatch Niederösterreich/Tirol um den Spitzenposten heraufbeschwören, tippen andere auf einen Überraschungskandidaten.
„Es kann ja auch jemand sein, der Top-Tourismusjobs im Ausland hatte und jetzt zurück nach Österreich kommen will“, sagt ein Branchenkenner. Dass jemand ohne Kenntnis des föderal aufgestellten Österreich-Tourismus das Rennen macht, darf aber bezweifelt werden. Letztlich geht es in der zu besetzenden Position auch darum, alle Bundesländer auf eine Schiene zu bekommen, bzw. miteinander abzustimmen. Eine Herkulesaufgabe. Haben doch alle Landestourismusorganisationen ihre eigenen Agenden bzw. Interessen ihrer Landeshauptleute zu vertreten.
Herkulesaufgabe
Bleibt die Frage, was der neue Spitzenmanager der ÖW überhaupt leisten soll. „Unter anderem die Digitalisierung und Nachhaltigkeit vorantreiben“, sagt Susanne Kraus-Winkler. Etwa durch eine intelligente Besucherstromlenkung. „Wir können nicht sagen, wir wollen künftig statt 150 nur noch 100 Millionen Gästenächtigungen im Jahr und haben dann damit einen Qualitätstourismus. Wenn wir Pech haben, kommen alle 100 Millionen zur selben Zeit und schaffen so gut wie keine Wertschöpfung“, spitzt es Kraus-Winkler zu. Es gehe um ein Ganzjahresangebot inklusive Ganzjahresjobs und eine Entzerrung der Besucherströme an jenen Orten, an denen es nötig ist.
Anders formuliert: Es geht um viel mehr als um Werbung auf den Auslandsmärkten. Die Aufgabengebiete der Österreich Werbung müssen weiterentwickelt werden. Insidern zufolge wird bereits debattiert, ob die Organisation künftig überhaupt noch „Österreich Werbung“ heißen soll.
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