Nach Kurscrash: "Vertrauen in Krytpoindustrie kollabiert"
Der Markt für traditionell stark schwankenden Kryptowährungen kommt nicht zur Ruhe. Am Wochenende brachen die Kurse vieler Digitalwerte weiter ein. Der Preis für einen Bitcoin, der ältesten und größten Digitalwährung, fiel teils deutlich unter die Marke von 20.000 Dollar. Die Nummer zwei am Markt, Ether, sank unter die Schwelle von 1.000 Dollar. Der Marktwert aller rund 19.900 Kryptoanlagen ging weiter zurück.
Der Wert von einem Bitcoin fiel auf der Handelsplattform Bitfinex am Samstagabend bis auf 17.605 Dollar. Das waren fast 14 Prozent weniger als am Tag zuvor. Am Sonntag erholten sich die Kurse wieder leicht und Bitcoin notierte bei rund 19.000 Dollar. Der Preis für einen Ether sank bis auf 881 Dollar.
Ein Bitcoin kostete im Tief damit so wenig wie zuletzt Ende 2020, der Ether-Kurs war zuletzt Anfang 2021 so niedrig gelegen. Das Marktvolumen aller derzeit existierenden Kryptowährungen fiel laut Coinmarketcap auf zuletzt 861 Mrd. Dollar (821 Mrd. Euro). Das ist weniger als ein Drittel des im November markierten Rekords von fast drei Billionen Dollar.
Vertrauensverlust
"Das Durchbrechen der 20.000-Dollar-Marke zeigt, dass das Vertrauen in die Kryptoindustrie kollabiert ist", sagte Marktanalyst Edward Moya von The Americas OANDA am Samstag. "Es gibt zu viele Kryptowährungen und Kryptobörsen, die unter enormen finanziellem Druck stehen angesichts der Fremdkapitalkosten", erklärte er mit Blick auf steigende Zinsen.
Viele Kleinanleger, die ihr Geld in Kryptowährungen investiert hatten, würden nun dauerhaft verschreckt. Der Kursrutsch geht einher mit deutlichen Verlusten an den weltweiten Aktienmärkten aus Sorge vor einer Rezession.
60 Prozent Jahresminus
Die Jahresentwicklung vieler Digitalwährungen fällt verheerend aus. Seit Jahresbeginn hat der Bitcoin fast 60 Prozent seines Werts eingebüßt, Ether hat sogar mehr als 70 Prozent an Wert verloren. Der Sinkflug hat sich vor allem in den vergangenen Wochen beschleunigt, als Bitcoin & Co in den Abwärtssog einer allgemein schlechten Stimmung an den Finanzmärkten geraten sind. Trotz der zuletzt massiven Verluste konnte der Bitcoin in den vergangenen zehn Jahren deutlich an Wert zulegen.
Zinswende als Kryptowende
Die Gründe für die hohen Kursverluste in den vergangenen Monaten sind zum einen ökonomischer Natur: Auf der ganzen Welt heben viele Notenbanken ihre Leitzinsen an, um der hohen Inflation Herr zu werden. An den Kapitalmärkten steigen deshalb die Zinsen in historisch hohem Tempo. Riskante Anlagen, zu denen Kryptowerte gehören, werden durch die Entwicklung belastet, weil sie keine laufenden Erträge abwerfen. Im Gegensatz dazu werden etwa festverzinsliche Wertpapiere wieder lukrativer.
Hausgemachte Probleme
In diesem ohnehin ungünstigen Umfeld wiegen sich häufende Probleme im Sektor besonders schwer. So lastet seit einiger Zeit auf der Stimmung, dass der Krypto-Kreditgeber Celsius Network Auszahlungen und Überweisungen pausiert hat. Auch gibt es Berichte, dass einige auf Kryptoanlagen setzende Hedgefonds zunehmend unter dem Kursverfall leiden. Vor einigen Woche hatte bereits ein Kurseinbruch bei einer eigentlich als stabil konstruierten Internetdevise, dem sogenannten Stablecoin TerraUSD, für großes Aufsehen gesorgt.
Technische Gründe
Krypto-Experte Timo Emden von Emden-Research nannte darüber hinaus handelstechnische Gründe für den erneuten Kurseinbruch. "Das vergleichsweise geringe Handelsvolumen über das Wochenende könnte die Talfahrt angestoßen haben", heißt es in einem Kommentar. "Wird eine größere Menge auf den Markt geworfen, kann dies einen Dominoeffekt auslösen und weitere Verkäufe auslösen. Explosive Preisbewegungen sind dann schnell möglich."
Der Bitcoin und andere Digitalwährungen sind traditionell starken Schwankungen ausgesetzt, in den vergangenen Jahren gab es bereits mehrere sogenannte "Krypto-Winter", etwa 2014 und 2018, in denen die Kurse stark einbrachen, bevor es später wieder aufwärts ging. Diesmal zeichnet sich allerdings noch ein schwierigeres wirtschaftliches Umfeld als damals ab.
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