Lamborghini: Mit Vollgas durch alle Krisen
Der italienische Sportwagenhersteller Lamborghini ist trotz aller aktueller internationaler Krisen mit Vollgas unterwegs. Absatz, Umsatz und Gewinn haben im Geschäftsjahr 2021 absolute Spitzenwerte erreicht. Die Kultmarke steht an ihrem runden Geburtstag – im kommenden Jahr feiert Lamborghini sein 60. Jubiläum – jedoch an einem Scheideweg: Das Unternehmen aus Sant'Agata Bolognese in der Nähe von Bologna will sich langsam von seinen Verbrennern entfernen und sich mehr auf Hybrid- und Elektroantrieb konzentrieren. Die Frage ist aber, ob die Kunden darauf umsteigen werden.
Beliebt bei Fußballern
Derzeit feiert Lamborghini aber ohnehin Erfolge in einem ganz anderen Bereich, denn die Rekordzahlen des vergangenen Geschäftsjahres sind dem reißenden Absatz der Lamborghini-SUVs zu verdanken, sagt Autoexperte Franz Farkas. Auffallend sei, dass sich viele Top-Fußballspieler solche geleistet hätten.
Offenbar habe einer der „Leithammeln“ damit begonnen und andere hätten nachgezogen. Weiters sei bemerkenswert, dass Sportwagenhersteller in den von Unsicherheit geprägten vergangenen Jahren mehr verkauft hätten, als sonst. „Offenbar stecken die Leute in solchen Zeiten ihr Geld lieber in teure Autos“, so Farkas.
Dass sich Lamborghini mehr der Hybrid- und Elektro-Mobilität widmet, sei auf den Eigentümer Audi zurückzuführen. Die Ingolstädter hätten viel Erfahrung mit diesen Technologien und würden nun austesten, wie weit sie diese bei den Edelkarossen aus Norditalien einfließen lassen könnten.
Großteils Handarbeit
Der Elektromotor des Hybridmodells soll laut Farkas aber nur 34 PS haben und eine „Mild-Hybridversion“ darstellen. „Ich nehme an, sie warten ab, ob oder wie weit diese neuen Modelle angenommen werden“, sagt der Autoexperte. Großes Risiko sieht er bei dem Experiment nicht, schließlich gehe es bei Lamborghini nicht um große Stückzahlen. 8.405 Autos wurden im Vorjahr verkauft. Die Autos werden nach wie vor großteils in Handarbeit gefertigt. Sonderwünsche der Kunden sind jederzeit möglich – zumindest was die Ausstattung betrifft. „Jedes Fahrzeug ist dadurch fast so etwas wie ein Einzelstück“, sagt Farkas.
Interessantes Detail: Lamborghini hatte anders als andere Sportwagenhersteller nie eine eigene Teststrecke – im kleinen Sant'Agata Bolognese sei kein Platz dafür gewesen. Bis vor wenigen Jahren habe man dafür eine eigene Lösung gehabt: Wollte ein Kunde einen Lamborghini ausprobieren, habe die Polizei meist weibliches Personal geschickt, das in einem Lamborghini mit Blaulicht vorausgefahren sein und die Straße gesichert haben soll. Der Kunde fuhr hinterher und konnte so richtig aufs Gas steigen – nicht nur auf der Autobahn, sondern auch auf der Landstraße, erzählt Farkas.
Ein weiterer großer Unterschied zu anderen Sportwagenherstellern, allen voran Ferrari: „Hinter Lamborghini steht kein eigener Rennstall“, sagt Farkas. Zwar habe es Ambitionen dazu gegeben, offenbar war es dem deutschen Eigentümer aber dann doch zu kostspielig. Ferrari dagegen „lebe“ geradezu von seinem Formel-1-Engagement. Lamborghini versuche dennoch, in einer Reihe mit Ferrari zu stehen. Wie weit das gelinge, mögen andere entscheiden, die Qualität der Autos sei jedenfalls eine sehr hohe.
Genialer Unternehmer
Eines steht laut Farkas jedoch fest: Gründer Ferruccio Lamborghini war eher eine Unternehmerpersönlichkeit als Enzo Ferrari, der zwar auch ein guter Geschäftsmann, vor allem aber ein genialer Ingenieur und Techniker war. Lamborghini dachte dagegen in mehrere Richtungen, startete nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Traktorunternehmen, baute Wärmegeräte, wollte in die Hubschrauberproduktion einsteigen – was nicht gelang, da ihm die italienische Regierung eine dafür nötige Lizenz verweigerte – und verwirklichte letztlich im Sportwagenbau eine seiner Leidenschaften.
Als das Unternehmen wegen der Ölkrise von 1973/’74 in finanzielle Schwierigkeiten geriet, verkaufte es Ferruccio Lamborghini kurzerhand und wandte sich einem neuen Interesse zu – dem Weinbau, den er bis an sein Lebensende erfolgreich betrieb.
Auch als frühes Marketing-Genie kann Lamborghini bezeichnet werden. In einem TV-Interview sagte er, dass, wenn ein Lamborghini ein Gebrechen hat, das Unternehmen einen Techniker – sogar per Flugzeug – in andere Länder schickt, um den Schaden zu beheben. Außerdem würde dieser ein „Entschuldigungsschreiben“ mitbringen, da ein Lamborghini normalerweise nicht kaputt werden dürfe. Das würde, so Lamborghini, für Mundpropaganda und damit neue Kunden sorgen. Ob das in der Praxis tatsächlich so gehandhabt wurde, darf allerdings bezweifelt werden.
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