Lufthansa nimmt Tochter AUA an die kurze Leine

AUSTRIAN AIRLINES AG (AUA) - 36-STÜNDIGER STREIK DES BORDPERSONALS
Der Luftfahrtkonzern verpasst sich eine neue Organisationsstruktur. Künftig werden wichtige Aufgaben der Fluglinien AUA, Brussels, Swiss und Lufthansa zentral von neuen Gremien in Frankfurt gesteuert.

Die deutsche Lufthansa-Gruppe, zu der die Austrian Airlines (AUA), die Brussels Airlines und die Swiss gehören, verpasst sich eine neue Organisationsstruktur. Das sorgt für Turbulenzen. So sollen ab dem nächsten Jahr die Töchter Aufgaben wie die Steuerung des Angebots, des Netzes und des Vertriebs an die Konzernzentrale in Frankfurt abgeben. Zuerst hat das deutsche Handelsblatt darüber berichtet.

In Zukunft sollen vier „Group Function Boards“ die Bereiche Flughafen-Drehkreuze, Technologie, Personal und Finanzen managen. Die einzelnen Airlines sollen künftig nur noch dafür verantwortlich sein, was die Passagiere an Bord betrifft.

Kritiker sprechen von einer Entmachtung des Managements der einzelnen Fluglinien. Der Luftfahrtberater Gerald Wissel sagte zum Handelsblatt, es passe „einfach nicht zusammen, dass der CEO einer Gruppen-Airline für Umsatz und Gewinn zuständig ist, aber gleichzeitig nicht mehr allein über Flotte, Flugplan und Preisgestaltung entscheiden darf“. So würden die Lufthansa-Töchter an Einfluss verlieren, weil die „einzelnen Airlines nur noch Produktionsplattformen sein werden“.

Heftiger Widerspruch

Dem widerspricht die AUA heftig. „Das stimmt nicht. Es war vorher nicht so und wird künftig auch nicht so sein. Es ist eine kollaborative Zusammenarbeit. Aber am Ende entscheidet die Lufthansa“, sagt AUA-Sprecherin Barbara Greul im Gespräch mit dem KURIER. „Sinn und Zweck ist es, dass man sich abstimmt. Deshalb gibt es dazu verschiedene Gremien und in diesen Gremien sitzt auch der Austrian-Airlines-Vorstand und spricht mit.“ Nachsatz: „In dieser Art und Weise arbeiten wir in der Lufthansa-Group bereits seit 2016 zusammen.“ Nach zehn Jahren habe man nun die Organisation weiterentwickelt. Die vier Group Function Boards gab es aber zuvor noch nicht.

„Es ist gängige Praxis, dass man sich in der Lufthansa-Gruppe über die Strecken abstimmt. Es wäre ja blöd, wenn alle vier Konzern-Airlines zur selben Zeit in denselben Ort fliegen würden“, sagt Greul. „In Zukunft wird die Netzwerkplanung, also wo welche Airline hinfliegt, der Konzern entscheiden. Für die Langstrecke war es auch schon bisher so. Es werden weiter Netzwerkplaner bei uns arbeiten, weil wir sie trotzdem brauchen.“ Im Endeffekt sei die ganze Umstrukturierung Erfolg versprechend.

Keine Entmachtung

Auch bleibe Annette Mann AUA-Vorstandsvorsitzende. „Sie ist in diesen Gremien vertreten, trägt das mit und sieht das sehr positiv“, sagt die AUA-Sprecherin. „Ein Vorstandswechsel ist überhaupt nicht vorgesehen.“

„Es ist keine Entmachtung des Managements der AUA. Es geht um die Optimierung des Konzerns. Die Langstrecke wird für alle Airlines schon lange in Frankfurt koordiniert“, sagt Luftfahrtexperte Kurt Hofmann zum KURIER. „Die Netzwerkplanung, der einzelnen Fluglinien, gibt es in Wien genauso wie in Zürich. Die arbeiten künftig verstärkt mit Frankfurt zusammen, damit man auf der Kurz- und Mittelstrecke effizienter unterwegs ist.“ Nachsatz: „Der interne Wettbewerb in der Lufthansa-Gruppe soll so reduziert werden.“ Jede Airline soll jene Strecken fliegen, die das Optimum für die Gruppe bringen. „Man teilt sich mehr und mehr auf, wer was fliegt“, sagt der Experte. So sollen Doppelgleisigkeiten abgeschafft werden.

Lufthansa zu schwerfällig

„Die Lufthansa-Gruppe muss effizienter werden, weil sie schwerfällig ist“, sagt Hofmann. Dazu kommt, dass auch die italienische ITA in den Lufthansa-Konzern integriert werden muss. „Wer am meisten Geld verdient, hat auch das meiste Mitspracherecht“, sagt der Experte. „Die Swiss verdient mehr Cash als die Lufthansa selber. Die AUA verdient weniger Cash, daher wird ihr Mitspracherecht weniger ausgeprägt sein.“

Kritik der Gewerkschaft

Indes gibt es Kritik seitens der Gewerkschaft. „Die Republik Österreich hat in der Corona-Krise die Arbeitsplätze in der AUA mit Hunderten Millionen Euro gerettet und sie hat die Chance, ein Mitspracherecht zu bekommen, nicht genutzt“, sagt Daniel Liebhart von der Bordpersonal-Gewerkschaft vida. „Als Dank dafür bekommt die Lufthansa noch mehr Kompetenzen. Damit werden wahrscheinlich auch Arbeitsplätze nach Frankfurt abwandern.“ Nachsatz: „Je mehr Entscheidungskompetenzen in Wien bleiben, desto besser ist es.“

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