Manner-Chef: "Ohne Gas keine Waffeln - können dann nur Teig verkaufen"
Andreas Kutil hat die Farbe gewechselt. Von Lila auf Rosa. Der ehemalige Mondelez-Manager (Milka Schokolade) ist seit März 2021 Vorstandschef des Wiener Süßwarenherstellers Manner. Ein Gespräch über Palmöl, den Vorwurf von Mogelpackungen bei seinen Schnitten und Gas-Notfallpläne für den kommenden Winter.
KURIER: Mannerschnitten sind untrennbar mit Haselnüssen verbunden. Explodieren die Preise für diese im Gleichschritt mit gefühlt allen Rohstoffen? Andreas Kutil: Nein, da sind die Preise eigentlich relativ stabil. Rund 60 Prozent der weltweiten Haselnüsse liefert ja traditionell die Türkei. Um weniger von einem Land abhängig zu sein, wollen wir uns breiter aufstellen. Wir sind jetzt Bauern. In Aserbaidschan.
Klingt spannend, aber gibt es auch schon etwas zu ernten?
Vor vier Wochen hat ein Kollege die erste Haselnuss von unserer 320 Hektar großen Plantage mitgebracht. Zumindest hat er behauptet, dass sie von dort ist (lacht). Im ernst: Die erste nennenswerte eigene Ernte werden wir 2024 haben. Ein Drittel bis zur Hälfte der Bäume sind gesetzt, war eine echte Herausforderung.
Zum Beispiel?
Plötzlich waren keine Bambusstäbe erhältlich, die brauchen wir aber für die neu gesetzten Bäume, sonst werden sie beim erstbesten Wind ausgerissen. Apropos Schutz – wir haben jetzt drei Hunde auf der Plantage, die die Schakale fern halten. Eine spannende Sache, das Projekt. Beschaffungsprobleme hatten wir aber weniger bei den Haselnüssen, als bei Lecithin aus Soja oder Sonnenblumen.
Wofür brauchen Sie das?
Als Emulgator, zum Beispiel für Haselnusscremen. Es geht zwar um Minimengen an Lecithin, aber wenn man sie nicht bekommt, wird es existenzbedrohend, weil die ganze Produktion steht. Wir konnten es gerade noch bekommen, mit unglaublichen Preisaufschlägen.
Apropos Minimenge und Preis. Manner wurde wegen Irreführung verurteilt, weil in der Mozart-Mignon-Schnittenpackung nur 300 Gramm drin sind, in anderen, vergleichbar großen Packungen aber 400 Gramm.
Wir haben berufen. Ich sehe hier keine Irreführung, weil ja auf allen vier Seiten der Packung groß steht, dass da nur 300 Gramm drin sind.
Warum nicht 400 wie in den anderen Packungen?
Weil die Rezeptur anders ist. Wir könnten es uns schlicht nicht leisten, zu diesem Preis 400 Gramm zu verkaufen. Es ist eine ärgerliche Geschichte, dass wir deswegen am Pranger stehen.
In bester Gesellschaft mit Haribo und Co, die ebenfalls Packungen verkleinern ...
Es gibt zwei Möglichkeiten, auf steigende Rohstoffpreise zu reagieren. Entweder man erhöht den Preis oder man verkleinert den Inhalt der Packung. Nichts davon ist illegal. Wir haben die Packung gar nicht verkleinert, sie war bei diesem Artikel nie größer. Mit Shrinkflation, also der Reduktion des Inhalts bei gleichbleibenden Preis, hat das also gar nichts zu tun.
Wien und Wolkersdorf
In der Produktion in Wien (Waffeln, Kekse, Biskotten, Lebkuchen) sind 400 MitarbeiterInnen beschäftigt, im Werk im niederösterreichischen Wolkersdorf (Casali Schokobananen und Rumkugeln, Napoli Dragee Keksi, Victor Schmidt Mozarkugeln, Ildefonso) sind es 260. Insgesamt gibt es 800 Beschäftigte im Unternehmen
239,43 Millionen Euro Jahresumsatz
hat Manner im letzten Geschäftsjahr ausgewiesen
Manner Schnitte
Die Schnitte wurde 1898 erstmals als "Neapolitaner Schnitte No. 239" urkundlich erwähnt. Format und Grundrezeptur haben sich seit damals nicht geändert.
Bruchware wird in den Werksgeschäften verkauft, die verfügbare Menge schwankt.
Palmöl wird immer wieder kritisiert, ist aber auch in Ihren Produkten enthalten. Wird sich das ändern?
Ich weiß nicht, warum bei dem Thema immer die Lebensmittelindustrie am Pranger steht. Drei Viertel der nach Europa importierten Palmöle landen gar nicht in der Lebensmittelindustrie, sondern im Biodiesel. Wir können Kokos- und Palmfett nicht leicht ersetzen. Es gibt keine Alternativen, die bei Zimmertemperatur streichfähig sind.
Apropos Produktion. Fürchten Sie sich auch vor Energieknappheit und Produktionsstopps im Winter?
Wir sind in der Produktion heute zu 85 Prozent von Gas abhängig. Unsere Krisengruppe hat Pläne erstellt, wie wir diese Abhängigkeit mit Öl und Strom auf 50 Prozent reduzieren können. Vorausgesetzt, diese Alternativen sind verfügbar und leistbar.
Und wenn nicht?
Es gibt keine Öfen, die ohne Gas funktionieren. Also ohne Gas, keine Waffeln. In dem Fall können wir den Kunden nur den Teig verkaufen.
Spüren Sie auf der Verkaufsseite noch das Ausbleiben von Touristen?
Das Ausbleiben der Asiaten und US-Amerikaner sehen wir vor allem beim Absatz der Mozartkugeln. In unseren eigenen Shops machen wir heuer zwar doppelt so viel Umsatz wie im Vorjahr, sind aber noch immer 15 Prozent unter dem Vorkrisenniveau.
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