KURIER:Es war lange nichts von Ihnen zu hören. Nun, zur Absiedelung der Produktion des Motorenwerks ATB in Spielberg melden Sie sich als früherer Eigentümer mit Kritik am jetzigen chinesischen Eigentümer zu Wort. Warum?
Mirko Kovats: Es soll nicht alles unter den Tisch gekehrt werden, auch wenn seit dem Verkauf 2010/11 neun Jahre vergangen sind. Es haben sich einige eine goldene Nase im zweistelligen Millionenbereich daran verdient.
Was ist damals aus Ihrer Sicht falsch gelaufen?
Ich war damals ruhig, weil ich dachte, gut so und alle haben redlich gehandelt. Aber ich hatte auch meine Bedenken gegenüber dem Käufer Wolong. Er ist völlig intransparent, es gab keine einzige Bilanz. Zudem hatte ich einen von Wolong unterschriebenen Kaufvertrag über 110 Millionen Euro. Dann hat der Treuhänder plötzlich 60 Millionen akzeptiert. Ich hielt das für Verschleuderung von Vermögen der damaligen Holding A-Tec. Und die heutige Situation gibt mir Recht: Es war nicht der richtige Käufer. Es war eine krasse Fehlentscheidung. Finanziell und strategisch. Wolong hat eine Blutspur hinter sich hergezogen mit Schließung eines deutschen, dem Konkurs eines weiteren deutschen und dem noch zu erwartenden Konkurs oder zumindest der Stilllegung bzw. Schließung zweier britischer Motorenhersteller.
Was hätten Sie gemacht?
Es war die Gier einiger Beteiligter nach Gebühren größer als der Wunsch, in Ruhe einen besseren Investor zu finden. Vor Wolong war ich bei einem indischen Interessenten, bin hingefahren. Das wurde abgedreht. Der indische Interessent war börsenotiert und legte Bilanzen.
Aber Sie haben selbst 2010 dem Werk geringe Überlebenschancen gegeben. Das klingt danach, als ob es doch egal gewesen wäre, welcher Käufer zum Zug kommt.
Überhaupt nicht. ATB war bis 2016 positiv. Eine Produktion in Europa wäre noch immer lebensfähig, auch wenn die Margen niedrig sind. Denn die Lohnkosten sind auch in China gestiegen und die Logistik ist problematischer geworden. In meinen neun Jahren ATB gab es immer das Kostenproblem und durchaus harte Diskussionen mit dem Betriebsrat. Aber eines stand immer außer Streit: Spielberg muss wettbewerbsfähig sein. Eine Schließung war kein Thema. Ich habe nie einen österreichischen Standort geschlossen. Ich habe für alle gekämpft. Wäre nicht unser Missgeschick in Australien passiert (A-Tec konnte nach einem dreistelligen Millionenverlust in Australien eine Anleihe nicht zurückzahlen und musste Insolvenz anmelden, Anm.), so gäbe es die A-Tec in der alten Form heute noch.
Im von den chinesischen Eigentümern bestimmten Aufsichtsrat sitzen die beiden SPÖ-Ex-Abgeordneten Jarolim und Matznetter. Warum haben die Chinesen sie geholt?
Die Chinesen glaubten, dass diese Herren irgendeinen Mehrwert an Beziehungen bieten. In China ist es eindeutig die KP, in Österreich die SPÖ? Realität ist – diese Herren sind Geschichte. Ich wunderte mich, was die denn bringen sollen. Kompetenz? Marktkenntnis? Produktionserfahrung? Vielleicht hatte ich was übersehen. Was haben die beiden gebracht? Null. Schade um Pam (Rendi-Wagner, Anm.) und die SPÖ. Sie hatte Ideale und wäre auch heute noch bzw. wieder wichtig in einer Demokratie, aber nicht mit diesen Altstalinisten. Es kommen gewaltige Umwälzungen, aber mit diesen Typen inklusive ÖGB gehen die leider unter. Alle Silicon-Valley-Milliardäre sind links, aber die wissen, was kommt und wovon sie reden …
Anlegerschützer Wilhelm Rasinger meint, Sie hätten keine Rechte, Kritik an Wolong zu üben, weil Sie selbst alle Firmen an die Wand gefahren hätten. Was sagen Sie dazu?
Das ist erstens falsch, und zweitens ist Rasinger inkompetent. Bis auf Austrian Energy wurden alle A-Tec-Gesellschaften zu insgesamt circa 200 Millionen Euro Cash verkauft, da habe ich sehr wohl Werte geschaffen. Die ATB hat bis zur Insolvenz Gewinne erzielt.
Muss man sich generell vor dem Einfluss Chinas auf Europas Wirtschaft fürchten?
