Miele-Chefin: "Das Hygienebewusstsein wird bleiben"
Der deutsche Haushaltsgerätehersteller Miele profitierte im Vorjahr vom coronabedingten Rückzug ins Eigenheim. Der weltweite Umsatz legte um 6,5 Prozent auf 4,5 Mrd. Euro zu, in Österreich gab es bei Haushaltsgeräten sogar ein zweistelliges Plus. Wegen der hohen Nachfrage gibt es aktuell Lieferengpässe.
Mit einem neuen mobilen Luftreiniger, der zum Teil in Österreich gefertigt wird, will das Unternehmen jetzt im boomenden Hygienemarkt durchstarten, verrät Miele-Österreich-Chefin Sandra Kolleth im KURIER-Interview.
KURIER: Für die Miele-Gruppe war das Coronajahr 2020 ein gutes Jahr. Wie lief es in Österreich?
Sandra Kolleth: Corona zwang uns dazu, mehr zu Hause zu bleiben. In Österreich gab es ein Umsatzplus von acht Prozent, im Consumersegment, also bei den Haushaltsgeräten, sind wir über zehn Prozent gewachsen.
Welche Produkte verkauften sich besonders gut?
Eine gesteigerte Nachfrage gab es etwa nach Geschirrspülern, Herden mit Zusatzfunktionen wie Brot backen, Dampfgarer für die gesunde Ernährung und natürlich Staubsauger. Weil im Lockdown kurzfristig die Lagerhaltung hochgefahren wurde, stieg auch die Nachfrage nach Kühl- und Gefriergeräten.
Miele liefert auch an Unternehmen, etwa an die Hotellerie und Gastronomie. Wie stark waren dort die Einbrüche?
Die Hotellerie und Gastronomie spürten wir nach einer guten Sommersaison ab Herbst sehr stark, es wurde weniger bestellt. Auch der Ersatz- und Servicebereich bei den Wäschereien ging zurück. Wir konnten die Ausfälle aber zum Teil durch mehr Nachfrage nach Laborequipment bei Ärzten und Spitälern kompensieren. Dieser Markt wird immer relevanter für uns.
Umsatzplus Die Miele-Gruppe steigerte 2020 den Umsatz um 6,5 Prozent auf 4,5 Mrd. Euro. Starkes Wachstum gab es vor allem in Deutschland und Zentraleuropa sowie in China. Die höchsten Zuwächse gab es bei Staubsauger und Kühlgeräten. Miele beschäftigt weltweit 20.944 Mitarbeiter, davon 11.000 in Deutschland.
Acht Werke Das 1899 gegründete Familienunternehmen mit Sitz in Gütersloh unterhält acht Produktionsstandorte in Deutschland sowie je ein Werk in Österreich, Tschechien, China und Rumänien.
Miele Österreich Die Miele Vertriebs- und Servicegesellschaft in Österreich steigerte den Umsatz insgesamt um 9,6 Prozent auf 239,3 Mio. Euro. Das Werk in Bürmoos bei Salzburg verzeichnete ein Minus von 2 Prozent auf 31,8 Mio. Euro. Insgesamt steigerte Miele Österreich mit 650 Mitarbeitern den Umsatz um rund 8 Prozent.
Sandra Kolleth steht seit November 2018 an der Spitze von Miele Österreich. Zuvor leitete sie Xerox Austria.
Ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie bringt Miele jetzt einen eigenen Luftreiniger auf den Markt. Es wimmelt bereits vor Anbietern. Kommt das Produkt nicht etwas spät?
Wir fokussieren uns hier als Premiumanbieter auf den professionellen Bereich und haben eine starke Historie in der Hygiene- und Filtertechnik, denken Sie nur an die Staubsauger. Österreich und Deutschland bringen das Produkt als erste Länder auf den Markt. Eine wichtige Zielgruppe sind Alten- und Pflegeheime, Arztpraxen aber auch Schulen. Wir sehen die Hygiene als langfristiges Geschäftsfeld.
Sie rechnen damit, dass auch nach Corona Luftreiniger gekauft werden?
Davon gehen wir aus. Das Bewusstsein für Hygiene und Luftqualität ist definitiv gestiegen und wird ein wichtiges Thema bleiben, da geht es ja auch um Allergene, Pollen, Rauch und so weiter.
Teile des Luftfilters werden bei Miele Österreich in Bürmoos gefertigt. Wie viel Made in Austria steckt im Gerät?
Gefertigt wird der Filter im deutschen Werk Lehrte, aus Bürmoos liefern wir Stand- und Biegeteile, also wichtige Komponenten dazu. Aber auch ohne Luftreiniger ist der Standort Bürmoos nachhaltig abgesichert, wir haben in den vergangenen zwei Jahren 8 Millionen Euro in Fertigungstechnologien investiert. Wir fertigen hier Edelstahl-Oberflächen für Küchengeräte.
Derzeit gibt es rund 200 Beschäftigte in Bürmoos. Wird es dabei bleiben?
Ja.
Durch Covid-Fälle in einem deutschen Miele-Werk kam es zuletzt zu Lieferverzögerungen. Wie sehr ist Österreich davon betroffen?
Unser Werk war davon nicht betroffen. Die Produktion wird diese Woche aber wieder voll hochgefahren und es wurde Personal aufgestockt. Wie weit es durch die Ausfälle zu Verzögerungen gekommen ist, schauen wir uns derzeit an. Die Liefersituation ist aufgrund der hohen Nachfrage und der instabilen Lieferketten wegen Corona in der gesamten Branche sehr angespannt.
Wie sehr trifft Miele der aktuelle Chipmangel?
Nicht so stark wie andere Bereiche. Miele hat eine sehr hohe Eigenfertigungstiefe, wir haben ein eigenes Elektronikwerk. Aber irgendeinen Teil muss man immer von woanders beziehen.
"Es wird eine Zeit brauchen, bis sich die neuen Energielabels eingespielt haben"
Seit Anfang März zeigen neue Energielabels den Stromverbrauch an. Viele Konsumenten kennen sich damit noch nicht aus…
… das kann ich verstehen. Es ist tatsächlich eine große Umstellung für die Konsumenten, die die Skala bis A+++ gewohnt waren und jetzt nur noch Buchstaben vorfinden. Die EU hat Raum für Innovation gelassen, damit wir Hersteller die Energieeffizienz immer weiter verbessern. Es wird eine Zeit brauchen, bis sich das eingespielt hat. Wir werden den Fachhandel noch dabei unterstützen, den Konsumenten die neue Skala zu erklären. Es gibt auch ein Erklärvideo für die Konsumenten.
Achten die Konsumenten mehr auf den Stromverbrauch als früher?
Es ist das drittwichtigste Entscheidungskriterium bei Haushaltsgeräten. Und es ist auch aus klimatechnischen Gründen wichtig, da 80 Prozent des Energieverbrauchs eines Gerätes im Haushalt passieren und nur 20 Prozent bei der Produktion und Entsorgung. Daher ist es wichtig, dass der Konsumenten die Labels auch kennt und nutzt. Auch Reparaturfähigkeit und Langlebigkeit der Geräte spielt eine immer wichtigere Rolle.
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