Handel: Billa-Vorstand zu Mogelpackungen und überzogenen Preisen
Erich Szuchy, Einkaufsvorstand von Billa und BillaPlus, wehrt sich „gegen die Dämonisierung des Handels“ und ärgert sich über Mogelpackungen im Supermarkt.
KURIER: Lebensmittellieferanten stöhnen unter den aktuellen Preisverhandlungen. Der Handel spiele seine Marktmacht aus und dabei sich selbst als Robin Hood der Konsumenten auf ...
Erich Szuchy: Jetzt reiten die Standesvertreter der Industrie wieder aus und beginnen mit der alten Dämonisierung des Handels. So etwas gehört doch in die Mottenkiste. Ich würde mir weniger Polemik in der Preisdiskussion wünschen.
In Österreich teilen sich vier Konzerne 90 Prozent des Marktes untereinander auf. Da kann man eine gewisse Marktmacht nicht wegdiskutieren, oder?
In anderen Ländern ist die Quote nicht gravierend geringer. Wir haben uns die Marktanteile nicht im Raubrittertum verdient. Der Kunde entscheidet mit seinen Kaufakten, wer wie groß wird. Das sehen Sie in allen Branchen – von Amazon bis Netflix. „The winner takes it all“, ob es einem gefällt oder nicht. Apropos Marktmacht. In Produktkategorien wie Tierfutter, Soft- oder Energydrinks ist sie deutlich höher als im Lebensmitteleinzelhandel. Ich nehme das zur Kenntnis, ohne darüber zu lamentieren. Das heißt nicht, dass wir unverschämte Preisforderungen durchwinken.
„Unverschämt“ ist hier wohl eine Definitionssache, oder?
Wir sehen, dass ein und derselbe Industriekonzern in Österreich drei, vier Prozent mehr fordert als zum Beispiel in Frankreich. Obwohl die Produkte in beiden Ländern gleich sind, will man in Österreich ein paar Prozentpunkte mehr. Argumentiert wird von der Industrie dann gern, dass der Markt das schon verträgt. Sprich, die KonsumentInnen schon zahlen werden.
Hatten Sie deswegen Babynahrung von Danone ausgelistet?
Wir haben sie nicht ausgelistet, Danone hat uns zwischenzeitlich nicht damit beliefert, weil wir die geforderten Preiserhöhungen nicht durchgewunken haben. Aus besagten Gründen.
Ein Einzelfall?
Nein, bei mehr als 20.000 Artikeln im Sortiment sind Nichtbelieferungen kein Einzelfall mehr. Bemerkenswert ist, dass es Konzerne gibt, die offen sagen, dass sie lieber auf ein paar Millionen Österreich-Umsatz verzichten, als uns zu erklären, warum in Deutschland die Preissteigerung deutlich geringer als in Österreich ausfallen soll.
Zur Person
Erich Szuchy ist seit Juli 2020 im Rewe-Vorstand, u. a. für den Einkauf verantwortlich. Er war Mitglied der Geschäftsleitung BILLA CEE und Vorstand von Billa Bulgarien sowie mehr als 15 Jahre lang in leitenden Funktionen bei Billa, Merkur und im Zentraleinkauf tätig
Zur Handelsgruppe
Der deutsche Rewe-Konzern ist mit den Vertriebsschienen Billa, Billa Plus, Penny, Adeg, Bipa und Rewe Austria Touristik in Österreich vertreten. Der Bruttoumsatz betrug im abgelaufenen Geschäftsjahr 9,21 Mrd. Euro
Von wem reden Sie jetzt?
Von einem Süßwarenhersteller, der damit wirbt, dass er Kinder froh macht. Und Erwachsene ebenso.
Haribo wäre mir bei Billa noch nicht abgegangen ...
Noch laufen die Gespräche.
Haribo wurde auch wegen Mogelpackungen an den Pranger gestellt. Also gleicher Preis, weniger Inhalt. Ist das gerade groß in Mode?
Das wird insbesondere jetzt wieder mehr. Im Chipsregal kommt das häufiger vor. Es gibt einen Produzenten von Stapelchips, der sich auf diesem Gebiet historisch schon immer hervorgetan hat. Das halte ich für unehrlich. Dem stehen wir kritisch gegenüber. Ich glaube, Konsumenten verstehen, dass Dinge teurer werden.
Produzenten sagen, Shrinkflation ist der einzige Weg, wenn Preiserhöhungen nicht durchgehen ...
Preisfindung ist ein komplexes Thema, viele Produzenten waren sorglos bei der Rohstoff- und Energiebeschaffung. Dafür können jetzt nicht die Kunden bezahlen. Wer energieintensiv produziert, muss den Energiepreis absichern und sollte nicht spekulieren. Das haben viele getan und stehen jetzt vor explodierenden Preisen. Diese kann man nicht im Panikmodus an Konsumenten weiterreichen.
Händler pochen angeblich auf Spannenneutralität: Egal, was ein Produkt kostet, sie wollen nicht weniger dran verdienen. Stimmts?
Wir sind als Kaufleute angehalten, Ertrag abzuliefern. Ein Blick in unsere Geschäftsberichte zeigt aber, dass wir von den Gewinnmargen der Industrie nur träumen können.
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