ÖAMTC-Chef: "Aus für Dieselprivileg schadet Wirtschaft"
Mit einer Verteuerung von Sprit wird laut ÖAMTC-Boss Oliver Schmerold nicht weniger gefahren und Co2 emittiert. Bei E-Autos sieht er eine Marktsättigung.
22.08.24, 05:00
Der Chef des Mobilitätsklubs ÖAMTC, Oliver Schmerold, spricht sich statt höherer Steuern im KURIER-Interview für biogene Kraftstoffe aus.
KURIER: Wenn es nach dem soeben von der Regierung beschlossenen „Nationalen Klimaplan“ geht, droht dem so genannten „Dieselprivileg“ das Aus. Ist es ein Privileg?
Oliver Schmerold: Die Details kennen wir auch nicht. Wir wissen nur, dass zur Reduktion von klimaschädlichen Subventionen von der Regierung das Dieselprivileg dazu gezählt wird, zumindest von einer Partei. Es wird ja auch immer vom Umweltbundesamt, aber leider auch vom Wifo, als Privileg bezeichnet. Wir sehen das überhaupt nicht so, es ist kein Privileg. Dass Diesel eine Spur geringfügigere Mineralölsteuer aufweist, liegt darin begründet, dass er einen höheren Energieinhalt hat und damit weniger verbraucht wird.
Was würde bei einer Abschaffung passieren?
Wenn man die Steuersätzen angleicht, dann wird man in erster Linie der Wirtschaft schaden, weil Diesel im gewerblichen Bereich maßgeblich ist. Konsumenten haben sich in den letzten Jahren mehr und mehr vom Diesel verabschiedet. Das Ziel, weniger Co2-Emissionen, wird durch eine Verteuerung nicht erreicht. Generell kann man mit Verteuern Mobilität nicht steuern.
Also eine reine Geldbeschaffungsaktion?
Ich glaube, es ist eher eine Ideenlosigkeit seitens der Regierung und eine ideologische Sicht der kleineren Regierungspartei, die klar sagt, das muss teurer werden. Andere Maßnahmen, die weniger kosten, aber mehr Einsparungseffekt haben, werden nicht mit der gleichen Vehemenz gefordert. Die Erhöhung der biogenen Kraftstoffanteile wäre aus unserer Sicht der naheliegendste Hebel. Die Rohstoffe dafür wären verfügbar, das zeigt eine Studie der Bundesanstalt für Erneuerbare Energien.
Sind die EU-Vorgaben bezüglich Verkehr realisierbar?
Im Zeitraum von 2005 bis 2030 müssen 48 Prozent der Emissionen eingespart werden. Das ist extrem ambitioniert und wird nur annähernd erreichbar sein mit biogenen Kraftstoffen. Nut mit der Steigerung der E-Mobilität werden wir es nicht schaffen. Alle anderen Maßnahmen – mit Ausnahme des Ausbaus des öffentlichen Verkehrs – haben keine nennenswerte Effekte, etwa reduzierte Tempolimits.
Ist der nötige Ausbau der Herstellung biogener Treibstoffe bis 2030 machbar?
Wenn es einen nationalen Plan und eine Kraftanstrengung gibt, dann ja. Die Rohstoffe wären vorhanden. Sie müssten entsprechend gesammelt und aufbereitet werden. Wesentlich ist: Wenn die Industrie Planungssicherheit hat und in solche Anlagen investieren kann und die Besteuerung der biogenen Anteile nicht der Mineralölsteuer unterliegt. Aber wenn immer das Aus des Verbrenners im Raum steht, dann werden sich Mineralölunternehmen diese Investitionen gut überlegen. Da braucht es ein klares Bekenntnis der nächsten Bundesregierung.
Es gibt ja auch eine Co2-Abgabe. Sollte man die nächste Erhöhung angesichts der hohen finanziellen Belastungen der Bevölkerung aussetzen?
Mit Jahreswechsel werden weitere rund 3 Cent je Liter dazukommen. Der regionale Klimabonus sollte von der neuen Regierung unbedingt fortgeführt werden. Es ist wichtig, sozial schwächere Gruppen, die nachweislich aufs Auto angewiesen sind, entlastet. Weil sie Pendler sind oder ihr Arbeitsplatz öffentlich nicht gut erreichbar ist. Man hat damit auch die Förderung der Erwerbstätigkeit im Fokus. Vielleicht kann man sich dabei eine Staffelung nach Einkommen überlegen. Und der Klimabonus soll vom Finanzministerium abgewickelt werden. Die haben alle Daten und das ginge einfacher.
Aber kein Aussetzen?
