Mercedes-Österreich-Chef fordert eine höhere Mineralölsteuer

Marc Boderke
Für Marc Boderke ist der Diesel alles andere als ein Auslaufmodell. Die Normverbrauchsabgabe NoVA hingegen schon.

Mercedes-Österreich-Chef Marc Boderke hat bei seinem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren angekündigt, hierzulande zu den deutschen Premiumherstellern BMW und Audi aufzuschließen. Audi konnte überholt werden, mit BMW liegt Mercedes nahezu gleichauf. Das ist aber eher auf die Schwächen der beiden Konkurrenten zurückzuführen, denn der eigene Marktanteil stieg bei Neuwagen kaum auf 4,8 Prozent und lag 2017 schon einmal höher.

KURIER: Wie lautet Ihre Interpretation der Zahlen?

Marc Boderke: Das war eine kleine Kampfansage und diese besteht weiterhin. Unsere gesetzten Maßnahmen haben durchwegs gegriffen. Wir hatten 2016 und 2017 kräftige Jahre, die Saat ist also aufgegangen. Es gibt natürlich immer wieder mal ein Unwetter, das über einen hinwegfegt und dann müssen sich die Halme wieder aufstellen. Das ist 2018 geschehen, wobei der gesamte heimische Automarkt mit massiven Herausforderungen zu kämpfen hatte. Das hat sich in einer Schwäche im Markt widergespiegelt.

Was war konkret die Herausforderung?

Die Umstellung auf den neuen Prüfzyklus WTLP hat speziell in Österreich negativ gewirkt. Grund ist die Co2-basierte NoVA (Normverbrauchsabgabe, Anm.). Bei dem neuen Messverfahren kommen höhere Co2-Werte heraus. Das ist eine zusätzliche Belastung für Autokäufer. Weiteres Problem ist, dass nun auch Sonderausstattungen miteingerechnet werden. Das führt zu Verunsicherung bei den Kunden. Trotz dieser Herausforderungen war 2018 aber das zweitbeste Jahr der Geschichte für Mercedes in Österreich nach 2017.

Und warum hat Mercedes Marktanteile verloren?

Für Mercedes-Benz kam im Großraum Wien eine spezifische Situation hinzu. Wir haben unser Händlernetz neu aufgestellt. So etwas bringt zunächst operative Probleme, mit denen wir aber gerechnet haben. Das war aber eine notwendige Investition in die Zukunft. Inzwischen entwickelt sich das Geschäft durchaus so, wie wir uns das vorstellen. Im Sinne der Kunden haben wir die Agilität verbessert. Insofern besteht weiterhin das Ziel, bis 2020 Nummer eins der Premiummarken zu werden.

Warum mussten Sie das Händlernetz restrukturieren?

Wir haben erkannt, dass wir ein Gleichgewicht suchen müssen zwischen Größe und Wettbewerb, damit unsere Handelsbetriebe wettbewerbsfähig bleiben können. Gibt es zu wenig Wettbewerb, ist das meist nicht gut fürs Geschäft. Der Osten Österreichs ist für uns ein sehr wichtiger Markt und dort hatten wir nur eine Organisation, der Kunde hatte mangels Wettbewerb keine Wahl zwischen mehreren Mercedes-Händlern. Gemeinsam mit unserem Handelsbetrieb, der auch nicht glücklich war über die eigene Agilität, sind wir zum Schluss gekommen, den Wettbewerb auf ein gesundes Maß zu bringen. Er darf auch nicht zu hoch werden, weil dann die Profitabilität unserer Partner leiden würde. Jetzt haben wir drei Händler (Wiesenthal, AV Hall und Direktvertrieb, Anm.).

Wie sind Ihre Erwartungen für das laufende Jahr?

Das Jahr hat so begonnen wie 2018 geendet hat. Wir sind davon ein bisschen überrascht, wir haben den Markt optimistischer erwartet.

Wie sehr spüren Sie die Zurückhaltung beim Diesel?

