Im Klartext: Das Schließen der Geschäfte, das Herunterfahren der sozialen Kontakte soll und muss Menschenleben retten, indem Spitäler und Intensivstationen nicht überlastet werden. Das Schließen der Geschäfte bis auf die Grundversorgung soll und muss sicher stellen, dass das Weihnachtsgeschäft und die Wintersaison nicht völlig den Bach hinunter gehen. Dann wäre jeder Hilfseuro gut investiert.
Wie viel das alles verschlingt? Nur ein Beispiel:
Für im November geschlossene Betriebe in der Gastronomie oder bei Sport- und Kultur-Veranstaltern gibt es den mit 800.000 Euro gedeckelten 80-prozentigen Umsatzersatz. Dafür hat Finanzminister Gernot Blümel zwei Milliarden Euro reserviert.
Muss jetzt der gesamte Handel mit Ausnahme der Lebensmittelgeschäfte schließen und müssen Tausende Dienstleister wie beispielsweise Friseure zusperren, wird es viel, viel teurer – für alle. Die Kosten zu beziffern, wäre derzeit unseriös, sagt auch das Finanzministerium. Möglich ist freilich, dass der Umsatzersatz im Handel auf 40 Prozent beschränkt wird, um die Kosten nicht explodieren zu lassen.
Enorm teuer für Staat und Steuerzahler wird es dennoch. Dann nämlich, wenn auch vom Handel abhängige Lieferanten – vom kleinen Bio-Landwirt bis zum großen Lebensmittelfabrikant – entschädigt werden. Eine Idee lautet: Kann ein Betrieb nachweisen, dass er zu mehr als 80 Prozent von einem geschlossenen Geschäftspartner abhängig ist, soll er den Umsatzersatz erhalten. In Deutschland wurde es so gemacht.
Doch dem nicht genug: Kommt die Schließung der Schulen und Kindergärten hinzu, schlägt man dem Fass wohl endgültig den Boden aus. Zwei Milliarden Euro hat das Institut für Höhere Studien kürzlich an Kosten für Schulschließungen genannt.
Was das alles an höheren Staatsschulden, dramatischer Arbeitslosigkeit und fehlenden Steuereinnahmen bedeutet, ist näherungsweise an den Prognosen der Wirtschaftsforscher abzulesen.
Im Jänner stand da noch überall ein kleines Plus, dann kamen aus China die ersten Nachrichten vom neuartigen Virus und es ging steil bergab.
Der KURIER hat mit den Top-Ökonomen von Wifo, IHS und der Industrie gesprochen. Der Tenor ist überall derselbe, mit mehr oder weniger Rest-Optimismus garniert: Die Rezession verschärft sich nochmals von rund sechs in Richtung acht, vielleicht sogar zehn Prozent. Die Arbeitslosigkeit bleibt extrem hoch, die Staatsschulden explodieren. Und 2021? Da hängt fast alles von der Verfügbarkeit des erhofften Impfstoffs ab.
Mehr ins Detail gehen will noch niemand, kann auch noch niemand. In Erinnerung bleibt ein Zitat Blümels aus dem März, der die Woche für Woche sinkenden Prognosewerte bedauerte und im Parlament sagte: „Und dann hab’ ich die Budgetrede in den Mistkübel geschmissen.“ Seither wurde es mit Ausnahme der Sommermonate meist nur noch schlechter.
Am Freitag verschickte die Nationalbank eine Analyse, wonach der November-Lockdown bisher weniger schlimm sei, als jener im März/April. Wenig später sickerten erste Details durch, wo und was jetzt wirklich alles verschärft werden soll. Das Notenbank-Papier war in der Sekunde veraltet.
Eine Parallele zum März/April drängt sich dennoch auf: Kostete der erste Lockdown bislang 25 Milliarden, so wird der zweite kaum günstiger werden. Reden wir also von 50 Milliarden? Wird es mehr? Kostet es tatsächlich, was es wolle? Das bleibt notgedrungen Spekulation. Die gute Nachricht ist, es muss bald besser werden.
Wenn der Brexit überstanden ist, wenn Joe Biden endlich im Weißen Haus sitzt, wenn der Impfstoff da ist und wenn auch Konsum und Investitionen anspringen, dann, ja dann steht dem Aufschwung 2021 nichts mehr im Weg.
Berufsoptimist Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, ist sich da ganz sicher: „Der Aufschwung kommt und man sollte ihn in seiner Stärke nicht unterschätzen.“
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