Als Land Österreich können wir uns das sicher leisten, weil wir ein sehr guter Schuldner sind und keine Schwierigkeiten haben, unsere Staatsschulden-Papiere zu platzieren. Aber je stärker wir eingreifen müssen, je höher die Defizite und die Schulden sind, desto kritischer wird es, weitere Rettungspakete zu schnüren. Andererseits: Wenn man es nicht machen würde, wären die Schäden kurzfristig wohl noch höher. Man müsste sich wahrscheinlich auch, wenn unbedingt nötig, einen dritten Lockdown noch leisten, weil es wenige gute Alternativen gibt.
Das Defizit im Budget für 2021 wird immer wieder nach oben korrigiert. Woran liegt das?
Ein Budget ist immer nur eine Prognose und kann nicht sämtliche Szenarien berücksichtigen. Natürlich ist die Lage sehr unsicher, und das betrifft auch die Prognosen. Die Kosten von Lockdowns kann man recht gut voraussagen, andere Dinge nicht. Ist es nötig weitere Einschränkungen vorzunehmen, um die Infektionsgefahr in den Griff zu bekommen? Das kann man nicht prognostizieren. Deshalb werden Zahlen immer wieder angepasst. Abweichungen in beide Richtungen sind möglich. Das zweite Halbjahr 2021 könnte auch positiver ausfallen als erwartet, falls im Frühjahr ein Impfstoff kommt.
Für wie treffsicher und verteilungsgerecht halten Sie die Corona-Hilfen?
Sie sind in dem Sinn sehr treffsicher, dass wir nur wenige Effekte einer sehr tiefen wirtschaftlichen Krise gesehen haben. Am Arbeitsmarkt sehen wir ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit, aber bei weitem geringer, als es der Fall wäre, wenn es keine Kurzarbeitsmodelle gäbe. Im Unternehmensbereich sehen wir, dass es dieses Jahr bis zu 30 Prozent weniger Insolvenzen gab als 2019. Aber werden die richtigen gefördert? Wie schaut die Verteilungswirkung aus? Da wissen wir noch ein bisschen zu wenig. Ich glaube, dass es ein sehr ausgewogenes Paket war, aber dass man in vielen Bereichen im Einzelfall auch andere Entscheidungen hätte treffen können.
Kuriose Beispiele gibt es beim Umsatz-Ersatz. Das Wettlokal bekommt im aktuellen Modell 80 Prozent ersetzt, die Blumenhandlung maximal 60 Prozent. Ist das fair?
Naturgemäß wird es bei Wirtschaftshilfen in so großem Umfang immer zur Unfairness kommen. Siehe Kurzarbeitsgeld: Es gibt Leute in Kurzarbeit, die fast die gleiche Entschädigung bekommen wie Leute, die zu 100 Prozent arbeiten müssen. Diese Unfairness ist inhärent. Die Frage ist: Hätte man sachgerechte Lösungen finden können, die weniger Unfairness generieren? Beim Umsatz-Ersatz war wichtig, dass die Auszahlung schnell umgesetzt werden kann. Wenn man sich für so ein Modell entscheidet, muss man diese Unschärfen in Kauf nehmen.
Die Hacklerregelung wird abgeschafft und durch den sogenannten Frühstarterbonus ersetzt. Eine Pensionsreform im Sinne des IHS?
Meine Präferenz wäre gewesen, die Hacklerregelung auslaufen zu lassen und sie nicht durch eine andere Ad-hoc-Maßnahme zu ersetzen. Man hätte das Geld einfach nutzen sollen, um im System Stabilität für die Zukunft zu schaffen. Ich glaube, es wäre wichtig für das Pensionssystem, sich nachhaltig Gedanken zu machen über die Höhe, die Jahre und die Abschläge, um es möglichst fair und transparent zu gestalten.
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