Nein. Allerdings wird 2027 die nationale Co2-Bepreisung in den europäischen Zertifikatehandel überführt. Dadurch erwarten Experten eine Verteuerung von 20 bis 25 Cent je Liter. Sollte dieser Effekt kommen, muss national gegengesteuert werden. Die Möglichkeit gibt es. Denn wir sind bei der Mineralölsteuer deutlich über dem in der EU festgesetzten Mindeststeuersatz. Hier könnte über eine Senkung gegengesteuert werden. Alle 5 Parlamentsparteien haben uns gegenüber bekräftigt, dass sie für so eine Maßnahme Verständnis haben.
Wie geht es beim geplanten Verbrennerverbot weiter?
Da erwarten wir 2026 eine klare und ehrliche Revision, die nicht ideologisch, sondern nach dem technischen Fortschritt und der Machbarkeit geführt wird. Da kann am Ende nur herauskommen, dass die gesamte Co2-Bilanz der Fahrzeuge zählt und nicht, was unmittelbar emittiert wird. Wir wollen, dass nach dieser Revision der Weg zu biogenen und synthetischen Kraftstoffen geöffnet ist. Bis dahin ist Zeit, Fakten zu sammeln und anhand derer zu entscheiden.
Alternative Treibstoffe sind aber energieintensiv in der Herstellung...
Das kann man nicht leugnen. Aber auch Antriebe für E-Autos sind energie- und rohstoffintensiv in ihrer Herstellung. Daher muss an erster Stelle immer der Ausbau erneuerbarer Energie stehen, aber auch der Speichersysteme, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Wieso kaufen die Österreicher trotz bestehender Förderungen weniger E-Autos?
Es besteht eine große Verunsicherung, vor allem was die Werthaltigkeit der Fahrzeuge betrifft. Viele Leasingunternehmen haben ihre Restwertsätze drastisch nach unten korrigiert und damit sind die Finanzierungen sehr teuer geworden. Und für viele sind E-Autos nach wie vor keine praktische Alternative aufgrund der Lademöglichkeiten. Wir haben in Österreich keine schlechte Ladeinfrastruktur, aber trotzdem haben viele keine Möglichkeit zum Laden daheim oder am Arbeitsplatz.
Ist die Marktsättigung damit schon erreicht?
Es sieht so aus. Ein weiterer Anstieg ist nur durch eine technologischen Entwicklungssprung darstellbar.
Generell sollen E-Autos höhere Reparaturkosten aufweisen. Stimmt das?
Grundsätzlich können wir das nicht belegen. Was wir jedoch sehen ist, dass im Vergleich zu Verbrennern mehr getauscht als repariert wird. Weil Service- und Werkstättenbetriebe nicht so sehr auf das Geschäft ausgerichtet sind. Und dadurch wird es teurer. Unsere Forderung ist daher, generell in der EU die Reparierbarkeit von Wirtschaftsgütern zu erhöhen. Bei E-Autos sollten daher nur defekte Module des Antriebs getauscht werden müssen und nicht die gesamte Einheit.
Was sind die Folgen von Strafzöllen für chinesische Elektroautos?
Das sehen wir sehr kritisch. Das ist eine Notmaßnahme aus einer Ohnmacht der EU heraus, weil über mehr als ein Jahrzehnt die Entwicklung nicht antizipiert hat und sich entsprechende Gegenmaßnahmen zu überlegen. Und das sind keine Strafzölle, sondern selbst die nötigen Rohstoffe für Europa zu sichern und die Entwicklung voranzutreiben. Strafzölle bringen den Konsumenten eine Verteuerung und genau das wollen wir nicht, weil günstigere Fahrzeuge für die grüne Transformation auf den Markt kommen sollten. Wenn die Fahrzeuge aus Fernost kommen, ist das zwar wirtschaftlich und geopolitisch bedauerlich, aber aus Klima- und Konsumentensicht positiv. Strafzölle haben noch nie der Wirtschaftsentwicklung geholfen.
Begrüßen Sie das selbst gewählte Aus der Klimakleber?
Ja, weil die Anliegen legitim und nachvollziehbar sind, aber die Form des Protests sehr problematisch war, weil sie nicht zu einer positiven Grundstimmung für Klimaschutz beigetragen hat. Sie hat in der breiten Bevölkerung zu Verärgerung und Ablehnung geführt. Ich zolle den Proponenten Respekt, dass sie das von sich aus erkannt haben. Das zeugt von einem Verantwortungsbewusstsein.
Glauben Sie, dass mit der nächsten Bundesregierung die verzögerten Straßenbau-projekte umgesetzt werden?
Ja, da sind wir sehr zuversichtlich. Es gibt eine breite politische Zustimmung.
(kurier.at, klee)
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