Lebensmittel-Preise: Wifo-Experte warnt vor "Schnellschuss"

Lebensmittel-Preise: Wifo-Experte warnt vor "Schnellschuss"
Der kurzfristige Effekt einer Transparenzdatenbank für Preise wäre "wohl vergleichsweise gering", sagt Wifo-Ökonom Michael Böheim.

Kommende Woche soll es konkret werden. Dann will Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) "Vorhaben der Regierung im Bereich Preistransparenz" präsentieren. Das verkündete er am Freitag nach einem Treffen mit Wettbewerbsökonomen und der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Die Gespräche dauerten rund eine Stunde. Um konkrete Maßnahmen ging es dabei noch nicht. Bekannt ist: Die Regierung will eine Möglichkeit schaffen, dass Konsumenten Preise von Lebensmitteln verschiedener Anbieter vergleichen können.

Was sagen die Experten? "Eine Preistransparenzdatenbank müsste wirklich einen konkreten Nutzen für die Konsumentinnen und Konsumenten stiften", sagt Wifo-Experte Michael Böheim zum KURIER, der am Termin teilnahm. Das sei nur sinnvoll, wenn Konsumenten eine ihren Einkaufsbedürfnissen entsprechende breite Produktpalette möglichst einfach miteinander vergleichen könnten – etwa über eine übersichtliche App.

Weiter lesen Sie:

  • Wie die Daten für die Konsumenten nutzbar gemacht werden können
  • Was die Bundeswettbewerbsbehörde zu tun hat
  • Wie schwer die Fiskalpolitik wiegt

"Effekt wohl gering"

„Absolute Grundvoraussetzung ist eine umfassende Datenbasis. Dafür müsste man klären, wer die Daten zur Verfügung stellt, wie man sie in die Datenbank einpflegt, respektive wer die Produkte kategorisiert“, sagt Böheim, der sich dezidiert gegen „einen Schnellschuss“ ausspricht. Zuerst müsse man Kosten und Nutzen genauestens analysieren, denn der Aufwand für ein solches Projekt sei erheblich – und der kurzfristige Effekt auf die Preise wohl vergleichsweise gering.

Klar sei, betont Böheim: „Die Wettbewerbspolitik kann Verfehlungen von Geld- und Fiskalpolitik nicht gänzlich egalisieren.“ Der Ökonom plädiert zudem dafür, dass Transparenzpflichten dann auch für andere Produkte und Dienstleistungen gelten müssten – nicht nur für Lebensmittel.

Zentrale Rolle für BWB geplant - aber wie?

Weniger schwierig – als die vermutlich sehr teure Datenbank – dürfte die technische Aufbereitung für die Konsumenten sein. Vorzeigebeispiele für passende Apps gäbe es in Israel oder auch Deutschland. Parallel zur Datenbank soll zudem die BWB künftig eine zentrale Rolle bei der Marktregulierung einnehmen. Wie genau? Das ist noch offen.

Die Regierung hat am Mittwoch einmal angekündigt, die BWB personell zu verstärken – um vorerst zehn auf dann rund 60 Planstellen. Reicht das Personal für die neuen Aufgaben? Die BWB zähle zu "den kleinsten Wettbewerbsbehörden in der EU", bei vergleichsweise vielen Kompetenzen, heißt es von der BWB auf KURIER-Anfrage am Donnerstag. Die „Verstärkung“ begrüße man, diese sei aber schon früher nötig gewesen.

 Hohe Preise: Lesen Sie hier, was sich jetzt konkret ändern soll

Zudem ist unklar, welche zusätzlichen Aufgaben die BWB dann übernehmen soll. Vorstellbar wäre das deutsche Modell. In Deutschland wurden in der letzten Kartellrechtsnovelle marktstarke Unternehmen verpflichtet, Zusammenschlüsse mit kleineren Zielunternehmen auch dann anzumelden, wenn diese weniger als 17,5 Millionen Euro Umsatz in Deutschland erzielen.

Was würde das für die BWB bedeuten? Derzeit kann sie bei Marktuntersuchungen nur Empfehlungen abgeben. Künftig könnte sie bei Verfehlungen aber auch in den Markt eingreifen, Auflagen stellen oder eventuell Hausdurchsuchungen durchführen. Von Seiten der BWB heißt es, "Instrumente sowie Finanz- und Personalressourcen, die uns hierbei unterstützen, sind notwendig und begrüßenswert". Die BWB biete gerne ihre Expertise an für die rechtliche Umsetzung der konkreten Gesetzesvorschläge.

 Warum viele Lebensmittel eigentlich sogar zu billig sind

Kommentare