Senkung der Lohnnebenkosten? ÖGB-Chef Katzian: "Geht mir am Hammer"
"Das Schlimmste dürfte vorbei sein", sagte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) am Dienstagabend in der ZiB 2: Wifo und IHS prognostizieren für 2024 einen leichten Aufschwung; die Inflation soll sich im Laufe des Jahres halbieren, aber höher bleiben als im Euro-Schnitt. Auch die Situation am Arbeitsmarkt entspanne sich vorsichtig: Zwar wurden im Vorjahr 8.700 Personen mehr arbeitslos gemeldet (+2,6 Prozent), der Anstieg war aber nicht so hoch wie befürchtet, so AMS-Chef Johannes Kopf.
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Vertreter der Wirtschaftskammer forderten zuletzt eine Senkung der Lohnnebenkosten, um Arbeitsgeber zu entlasten und den Arbeitsmarkt zu stabilisieren.
Diesem Vorschlag erteilte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian im Ö1 Morgenjournal eine Absage: "Das geht mir jetzt wirklich schon am Hammer." Die Lohnnebenkosten seien Lohnbestandteile, der Beitrag der Arbeitgeber zur Krankenversicherung und zur Pensionsversicherung. "Das haben Gewerkschaften erkämpft. Das ist das Ergebnis von Arbeitskämpfen. Wer sie jetzt senken will, stellt das infrage."
"Haben einiges richtig gemacht bei Lohnherbstrunde"
Katzian verweist auf einen 10-Punkte-Plan, den der ÖGB erarbeitet hat, um die Konjunktur anzukurbeln. Wichtigstes Ziel: "Die Inflation muss gesenkt werden, sie ist mittlerweile ein klarer Standortnachteil." Die Ansicht, die hohen Lohnabschlüsse seien Inflationstreiber, teilt Katzian nicht. Er sei zufrieden mit der Lohnherbstrunde: "Wir haben heuer echte Reallohnzuwächse. Wir haben einiges richtig gemacht."
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Als konkrete Maßnahmen nennt Katzian die Förderung für gemeinnützigen Wohnbau, "um für Bauwirtschaft was zu tun", den Ausbau Erneuerbarer Energie, "insbesondere der Netzinfrastruktur", den Ausbau der Kinderbetreuung, um Frauen, die wollen, Vollzeitarbeitsverhältnisse zu ermöglichen. Auch eine Qualifizierungsoffensive des AMS nennt Katzian.
"Ich will, dass Österreich ein Industrieland bleibt", so Katzian weiter, "aber wir müssen die Transformation gestalten, damit Betriebe und Arbeitnehmer gut durch die Veränderung kommen."
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Maßnahmen statt Wahlkampf
Bei den aktuellen Signa-Insolvenzen gibt Katzian die Lage der Beschäftigten zu bedenken: "Jede Insolvenz ist eine Katastrophe für die Beschäftigten dort." Am Ende des Tages seien sie es, die Arbeitsplatz und Existenzgrundlage verlieren würden.
Mit Blick auf die Nationalratswahl im Herbst 2024 hofft Katzian, dass der Wahlkampf nicht zu früh starte, "sondern von der Bundesregierung unter Einbindung der Sozialpartner alle Maßnahmen gesetzt werden, um die Konjunktur anzukurbeln."
Prognosen für mögliche Regierungskoalitionen will Katzian keine Abgeben. Über die SPÖ sagt er, er wolle die Wahlergebnisse abwarten: "Im Moment schließe ich außer der FPÖ nichts aus."
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