Sollten die Versorger ihre Preise nicht senken, will die Regierung deren Gewinne künftig noch stärker abschöpfen. Zur Erinnerung: Auf die Abschöpfung krisenbedingter Zufallsgewinne von Stromkonzernen haben sich die EU-Staaten vergangenes Jahr verständigt. Die Staaten haben einen Spielraum, wie stark sie abschöpfen wollen. Österreich hat sich auf einen Maximalertrag von 140 Euro pro Megawattstunde (MWh) Strom geeinigt. Darüber wird abgeschöpft. Wer in Erneuerbare investiert, darf etwas mehr verdienen, bevor der Staat zugreift, nämlich 180 Euro pro MWh. Ab Juni gelten nun Schwellenwerte von 120 und 160 Euro. Senken Energieversorger ihre Preise nicht, werden Gewinne abgeschöpft und "der Bevölkerung zurückgegeben", heißt es.
Was bringt das der Bevölkerung?
Die Gewinnabschöpfung bewirkt nicht zwingend, dass der Versorger seinen Preis senkt. Aber: Der Staat kann sich dadurch Einnahmen verschaffen, um andere Hilfsmaßnahmen zu finanzieren. So will der Bund gewisse Gebühren vorerst trotz der hohen Inflation nicht anheben - etwa bei Baubewilligungen, Führerscheinen und Reisepässen. Er hofft, dass die Länder und Gemeinden nachziehen. Finanziert werden soll das aus der stärkeren Gewinnabschöpfung. Der Gebührenstopp bringt laut Finanzministerium (BMF) 40 Millionen Euro.
Wie soll die Macht der Bundeswettbewerbsbehörde ausgebaut werden?
Am Freitag trifft sich Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) mit der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Aktueller Hintergrund: Die Regierung will den Lebensmittelmarkt stärker kontrollieren. Sie hat deshalb angekündigt, die BWB personell zu verstärken – um vorerst zehn Planstellen. Die BWB hat derzeit 49 Planstellen. Künftig würde es also zumindest 59, womöglich auch 62 Planstellen geben. Drei weitere Posten kommen nämlich ohnehin dazu, weil die BWB künftig auch Interbankenentgelte genauer beobachten soll. Reicht das Personal für die neuen Aufgaben? Die BWB zähle zu „den kleinsten Wettbewerbsbehörden in der EU“, bei vergleichsweise vielen Kompetenzen, heißt es von der BWB auf KURIER-Anfrage. Die „Verstärkung“ begrüße man, diese sei aber schon früher nötig gewesen. Und: In der Vergangenheit musste das Regelbudget nachverhandelt werden um die Personalkosten zu decken.
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Welche zusätzlichen Aufgaben hat die BWB dann?
Das ist noch nicht ganz klar. Prinzipiell soll die Fusionskontrolle ausgebaut werden. In Deutschland wurden in der letzten Kartellrechtsnovelle marktstarke Unternehmen verpflichtet, Zusammenschlüsse mit kleineren Zielunternehmen auch dann anzumelden, wenn diese weniger als 17,5 Millionen Euro Umsatz in Deutschland erzielen. Es gibt auf einem Markt nur wenige große Lebensmittelhändler– zu Lasten der Verbraucher und kleinerer Marktteilnehmer. Vorstellbar ist deshalb ein verschärftes Kartellrecht wie in Deutschland. Was würde das für die BWB bedeuten? Derzeit kann sie bei Marktuntersuchungen nur Empfehlungen abgeben. Künftig könnte sie bei Verfehlungen aber auch in den Markt eingreifen, Auflagen stellen oder eventuell Hausdurchsuchungen durchführen. Von Seiten der BWB heißt es, "Instrumente sowie Finanz- und Personalressourcen, die uns hierbei unterstützen, sind notwendig und begrüßenswert". Die BWB biete gerne ihre Expertise an für die rechtliche Umsetzung der konkreten Gesetzesvorschläge.
Hat die BWB schon einen neuen Chef oder eine neue Chefin?
Nein. Ursprünglich ist Michael Sachs, Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts (BvWG), auf der Liste der Bewerberinnen und Bewerber erstgereiht worden. Sachs gilt als politisch vernetzt, er war früher Mitarbeiter im Kabinett von Wolfgang Schüssel (ÖVP). In Fachkreisen und bei den Grünen kam das nicht gut an. Das Problem ist nach wie vor ungelöst. Die derzeitige Interims-Chefin und ebenfalls Bewerberin, Natalie Harsdorf-Borsch, gilt jedenfalls als Fachfrau mit viel Expertise.
Bewirkt mehr Transparenz bei Lebensmitteln wirklich, dass die Preise sinken?
Die Regierung will künftig regelmäßig einen Lebensmittel-Transparenzbericht veröffentlichen. Der Lebensmittelhandel muss dann ausweisen, welche Mengen an Lebensmittel er gemeinnützigen Organisationen spendet und wie viel er wegwirft. Die BWB soll mit Ökonomen weitere "Transparenzmaßnahmen" erarbeiten. Es sei unklar, wie mehr Transparenz die Preise senken solle, meinte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr.
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