Lavazza-Managerin Wege: „Wir sind reine Espresso-Röster“
Der italienische Kaffeeröster Lavazza profitiert vom Espresso-Boom. Susanne Wege, Geschäftsführerin Lavazza Österreich und Deutschland, über internationale Lieferketten und den hohen Kaffeekonsum in den nordischen Ländern und Österreich.
KURIER: Alles wird teurer. Auch Kaffee?
Susanne Wege: Als Naturprodukt ist der Kaffeepreis ja immer Preisschwankungen unterlegen, aber das vorige Jahr war schon besonders. Der Kaffeepreis ist um 80 Prozent teurer geworden und Prognosen zufolge wird er wohl auch mindestens bis Ende diesen Jahres auf diesem hohen Niveau bleiben.Ist das mehr eine Folge von Missernten oder von Lieferkettenproblemen?
Da haben mehrere Faktoren zusammengespielt. Im wichtigen Anbaugebiet Brasilien, dem größten Kaffeeexportland der Welt, kam es zuletzt zu Ernteausfällen. Grund war die extreme Wetterlage – die Palette reicht von Trockenheit über Kälte bis Schnee. Dazu kamen Covid-bedingte Ausfälle von Arbeitskräften. Und obendrein gab es Lieferkettenprobleme und ein inflationäres Umfeld entlang der Wertschöpfungskette. Wir rösten unseren Kaffee in Italien, dort treffen uns aktuell unter anderem die hohen Energie- und Verpackungspreise.
Aus welchen Ländern importiert Lavazza Kaffeebohnen?
Wir arbeiten ja mit Blends, also mit Mischungen. Das heißt, wir vermischen vereinfacht gesagt die fruchtigeren Arabica-Bohnen mit den Robusta-Bohnen, die für die leichte Bitterkeit im Espresso verantwortlich sind. Arabica bekommen wir vor allem aus Brasilien, Robusta aus dem Vietnam. Wir sind reine Espresso-Röster, Filterkaffee ist nicht unsere Kernkompetenz.
Ist Österreich überhaupt ein Espresso-Markt?
Espresso wächst laut ACNielsen stärker als Filter. Jeder dritte Haushalt hat schon einen Vollautomaten zu Hause. In Deutschland ist die Entwicklung ähnlich. Je weiter nördlich, desto mehr Filterkaffee wird nach wie vor getrunken.
Und desto größere Mengen an Kaffee werden genau deswegen getrunken, oder?
Ja, das liegt auch an den Konsumgewohnheiten. Ein Italiener geht schon morgens am Weg zur Arbeit in die Bar, bestellt einen Espresso und ist nach drei Minuten schon wieder aus der Bar draußen. Im Norden verlässt man ohne seinen Häferlkaffee morgens oft gar nicht das Haus. Ich habe selbst sechs Jahre in Schweden gelebt. Dort ist es ganz normal, dass man auch abends um 17 Uhr bei Meetings noch ein Riesenhäferl Kaffee serviert bekommt. Mit ein Grund für die größeren Konsummengen. Ich denke, gemessen an den Konsum-Akten, stehen die Italiener den Skandinaviern beim Kaffeekonsum aber um nichts nach.
Wie viel Kaffee trinkt der typische Österreicher?
Laut dem De’ Longhi Kaffeereport 2021 sind es 162 Liter im Jahr. Nur in Deutschland und Skandinavien wird dieser Wert noch übertroffen.
Stimmt es, dass der Filterkaffee ein Revival erlebt?
Er kommt zurück, aber in anderer Form als man ihn vielleicht aus der Kindheit kennt. Da steht nicht mehr den halben Tag eine Thermoskanne Kaffee auf der Anrichte. Heute wird mit Chemex-Glaskaraffen die Zubereitung zelebriert – und zwar Tasse für Tasse. Man fachsimpelt über Röstungen, macht Barista-Ausbildungen. Das alles hat es vor 15 Jahren noch gar nicht gegeben.
Wo sehen Sie in Österreich noch Wachstumspotenzial für Lavazza?
Wir machen 80 Prozent unseres Geschäfts im Lebensmitteleinzelhandel und dieses Geschäftsfeld ist weiter ausbaufähig. Im Vorjahr hatten wir ein Umsatzplus von 24 Prozent.
Wohl auch, weil man lockdownbedingt Kaffee für daheim gekauft hat. Ein Zuwachs, der schwer zu halten sein wird, oder?
Es ist noch früh im Jahr, das kann man noch nicht sagen. Wir versuchen jedenfalls, auch im Außer-Haus-Konsum dazuzugewinnen. Wir sind ja auch in der Gastronomie und im Automatengeschäft tätig, wenn auch nicht in einem so großen Ausmaß.
Kaffee ist seit jeher ein Lockartikel im Supermarkt. Wie viel Prozent der Packungen werden in Aktion verkauft?
Es gibt Phasen im Jahr – wie Muttertag, Ostern oder Weihnachten – bei denen die Quote bei mehr als 60 Prozent liegt. Kaffee lässt sich eben gut bevorraten und ist kein Impulskauf-Artikel, so wie etwa Softdrinks. Die Aktionsquoten in Österreich sind übrigens ungefähr gleich hoch wie im deutschen Markt.
Gleichzeitig behaupten Konsumenten in Umfragen immer, dass sie bereit sind, für Nachhaltigkeit mehr Geld auszugeben. Zählt, sobald sie vor dem Supermarktregal stehen, aber doch nur noch der Preis?
Es ist ein genereller Trend, dass die Qualitätsansprüche steigen, die Konsumenten kritischer werden. Als Unternehmen muss man reagieren, wir haben uns zum Beispiel schon 2015 auf die UN-Nachhaltigkeitsziele verständigt. Bei uns haben tatsächlich jene Produkte mit den höchsten Nachhaltigkeits- und Qualitätsstandards auch überproportionales Wachstum.
Lavazza ist ein italienisches Unternehmen, das in zig Märkten rund um den Globus tätig ist. Wie schwer trifft Sie denn der Krieg in der Ukraine?
Russland und die Ukraine waren für uns Wachstumsmärkte, die jetzt leider aufgrund der derzeitigen schlimmen Situation weggefallen sind. Aber wir sind in mehr als hundert Märkten vertreten und damit breit aufgestellt. Zu den großen Wachstumsmärkten zählen beispielsweise Deutschland und die USA mit Umsatzzuwächsen von zuletzt 14 bzw. 21 Prozent. Zu den großen Absatzmärkten zählen vor allem Italien und Frankreich, in diesen Ländern konnten wir zuletzt auch um sechs bzw. zehn Prozent zulegen.
Susanne Wege ist seit Juli 2019 Geschäftsführerin der Luigi Lavazza Deutschland GmbH und der Lavazza Kaffee GmbH in Österreich. Die gebürtige Österreicherin (aus Bad Gastein), hat in Innsbruck International Business Administration studiert und hat ihre Karriere im Jahr 2000 als Brand Managerin bei Jacobs in Wien gestartet, bevor sie zu Red Bull Österreich wechselte. Unter anderem war sie beim Salzburger Energydrink-Hersteller von 2012 bis 2015 für die Geschäfte in Schweden verantwortlich.
Nach einer weiteren Station bei Danone Waters Deutschland kehrte sie Ende des Jahres 2017 zu Red Bull in der Position des Commercial Managers Western Europe zurück.
Kommentare