WKO-Präsident Mahrer wütend: "Bürokratiemonster quält unsere Betriebe"
Seit Ende März müssen Dienstverträge beziehungsweise Dienstzettel für neue Mitarbeiter zusätzliche Daten beinhalten, was für die Betriebe beträchtlichen Mehraufwand bedeutet.
Konkret wurden die gesetzlichen Mindestinhalte erweitert. Dienstverträge müssen künftig unter anderem eine detaillierte Beschreibung der zu erbringenden Arbeitsleistung, Hinweise zur Vergütung der Überstunden oder Details zum Kündigungsverfahren enthalten.
Das bringt mehr Transparenz für Arbeitnehmer, aber natürlich auch einen erhöhten Bürokratieaufwand im Unternehmen.
Nur ein Beispiel von sicherlich vielen.
In diesem Zusammenhang wünschen sich Österreichs Betriebe eine stabile Politik, mehr Wirtschaftsbildung an den heimischen Schulen, weniger Steuern und geringere Lohnnebenkosten, aber in aller erster Linie einen Abbau überbordender Bürokratie. Das ist das zentrale und durchaus überraschende Ergebnis einer aktuellen Market-Umfrage unter rund 1000 Unternehmen. Auftraggeber ist die Wirtschaftskammer Österreich.
Wo es um markante Beispiele geht, spannt Kammerpräsident Harald Mahrer einen breiten Bogen vom Arbeits- bis zum Steuerrecht und von nationalen Regelungen bis zum EU-Lieferkettengesetz. Es sei etwa in der Gastronomie kaum einsehbar, dass mittels elektronischer Registrierkassa jeder Umsatzeuro auf den Cent genau bekannt sei, die Finanz aber keine großzügigeren Pauschalierungsregeln im Steuerrecht zustande bringe. Oder warum man Reinigungspersonal daran erinnern müsse, dass Putzmittel nicht zum Trinken gedacht seien.
Mahrer sagt im Gespräch mit dem KURIER: „Da muss man mit dem Kärcher reingehen. Man sieht bei der Umfrage sehr klar, wie das Bürokratiemonster unsere Betriebe quält. Vor zehn bis 15 Jahren waren die Regierungen noch Ultra-Spezialisten beim Gold-Plating. Das ist besser geworden, aber wir brauchen dennoch dringend einen Bürokratie-Stopp.“
Unter den Top-3-Themen, die nach Ansicht der heimischen Unternehmen Österreichs Wirtschaft in den nächsten drei Jahren voranbringen würden, rangiert "weniger Bürokratie" mit 88 Prozent an erster Stelle. Schlüsselt man einzelne Maßnahmen näher auf, finden sich noch immer sieben der zehn wichtigsten Impulse aus dem Bereich Bürokratieabbau.
Die Unternehmen wollen "praxistauglichere Sorgfalts- und Berichtspflichten in Hinblick auf Nachhaltigkeit", einen Abbau bürokratischer Form- und Meldepflichten, raschere Bewilligungs- und Genehmigungsverfahren oder Vereinfachungen im Arbeitsrecht. Die Liste ist wirklich lang, vor allem auch der damit verbundene Zeitaufwand. Pro Woche braucht ein Ein-Personen-Unternehmen im Durchschnitt fast einen halben Arbeitstag nur zum Erledigen aller bürokratischen Vorgaben. In einem Mittelbetrieb summiert sich der Aufwand auf 19,3 Stunden, das sind 2,5 Arbeitstage.
Großes Misstrauen eingenistet
Dazu Kammerpräsident Mahrer: „Da hat sich bei den Behörden offenbar ein grundlegendes Misstrauen gegenüber Bürgern und Unternehmen eingenistet nach dem Motto, jeder ist ein potenzieller Verbrecher, jeder ein potenzieller Steuerhinterzieher. Da geht es mehr und mehr in Richtung Total-Überwachung. Da darf man sich nicht wundern, wenn auch bei uns dem einen oder anderen das Häferl bei dieser Bürokratiewalze übergeht.“
International heiße es daher über Europa immer öfter: „Ihr nehmt euch ja selbst aus dem Geschäft.“ Mahrer nennt Arbeitskosten, die Kosten für die Energie und eben für behördliche Auflagen wie überschießende Geldwäsche-Richtlinien oder lähmende Dokumentationspflichten.
Letztlich gehe es um eine ganze Kaskade, denn der Gesetzgeber würde Banken, Sozialversicherungen etc mit immer neuen Vorschriften „quälen“, so Mahrer. „Und die Banken quälen dann wieder die Bürger und Unternehmen, damit sie selbst alles erfüllen können. Das ist alles ein Wahnsinn. Damit müssen wir endlich abfahren.“
Kommentare