Es hat eine sehr geringfügige Verschiebung im niedrigen einstelligen Prozentbereich gegeben. Was wir mehr spüren, ist die Verunsicherung. Es gab früher gar keine Diskussion, ob es eine Alternative zum Diesel gibt. Verkäufer haben nun einen erhöhten Beratungsaufwand. In Österreich aber lenkt die NoVA Richtung Diesel, weil sie nach dem Co2-Ausstoß geht. Und der ist beim Diesel viel geringer als beim Benziner.

Ist damit die NoVA nicht kontraproduktiv?

Die NoVA ist ein Dinosaurier aus dem letzten Jahrtausend, auch was den Verwaltungsaufwand betrifft. Wenn man umweltpolitisch etwas tun will, muss der tatsächliche Verbrauch besteuert werden und nicht der Besitz. Würden die Einnahmen aus der NoVA komplett auf die Mineralölsteuer umgeschichtet werden, würde das die MöSt um drei Cent erhöhen. Das würde bei einer Jahresfahrleistung von 20.000 Kilometern im Jahr Mehrkosten von 42 Euro im Jahr bedeuten. Das ist kein großer Unterschied bzw. würden Kunden in vielen Fällen hier sogar sparen.

Haben Sie von der Regierung diesbezüglich etwas gehört?

Widersprüchliches. Meine Interpretation ist, dass die Regierung diskutiert. Mein Wunsch wäre, dass sie ihr Wahlversprechen umsetzt und das Steuersystem vereinfacht. Der Wegfall der NoVA wäre so eine Vereinfachung.

Sehen Sie aufgrund der vielen Debatten langfristig eine Zukunft für den Diesel?

Ja, ganz klar. Fahrverbote wie in Deutschland bringen eine Verunsicherung, wir sind davon aber überzeugt, dass die Regierung in Berlin darauf eine Antwort findet. Der Diesel ist nach wie vor das effizienteste Aggregat, gerade auf der Langstrecke und was den Co2-Ausstoß betrifft deutlich effizienter als der Benziner.

Und Elektroautos?

Sind ideal für Kurzstrecken. Wir gehen davon aus, dass 2025 weltweit ein Viertel aller Neuwagenverkäufe einen Elektroantrieb hat.

Ist das nicht zu optimistisch?

Die Gesetze setzen die Autoindustrie so unter Druck, dass sie zum Handeln gezwungen ist. Sie muss technologische Antworten auf die Co2-Vorgaben finden. Sie ist zum Erfolg verdammt.

 

Zur Person

Schon zu Zeiten seines Maschinen-bau-Studiums waren Autos und allen voran Mercedes („eine eigene Liga“) die Passion von Marc Boderke (51). Nach dem Studium ging sein Wunsch nach einem Job bei Mercedes in Erfüllung, u. a. in der Produktentwicklung. Danach leitete er das Produktmanagement der C-Klasse. 2008 wurde er Vice President Marketing in Kanada,  später bekleidete er dieselbe Position in Japan. Vor dem Wechsel nach Österreich leitete er Mercedes-Benz Schweden.

NoVA

Die Normverbrauchsabgabe NoVA gibt es seit 1992 und gilt als Nachfolgerin der Luxussteuer. Sie ist vom Co2-Ausstoß (Pkw, Kombi) je km oder vom Hubraum (Zweiräder) abhängig und wird als Prozentsatz vom Kaufpreis berechnet. Dabei gibt es einen Deckel von maximal 32 Prozent des Fahrzeugwerts. Allerdings erhöht sich die NoVA für jedes Gramm über dem Wert von 250g/km um 20 Euro. Die Abgabe wird bei Erstzulassung in Österreich fällig (auch bei importierten neuen oder gebrauchten Kfz).

Sie wird beim Verkauf des Fahrzeugs ins Ausland auf Antrag rückerstattet. Ausnahmen Elektroautos sind mangels Co2-Ausstoßes von der NoVA ausgenommen; ebenso Oldtimer (ab 30 Jahren), Taxis, Miet- und Fahrschulautos.

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