Nein. Aber wenn man den Chinesen die Industriebetriebe billig verschenkt, so geraten wir in einen schweren Wettbewerbsnachteil. Versuchen Sie als Investor in China Know-how abzuziehen. Na das schau ich mir an, dass das geht. Sie brauchen ein Joint-Venture-Partner und haben keine echten Mitspracherechte. Und man ist immer abhängig von der Staatspartei. das ist der Unterschied zu Indien. Was Ihnen gehört, gehört Ihnen. Auch, weil es eine Demokratie ist. Chinas Interessen sind nicht unsere Interessen.
Es gibt ja Versuche, den Einfluss Chinas abzuwehren – Stichwort Investitionsschutzgesetz. Was halten Sie davon?
Kann man versuchen. So etwas gibt es auch in den USA. Man braucht kein Freund des Präsidenten sein, aber seine Chinapolitik halte ich für richtig. Das geht nur mit Stärke. Das ist die einzige Sprache, die die Chinesen verstehen. Da braucht man nicht unfreundlich sein oder gar Auseinandersetzungen. Europa braucht da eine stärkere EU, sage ich als absoluter EU-Fan.
Also würden Sie sich mehr Mut seitens der Europäer wünschen.
Absolut. Die Chinesenbrauchen die Europäer, aber nicht umgekehrt. Die USA sind da ein Vorbild. Die können alles selbst produzieren.
Es gibt aber durchaus Kollateralschäden durch den Handelskonflikt.
Ja, selbstverständlich. Es wird aber auch mit China Lösungen geben. Viel Theaterdonner, aber am Ende ist es pragmatisch. Schauen Sie sich Trumps Wirtschaftspolitik an. Die war gut. Vergessen Sie seine Tweets. Die USA haben mehr Mut zu Entscheidungen, bei uns wird herumgeeiert.
Wie sehen Sie die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise?
Gewaltig. Es wird eine große Pleitewelle kommen. Viele Firmen sind Zombiefirmen, die ATB war es auch. Es wird auch neue Eigentümer geben. Die Milliarden, die die Regierung verteilt hat, sind verpufft. Wer soll im Jänner die Sozialabgaben zahlen? Das wird verlängert. Die Erholung wird drei bis fünf Jahre dauern. Es wird eine unangenehme Zeit werden.
Kann Green Tech ein Weg aus der Krise sein?
Das macht Sinn und sehe ich sehr positiv. Ich habe Kinder in den 20ern, die sollen eine saubere Umwelt haben. Wer will etwa noch ein Kohlekraftwerk? Die Atomenergie hingegen halte ich für sinnvoll, weil sie sauber ist und das Endlagerproblem lösbar.
In welchen Geschäftsfeldern sind Sie aktuell tätig?
Ich entwickle eine Unternehmensgruppe mit den Schwerpunkten Banking, Immobilien und Social Media/Big Data. Ich bin dazu an einer Bank in der Karibik beteiligt. Thema hier ist Zahlungsverkehr, das ist ein Riesenmarkt.
Und gerade ein spezielles Thema, Stichwort Wirecard.
Ich komme ja aus der Old Economy und bin kein Yuppie. Heißt: Man braucht nicht mit Schwindel 25 Milliarden Marktkapitalisierung erreichen, sondern mit einem seriösen Geschäft 5 oder 10 Mrd. ist auch gut. Der Markt ist riesengroß und höchst kompetitiv und daher gibt es nur geringe Margen. Aber das macht nichts. Schauen Sie sich Amazon an.
Und was hat das mit Immobilien zu tun?
Wir wollen Shared Offices für Programmierer in der Karibik anbieten. Und in Kombination mit diesen Dingen wollen wir Social Media und Nachrichten anbieten.
Bis wann wollen Sie das Projekt umsetzen?
Bis nächstes Jahr, wobei am Ende ein Börsegang steht. Ich habe genug Investoren für einige Finanzierungsrunden, vor allem aus den USA. Für den Start habe ich schon 100 Millionen Dollar gesichert.
Mirko Kovats
Der 71-Jährige startete seine Karriere nach dem Studium (Welthandel) als Vertreter für Maschinenteile in Osteuropa. In den 1990er-Jahren entwickelte der verheiratete Vater von zwei Söhnen Immobilienprojekte und betrieb Diskotheken und Hotels
A-Tec
1997 stieg Kovats bei der Maschinenfabrik Emco ein und legte damit den Grundstein zu seiner Industrieholding A-Tec. Die börsenotierte Gesellschaft umfasste zu ihrem Höhepunkt 70 Betriebe, ehe sie 2010 Pleite ging (1 Mrd. € Passiva)
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