Von Nespresso abgeschaut: Miele entdeckt das "Kapsel-Prinzip"
Seit 120 Jahren gibt es Miele, seit 90 Jahren Geschirrspüler von Miele. Die neue Generation verfügt über eine automatische Dosierung, die wie eine Nespresso-Kapsel in die Maschine geschoben wird. Der Plastikbehälter mit dem darin enthaltenen Spülmittel muss erst nach 20 Waschgängen gewechselt werden. Miele-Chef Markus Miele will damit neue Geschäftsfelder erschließen. Der Konzern muss sich in Zeiten der Digitalisierung neu erfinden.
KURIER: Sie bewerben Ihren neuen, autonomen Geschirrspüler mit „No Limits“. Welche Grenzen wollen Sie als nächstes überwinden?
Markus Miele: (Lacht) Wir haben jetzt einmal das Thema Dosierung gelöst und sind bei der Beladung weitergekommen. Es tut sich viel bei der Sensorik, aber es geht noch längst nicht alles vollautomatisch. Da bin ich noch nicht zufrieden. Wir arbeiten daran, den Kunden noch mehr Arbeit abzunehmen.
Werde ich mir irgendwann das Ein- und Ausräumen des Spülers ersparen?
Das dauert noch ein bisschen. Lustig ist, dass wir beim Geschirrspüler noch immer an Geschirr denken, dabei können viele Sachen damit gereinigt werden, Spielzeug etwa. Auch auf diesem Gebiet kann noch viel weiterentwickelt werden.
Die auswechselbare, automatische Dosierung erinnert stark an Nespresso oder an das Verkaufs-Prinzip bei Druckern und Handys, wo die Hardware eine immer geringere Rolle spielt. Reicht es nicht mehr, nur ein Gerät zu verkaufen?
Also im Moment sind die Gerätepreise schon noch auf dem Niveau der Herstellkosten, da gibt es keine Quersubvention. Aber es könnte in die Richtung gehen, so wie ja beim Handy auch. Wir hatten im Vorjahr eine Aktion, wo man sich mit dem Waschmittel-Abo die Waschmaschine subventionieren konnte. Das kam in Österreich sehr gut an, aber insgesamt ist der Markt noch nicht so weit. Bei unserem neuen Geschirrspüler ging es uns darum, wiederholende Tätigkeiten wie das Reintun des Tabs zu eliminieren. Das eröffnet neue Möglichkeiten der Anwendung wie Startvorwahl per Smartphone.
Die Geschirrspülgeräte werden noch in Bielefeld erzeugt. Die Produktion soll aber im Zuge eines Sparprogramms vermehrt nach Tschechien wandern. Was steckt dahinter?
Wir wollen mehr in den Bereich Digitalisierung und Smart Home investieren. Dafür müssen wir in unseren jetzigen Strukturen Mittel freilegen. Es geht dabei nicht primär um Jobabbau, wir müssen gesamthaft über Miele schauen. Wir sind zuletzt 6 bis 7 Prozent gewachsen und fragen uns, ob es noch richtig ist, was wir machen, oder ob wir teilweise etwas umbauen müssen.
Das österreichische Werk in Bürmoos ist ein wichtiger Komponentenzulieferer für Bielefeld. Wie stark ist der Standort vom Sparprogramm betroffen?
Eigentlich gar nicht. Die Bürmooser mussten schon vor zwei Jahren die Produktion der Stabilisatoren abgeben und sich zukunftsfähig aufstellen. Wir sind da gerade in der Umorganisation, hatten aber zuletzt konstanten Umsatz. Ich gehe davon aus, dass wir die Restrukturierung hier erfolgreich abschließen können.
Also auch Mitarbeiter-Abbau?
Ja, aber das ist im Prinzip schon längst erfolgt. Derzeit haben wir dort rund 260 Mitarbeiter.
Das Werk bleibt?
Ja, ja, das Werk bleibt.
Es gibt derzeit eine große Angst vor China. Fürchten Sie sich auch?
Es sind sehr viele Menschen dort (lacht), daher können wir viele Geräte verkaufen. Unser Geschäft läuft gut und wir haben auch ein Staubsauger-Werk dort. Aber klar, die Mitbewerber dort werden immer besser.
Ist der Brexit ein großes Thema in Ihrem Geschäft?
Na klar. Die Kardinalfrage lautet: Was passiert jetzt? Wir haben die Lagerbestände in Großbritannien hochgefahren, um lieferfähig zu bleiben, sollte es tatsächlich zu Zollschranken kommen.
Wie wichtig ist der britische Markt?
Es ist ein bedeutender Markt, sicher unter den Top-10-Märkten. Für die Weiße Ware ist es ein reiner Importmarkt, insofern haben alle Hersteller dasselbe Problem jetzt. Die protektionistischen Tendenzen geben Anlass zur Sorge. Die Welt ist komplexer geworden.
Wie trifft Sie der Handelsstreit USA/China, Stichwort Importzölle?
Unsere Geräte sind nicht direkt von Importzöllen betroffen, aber man weiß nie, was da noch kommen mag. Wir haben aber schon für die USA bestimmte Geräte nach Bielefeld zurückgeholt, dafür von Bielefeld aus nach China geliefert, also da hat es einen Austausch gegeben.
Miele Österreich ist auch für Slowenien und Kroatien verantwortlich. Könnte noch ein weiteres Land dazukommen?
Aktuell denken wir in Europa nicht über Erweiterungen nach. Beim Umsatz pro Einwohner liegt Österreich übrigens vor Deutschland. Daher sage ich zu unseren Vertriebsleuten in Deutschland immer: Nehmt euch ein Beispiel an Österreich, da geht noch mehr...
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Markus Miele (50), Urenkel des Firmengründers, ist gemeinsam mit Reinhard Zinkann geschäftsführender Gesellschafter der Miele-Gruppe. Der promovierte Wirtschaftsingenieur ist seit 1999 im Unternehmen und war zuvor beim Autozulieferer Hella.
Das 1899 gegründete Unternehmen mit Sitz in Gütersloh gilt mit 2,95 Mrd. Euro Umsatz und 16.600 Mitarbeitern als führender Hersteller von Premium-Hausgeräten (Waschmaschinen, Staubsauger, Geschirrspüler). Miele Österreich beschäftigt 680 Mitarbeiter, davon 260 im Werk Bürmoos/Salzburg. Der Umsatz stieg im Vorjahr um 5,5 Prozent auf 249,1 Mio. Euro.
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