Metro-Chef: „Bis zu 30 Prozent sperren nicht mehr auf“
Der Metro-Chef rechnet bestenfalls in zwei Jahren mit einer Normalisierung des Geschäfts – und ärgert sich, dass seine Mitarbeiter so spät geimpft werden, obwohl sie aus seiner Sicht systemrelevant sind.
KURIER: Die Hälfte der Metro-Kunden kommt aus der Gastronomie. Heißt das, dass die Hälfte Ihrer Umsätze im Lockdown wegfallen?
Xavier Plotitza: Nicht ganz. Wir haben durch die Gastro-Lockdowns einen Umsatzeinbruch in Höhe von 40 Prozent. Besonders seit November hat sich die Lage verschärft. Aber wir werden das aushalten.
Und die Gastronomen? Wie werden sie das aushalten?
Wir gehen davon aus, dass nach dem Ende des Lockdowns 20 bis 30 Prozent der Betriebe nicht wieder aufsperren werden.
Wann rechnen Sie wieder mit einer Normalisierung des Geschäfts?
Sicher nicht in den nächsten eineinhalb Jahren. Wir gehen von drei Szenarien aus. Im besten Fall herrscht in 24 Monaten wieder Normalität, im schlimmsten Fall erst in drei Jahren.
Muss Metro Österreich Mitarbeiter abbauen?
Nein. Unser Mitarbeiterstand liegt bei rund 2.100, davon rund 100 Lehrlinge. Das ist seit Jahren stabil. Derzeit suchen wir sogar rund 60 neue Mitarbeiter. Vor allem für die Großmärkte in Dornbirn, Innsbruck und Langenzersdorf sowie für die Zentrale in Wien-Vösendorf.
Nehmen Sie auch noch Lehrlinge auf?
Ja. Unser Lehrlingsprogramm ist voll aufrecht. Aktuell suchen wir 43 Lehrlinge.
Wie viele Ihrer Mitarbeiter sind in Kurzarbeit?
Derzeit 80 Prozent, auch weil die Öffnungszeiten in unseren Märkten reduziert wurden. Normalerweise haben wir bis 22.00 Uhr offen, jetzt nur bis 19.00 Uhr.
Welche Sicherheitsmaßnahmen haben Sie?
Wir haben schon im März umfassende Hygiene- und Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter und Kunden eingeführt. Seit Mitte Dezember bieten wir Massentests an. Selbstständig oder mit lokalen Laboren, mindestens einmal im Monat – bis sich die Lage normalisiert. Darüber hinaus haben wir Schnelltests für Mitarbeiter gekauft, die jeder freiwillig und kostenlos nutzen kann.
Also testen, bis endlich alle geimpft sind ...
Was die Impfungen angeht, bin ich sehr enttäuscht von der Regierung. Wir hatten die Hoffnung, dass unsere Mitarbeiter in Phase 2 als systemrelevant zum Impfen drankommen und haben sie ordnungsgemäß dafür angemeldet. Vergangene Woche haben wir plötzlich erfahren, dass unsere Mitarbeiter doch erst in Phase 3 drankommen. Mein Appell: Es kann nicht sein, dass das Personal der Lebensmittelhändler erst so lange nach dem Krankenhauspersonal dran kommt. Am Ende muss doch jeder, der mit Kunden Kontakt hat, prioritär geimpft werden. Wir sind kritische Infrastruktur.
Apropos Regierung: Nimmt Metro neben der Kurzarbeit weitere Covid-Staatshilfen in Anspruch?
Wir werden sehen, ob wir als Zulieferer der Gastronomie einen Ersatz für die Umsatzausfälle erhalten. Ich glaube aber nicht, weil unser Umsatzentfall unter der definierten 50-Prozent-Marke liegt, weil wir ja nicht nur Gastro-Kunden haben. Gott sei Dank kaufen auch viele andere Unternehmer und Selbstständige bei uns ein.
In Nordrhein Westfalen will der deutsche Metro-Mutterkonzern nun für alle Kunden, also auch private, öffnen. Ist das auch für Österreich geplant?
Nein, dazu gibt es bei uns keine Pläne. Das ist keine neue Strategie, sondern nur eine Opportunität während der Krise.
Metro Österreich ist traditionell im Osten des Landes stark. Trifft Sie da die Tourismus-Katastrophe in Westösterreich nicht so stark?
Na ja – die Krise schlägt überall zu, und die Lage ist nun mal generell schlecht, speziell auch in Wien. Aber ich muss auch sagen, dass wir gerade jetzt gegenüber dem Mitbewerb Marktanteile gewinnen.
Warum?
Weil unser Cash- und Carry-Modell geschätzt wird. Außerdem haben wir in der Krise mit einer Ausweitung
des Lieferservices begonnen. Neben der österreichweiten Food-Service-Delivery-Lösung für Gastronomiekunden beliefern wir mit „Metro on tour“ jetzt auch alle anderen Kunden. Und gerade für die Kunden in der Gastronomie haben wir auch finanzielle Hilfe angeboten. Etwa in Form von Stundungen von Rechnungen für 60 oder 90 Tage.
Wie viel Prozent der Kunden nehmen das an?
Das sage ich aus Wettbewerbsgründen nicht. Aber wir waren die Einzigen, die das nicht nur versprochen, sondern auch umgesetzt haben. Das hat auch jenen gefallen, die das gar nicht in Anspruch genommen haben. Uns hat das neue Kunden und damit einen Wettbewerbsvorteil gebracht.
Sie machen rund 20 Prozent des Umsatzes abseits des Lebensmittelgeschäfts, etwa mit dem Verkauf von Gartenmöbeln, Geschirr und sonstigem Gastro-Zubehör. Wird das Geschäft nach dem Lockdown wie gewohnt weiter laufen?
Wir rechnen nicht sofort mit einer Rückkehr zur Normalität, haben entsprechend vorsichtig eingekauft. Trotzdem: Die Gastronomen werden auch weiterhin neue Ausstattungen brauchen.
C&C-Riese
Weltweit ist der Düsseldorfer Konzern in 34 Ländern
mit insgesamt 678 Standorten vertreten
50Jahre
Metro hat am 2. März 1971
seinen ersten Auslandsstandort in Österreich (in Wien-Vösendorf) eröffnet und betreibt hierzulande aktuell 12 Großmärkte
Xavier Plotitza
Der Franzose (50) ist seit November 2018 Metro-Österreich-Chef. Er ist seit 2006 im Konzern
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