Dazu kam es aus mehreren Gründen. Die EU habe durch die Hintertür gewisse Sanktionen wieder zurückgenommen. Denn mit Jahresende hätten Schiffe, die russisches Rohöl transportieren, keine Versicherungen mehr abschließen und damit de facto nicht mehr fahren dürfen. Dazu hätte die EU die Unterstützung der Briten gebraucht, da fast alle Schiffe in London versichert sind.
Die Briten zogen letztlich nicht mit, womit die EU den Plan aufgab, was Anfang dieser Woche bekannt wurde. Die weltweite Erleichterung war groß, wäre es doch durch ein Versicherungsverbot zu einer globalen Unterversorgung und zu höheren Preisen gekommen, erzählt Benigni: „Man kann Russland nicht aus der Angebotskette herausnehmen oder am Markt ersetzen, soviel Erdöl gibt es nicht.“
Weitere Gründe für die leichte Entspannung bei den Spritpreisen sind, dass Länder wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate mehr Öl geliefert haben und in Österreich der Verbrauch zuletzt gesunken ist.
Grundsätzlich ist die EU an den hohen Ölpreisen durch die Sanktionen mitbeteiligt, meint Benigni. „Gäbe es keine Sanktionen gegen Russland, wäre der Ölpreis jetzt bei rund 70 Dollar.“ Tatsächlich aber liegt er bei besagten 97 Dollar. Russland muss zwar Abschläge hinnehmen und sein Öl günstiger an neue Kunden verkaufen, bekomme aber immer noch 70 Dollar pro Barrel. „Nur wir zahlen wegen der Sanktionen mehr, sonst niemand“, sagt Benigni. Europa sei der einzige Geschädigte.
Obwohl Benzin und Diesel seit Anfang Juli in Österreich um rund 20 Cent billiger geworden sind, ist Österreich – umgekehrt als sonst – bei den Spritpreisen eines der teuersten Länder im europäischen Vergleich. Fuhr man früher mit vollem Tank nach Italien, so fährt man heute – wenn auch nur etwas günstiger –, wenn man vollgetankt nach Österreich zurückkehrt. „Das liegt daran, dass andere europäische Länder Steueranpassungen vorgenommen haben“, sagt Martin Grasslober, Verkehrswirtschaftsexperte beim Autofahrerclub ÖAMTC. Teurer als Österreich sind derzeit nur wenige Länder, wie Deutschland und Dänemark.
Ob es mit den Spritpreisen weiter nach unten gehe, hängt laut Grasslober von einer Entspannung auf der Angebotsseite ab. Große Preisanstiege sieht er jedenfalls in der kommenden Zeit nicht. Eine weitere Frage sei, ob die im Juli verschobene CO2-Bepreisung von der Regierung ein weiteres Mal verschoben werde oder nicht, denn das würde den Sprit wieder verteuern. Sollte die CO2-Bepreisung doch kommen, könnte man sie durch eine Senkung der Mineralölsteuer abfedern.
Benigni sieht aber noch eine andere Gefahr für wieder anziehende Spritpreise im Herbst. Die EU will bis Jahresende keinen Diesel mehr aus Russland beziehen. Doch auch dieser ließe sich nicht ersetzen, es käme erneut zu einer Unterversorgung und die Preise würden wieder nach oben gehen.
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