ÖBB droht beim Kauf neuer Regionalzüge Verspätung

Die Bestellung von 100 Garnituren bei Siemens könnte wegen bahninternen Streits neuerlich verschoben werden.

Der Kauf neuer Nahverkehrszüge ist für ÖBB-Chef Christian Kern trotz grundsätzlicher Einigung mit dem Verkäufer Siemens schwieriger als erwartet. Der Aufsichtsrat der ÖBB-Holding könnte die für kommenden Dienstag geplante Bestellung der Desiro-Züge neuerlich aufs Wartegleis umleiten. Oder aber den Kauf der Triebwagengarnituren überhaupt neu ausschreiben.

Neuausschreibung?

Der Grund für die drohende weitere Verspätung: Die Belegschaftsvertreter wollen dem Deal mit Siemens nur zustimmen, wenn die Garnituren wie bereits die Taurus-Loks und der Hochgeschwindigkeits-Zug railjet in den ÖBB-Werkstätten zusammengebaut werden. ÖBB-Betriebsratschef Roman Hebenstreit: „Wenn das nicht gesichert ist, werden wir im Aufsichtsrat die Neuausschreibung des Auftrags beantragen.“ Mit der Fertigung in den ÖBB-Werkstätten würden dort, begründet Hebenstreit seinen Vorstoß, über mehrere Jahre rund 120 Jobs abgesichert. Und die Bahn-Werkstätten hätten danach die nötige Ausrüstung und das Know-how für die Wartung der neuen Züge. Auch einige Kapitalvertreter sollen sich auf einer Klausur der Aufsichtsräte Anfang der Woche für die ÖBB-Werkstätten stark gemacht haben.

Dagegen freilich legt sich Siemens quer: Der im Spätherbst zwischen Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun und Bahn-Boss Kern ausgehandelte Deal sieht die Endfertigung im Siemens-Werk in Wien-Simmering vor. 2000 Stunden Arbeitsleistung pro Zug sollen zwar die ÖBB erbringen, deren Werkstätten-Mitarbeiter dafür aber befristet zu Siemens übersiedeln. Eine Endfertigung bei den ÖBB soll die deutsche Konzernmutter kategorisch abgelehnt haben.

Siemens Österreich will mögliche Nachverhandlungen nicht kommentieren. Das Gerangel um den Fertigungsstandort seien – so Insider – „ÖBB-interne Kampfgeräusche. Zugeknöpft reagiert auch die Bahn. Die Verhandlungen seien, so der knappe Kommentar einer Sprecherin, in der Endphase.

Der Kauf der Züge basiert auf einem im Frühjahr 2010 abgeschlossenen Rahmenvertrag über 190 Triebwagen im Gesamtwert von rund 550 Millionen Euro.

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