Dramatische Bilanz: In Österreich gehen 18 Firmen pro Tag pleite

Geschloßenes Geschäft in der Inneren Stadt
Die Passiva sind um mehr als 900 Prozent auf rund 11 Milliarden Euro gestiegen. Darunter etwa auch die Signa-Insolvenzen.

Die Familie Benko Privatstiftung schlitterte mit 2,28 Milliarden Schulden in die Pleite, Signa-Gründer Rene Benko musste als Einzelunternehmer mit rund zwei Milliarden Euro seinen Bankrott eingestehen und die Österreich-Tochter des amerikanischen E-Autobauers Fisker in Graz fuhr mit 1,34 Milliarden Euro Schulden in die Insolvenz.

Die Liste der Großinsolvenzen im ersten Halbjahr 2024 ist lang. Insgesamt 36 Pleiten hat der KSV1870 gezählt, die jeweils mehr als zehn Millionen Euro Schulden aufweisen.  Rund elf Milliarden Euro Verbindlichkeiten sind es bei allen Pleiten zusammen. Das ist ein neuer Rekord und eine Steigerung um 900 Prozent. Vor allem die verschiedenen Signa-Insolvenzen sind für den starken Anstieg verantwortlich. 

Dramatische Bilanz: In Österreich gehen 18 Firmen pro Tag pleite

Fakt ist: Im ersten Halbjahr sind die Unternehmensinsolvenzen um 26 Prozent auf 3.308 Fälle gestiegen, bis zum Jahresende wird mit mindestens 6.500 Firmenpleiten gerechnet. 

Tirol ist Ausnahme

„Auffällig ist, dass wir  seit dem vierten Quartal 2023 eine ziemlich konstante Steigerungen der Firmeninsolvenzen haben“, sagt KSV1870-Experte Karl-Heinz Götze zum KURIER. „Die Steigerung von 26 Prozent im ersten Halbjahr ist verglichen mit 2023 schon viel.“ Pro Tag schlittern 18 Unternehmen in die Pleite. Pro Werktag sind es sogar 26 Pleiten. Besonders betroffen sind der Handel inklusive der Kfz-Branche, die Bauwirtschaft sowie die Gastronomie und Beherbergung.

Verschiedene Ursachen

Die Insolvenzursachen sind mannigfaltig. „Generell ist es ein Mix aus hohen Kosten bei Energie-, Löhnen und Material. Auf der anderen Seite sind die Zinsen nach wie vor hoch und die Nachfrage ist zurückgegangen“, sagt Götze. „Diese Kombination ist für manche Branchen extrem, zum Beispiel für den Großhandel, der stark darunter leidet. Auch die Probleme am Bau, bei den Immobilienentwicklern und Bauträgern wird uns noch länger beschäftigen.“ So seien die Baugenehmigungen deutlich zurückgegangen.

Handel, Bau und Gastro vorne

Auch haben die Immobilienentwickler die Liegenschaften zu sehr hohen Preisen gekauft. Aufgrund der hohen Kosten und Zinsen sowie der geringen Nachfrage aufgrund der KIM-Verordnung „geht ihnen irgendwann die Luft aus“, sagt Götze.  Im Bundesländervergleich verzeichnen acht Länder einen Anstieg, nur Tirol einen Rückgang. 

Wien, OÖ und Burgenland

„Tirol hat einen ganz guten Mix in der Wirtschaft und in der Hotellerie ist die Lage nicht so dramatisch“, sagt Karl-Heinz Götze. „Die Steigerungen in Vorarlberg und im Burgenland schauen dramatisch aus, haben aber geringere Fallzahlen als andere Bundesländer.“  

„Die Entwicklung der Insolvenzzahlen in Wien  zeigt, dass die wirtschaftliche Gesamtsituation nach wie vor äußerst angespannt ist“, sagt Jürgen Gebauer vom KSV1870 in Wien. „Die nach wie vor hohe Inflation, hohe Energiepreise, die Zinspolitik, aber auch vielerorts sinkende Umsätze und fehlende Aufträge sind die wesentlichen Ursachen für die steigenden Insolvenzzahlen.“ 

„Die Halbjahresinsolvenzzahlen in Oberösterreich zeigen, dass sie erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie das Vor-Krisen-Niveau übersteigen“, sagt  Petra Wögerbauer vom KSV1870-Standort in Linz. „Ursache sind die eintrübende Geschäftslage, sinkende Umsätze und fehlende Aufträge.“ 

Warum das Burgenland 84 Prozent mehr Firmenpleiten aufweist, erklärt KSV1870-Expertin Brigitte Dostal so: „Die Ursachen für die deutlich steigenden Insolvenzzahlen liegen vor allem darin, dass die Betriebe aktuell mit fehlenden Aufträgen, drastischen Umsatzrückgängen und hohen Personalkosten konfrontiert sind.“

Heuer 9.200 Privatkonkurse

Verschuldung. Wenn es bei den Unternehmen viele Pleiten gibt, so wirkt sich das auf die Privatpleiten erst ein, zwei Jahre später aus. „Die Privaten sind dann vorsichtiger bei einem Jobwechsel oder bei Investitionen“, sagt KSV-Experte Götze.  Oft helfen Verwandte und Freunde noch finanziell aus, aber diese Unterstützung ist irgendwann auch zu Ende. „Wir glauben, dass wir 2025 einen Anstieg bei den Privatinsolvenzen sehen werden“, sagt Götze. „Wir hören von den Schuldnerberatungen, dass es eine sehr hohe Nachfrage gibt.“ 

Finanzieller Kollaps

Im ersten Halbjahr 2024 sind die Privatkonkurse um 0,7 Prozent auf 4.580 Fälle gestiegen. Übers gesamte Jahr soll sich die Zahl bei rund 9.200 Fällen einpendeln. Die wirtschaftliche Situation der heimischen Privathaushalte sei nicht rosig, für einkommensschwache Haushalte spitze sich die Lage weiter zu. Im Durchschnitt haben die insolventen Privaten aktuell 119.800 Euro Schulden. Das Burgenland meldet einen leichten Rückgang, indes gibt es in Salzburg  einen Anstieg

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