Wenn man die Handelsketten aufruft, ihre günstigsten Angebote dieser Kategorien zu melden, würden sie ziemlich treffsicher ihre Billigmarken ins Schaufenster stellen. Also jene Marken (bei Billa clever, bei Spar s-Budget), die zu Kampfpreisen in den Markt gedrückt werden – meist verknüpft mit der Ansage, dass man bei einem Kauf bei der Konkurrenz sicher nicht billiger davonkommt. So weit, so gut. Zumindest für die Konsumenten.
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Bumerang für heimische Landwirtschaft
Volkswirtschaftlich gesehen kann eine solche Vorgehensweise aber schnell zum Bumerang für die heimische Landwirtschaft werden. Diese ist bekanntlich kleinstrukturiert und kann preislich oft nicht mit den Großbetrieben aus Deutschland oder Polen mithalten. Im Preiseinstiegssegment spielen sie damit eine Nebenrolle. Und die Transparenzdatenbank soll keinen Verdrängungswettbewerb von qualitativ hochwertigen Produkten in Gang setzen, betont auch Wirtschaftsminister Kocher. Wohl auch auf Druck der Händler.
Denn hinter vorgehaltener Hand stellen diese der Politik längst die Rute ins Fenster. Der Ärger in der Branche ist groß. Einerseits würden die Bauernvertreter einfordern, dass heimische Ware in die Regale geschlichtet wird und dafür ordentliche Preise gezahlt werden. Andererseits würde der Landwirtschaftsminister dann im Schulterschluss mit dem Sozialminister anprangern, dass in Österreich die Preise höher sind als in Deutschland, giften sich Handelsvertreter. Wer nach Tiefpreisen ruft, rufe eben nach ausländischer Ware, heißt es.
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Eine Warnung, die in den Expertenkreisen zum Thema Transparenzdatenbank angekommen scheint. Nachgedacht werde jetzt darüber, statt einzelner Tiefpreise besser „einen oder mehrere Warenkörbe abzubilden“, sagt Kocher. Also etwa „typische Warenkörbe von Pensionisten oder Studenten“, die auch Bio-Ware enthalten können. Eine Entscheidung darüber stehe aber noch aus.
"Wir legen ja keine Höchstpreise fest"
Offen ist auch, wie viele Produkte des täglichen Bedarfs an die Datenbank gemeldet werden sollen. Kocher spricht von einer zweistelligen Zahl, "ob es 20 oder 50 sind, muss man sich noch anschauen". In Ungarn hat die Politik, wie berichtet, mit staatlich verordneten Höchstpreisen auf diverse Grundnahrungsmittel genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie wollte. Um unter dem Strich nicht weniger zu verdienen, haben die Lebensmittelhändler nämlich schlicht auf Produkte ohne Preisdeckel die Marge erhöht. Am Ende des Tages sind die Lebensmittelpreise um rund 45 Prozent in die Höhe geschossen. Dass das auch in Österreich passieren könnte, schließt Kocher aus. "Wir legen ja keine Höchstpreise fest, sondern reden hier von einer Transparenzdatenbank. Da sehe ich die Gefahr als gering an."
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Ungeklärt auch die Frage, an wen die Händler die Preise überhaupt melden sollen. Am ehesten komme das Ministerium oder die Bundeswettbewerbsbehörde in Frage und in jedem Fall braucht es noch eine entsprechende Verordnung bzw. eine gesetzliche Grundlage. Realistisch ist damit ein Start im Herbst.
Ruf nach Mehrwertsteuer-Senkung
Der Ruf nach einer Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel, wie erst am Wochenende wieder von den Grünen gefordert, verhallt in den Entscheidungsgremien des Koalitionspartner weiter ungehört. Zu wenig treffsicher, lautet das Argument.
Zwar würden die unteren Einkommensgruppen relativ gesehen mehr von ihren Haushaltsbudgets für Lebensmittel ausgeben, doch Besserverdiener kaufen letztlich teureres Essen und würden absolut gesehen überproportional von der Maßnahme profitieren. Wirtschaftsminister Kocher: „Aus meiner Sicht gibt es bessere Möglichkeiten als eine Mehrwertsteuersenkung. Aber niemand kann ausschließen, was in den nächsten Monaten passiert.“
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