Mega-Skandal Meinl European Land (MEL) nach 14 Jahren abgeblasen
Seit 14 Jahren ist bei der Staatsanwaltschaft Wien ein komplexes Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Verantwortliche der Meinl Bank rund um den milliardenschweren Anlegerskandal Meinl European Land (MEL) anhängig. Es richtet sich gegen 14 Personen, die Meinl Bank und vier weitere Gesellschaften. Der Verdacht lautet u. a. auf schweren gewerbsmäßigen Betrug.
Nun kommt es zu einer brisanten Wende. Laut KURIER-Informationen hat die Staatsanwaltschaft Wien die Einstellung sämtlicher in der Causa MEL noch offenen Verwürfe beantragt. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien bestätigt auf Anfrage des KURIER lediglich, dass ein entsprechender Vorhabensbericht im Justizministerium liegt. Nicht bestätigt wird, dass sich der Bericht schon drei Monate im Ministerium befindet. Basis des Vorhabensberichts soll ein Gutachten eines namhaften Sachverständigen sein. Der sollte den genauen Schaden in der Causa MEL berechnen. Dem Vernehmen nach soll er aber zum Schluss gekommen sein, dass „kein Schaden exakt zu beziffern“ sei.
Der besagte Sachverständige - es handelt sich dabei NICHT um den renommierten Sachverständigen Martin Geyer* - wollte auf KURIER-Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte nur, dass der Vorhabensbericht noch nicht zurück ist.
Erdrückende Indizien?
„Die Einstellung mit der Begründung zu beantragen, es sei ein konkreter Schaden nicht errechenbar, ist mir unverständlich“, sagt Anlegeranwalt Wolfgang Haslinger. „Aus dem Strafakt ergibt sich eine erdrückende Indizienlage für eine Täuschung der MEL-Anleger in Millionenhöhe, zumindest ab März 2005.“
Vor vier Jahren haben die Ermittler der „Soko Meinl“ des Landeskriminalamts Niederösterreich in einem fast 900 Seiten starken Abschlussbericht festgestellt, dass der Schaden am effektiven Vermögen der Aktionäre 1,69 Milliarden Euro beträgt. Den Beschuldigten wurde Täuschung u. a. durch irreführende Werbung vorgeworfen.
Als Schaden wurde jener Kurs- bzw. Wertverlust errechnet, den rund 100.000 MEL-Anleger nach Platzen des Skandals Ende Juli 2007 erlitten haben. Damals kam ans Tageslicht, dass die MEL 88,81 Millionen eigene Wertpapiere, die am Markt nicht platziert werden konnten, mithilfe eines Investmentvehikels selbst gekauft hatte.
Die Anleger erfuhren erst nachträglich, im Sommer 2007, von diesem Rückkauf. Der MEL-Kurs brach ein.
Bei den bisherigen Verfahren gegen Julius Meinl & Co. hatte die Staatsanwaltschaft Wien kein glückliches Händchen. Ein Untreue-Verfahren wegen Ausschüttung einer Sonderdividende gegen Julius Meinl und drei Ex-Meinl-Banker musste im Frühjahr 2018 eingestellt werden. Ebenso ein Verfahren gegen Meinl und zwei weitere Personen, weil sie Personenschutzkosten (883.500 Euro) der Meinl Bank verrechneten. Die EZB hat der Privatbank, die sich in Anglo Austrian Bank umbenannte, Ende 2019 die Lizenz entzogen. Letztlich schlitterte die Bank 2020 in die Pleite.
Kid Möchel, Dominik Schreiber
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