Kritik an Wirtschaftskammer-Jahresbericht 2019

ÖFFNUNGSGIPFEL DER WKO: AUSSENANSICHT
WKÖ-internes Kontrollamt kritisiert etwa den Personalpool, Beratungskosten und Schulgeld im In- und Ausland.

In einigen Punkten hat der Jahresabschluss der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) für 2019 Kritik des internen Kontrollamts ausgelöst, wie aus einem der APA vorliegenden Bericht hervorgeht.

Ein Kritikpunkt ist ein WKÖ-interner Personalpool. Dieser solle Personalstrukturen an den zukünftigen Bedarf ausrichten – es würden dort demnach Mitarbeitende geparkt, für die vorübergehend kein Bedarf besteht. Berichtet wird von sieben Fällen, bei denen die Verweildauer in diesem Pool überdurchschnittlich lange ist – nämlich drei bis 15 Jahre. Das ist allein für das Jahr 2019 ein finanzieller Aufwand von 0,62 Millionen Euro. Der gesamte Personalaufwand der WKÖ belief sich 2019 auf 143,61 Millionen Euro, 2018 waren es 149,9 Mio. Euro. Der Rückgang erklärt sich aus einer Reduzierung der Rückstellungen für den Pensionsfonds.

Hohe Beratungskosten

Der Beratungsaufwand der WKÖ ist von 3,52 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 4,3 Millionen Euro im Jahr 2019 gestiegen. Außerdem sei laut Kontrollamt für die Beratungen der Jahre 2018 bis 2020 kein (Gesamt-)Konzept mit Plandaten erstellt worden. Künftig wäre die Erstellung einer Grundplanung für derart umfassende Beratungsvolumina jedenfalls zu empfehlen.

"Hauptauftragnehmer war die Consulting AG (Umstrukturierungsmaßnahmen) aufgrund eines Rahmenvertrags zwischen der WKO Inhouse GmbH und dem Auftragnehmer vom 10.8.2016, wobei das Volumen 2,24 Mio. Euro (2018: 0,84 Mio. Euro; 2019: 1,40 Mio. Euro) betrug. Ein Präsidiumsbeschluss für die Beauftragung dieser Beratungsleistungen wurde im Vorfeld nicht gefasst", wäre aber angesichts dieses Auftragsvolumens zweckmäßig gewesen, schreibt das Kontrollamt.

Pensionsfonds unterdotiert

Neben der Consulting AG hat die WKÖ laut Bericht mehrere Berater insbesondere im Bereich der Bildungspolitik und Bildungsoffensive beauftragt. Aber auch für die 2020/21 geplanten Expo in Dubai, diverse strategischer Themen sowie mit Rechtsauskünften und -beratungen. Laut Angaben des Kontrollamts hat alleine das Büro des WKÖ-Generalsekretärs Karlheinz Kopf 2019 und 2019 Beratungsaufträge im Volumen von 453.000 Euro vergeben.

Darüber hinaus sei der Pensionsfonds der Wirtschaftskammer mit knapp 79 Millionen Euro unterdotiert, heißt es in dem Bericht weiter. Der Deckungsgrad belaufe sich auf knapp 69 Prozent, der Bedarf für die Pensionsvorsorge auf 253,8 Mio. Euro. Auch Urlaubsrückstellungen seien hoch mit 12,28 Mio. Euro, davon entfallen 7 Mio. Euro (rund 58 Prozent) auf jene Mitarbeiter, bei denen von der gesetzlichen Verjährungsfrist des Urlaubsanspruches abgesehen wird.

Hohe Urlaubsrückstellungen

Rund 5 Mio. Euro Urlaubsrückstellung stehen für rund 80 Mitarbeiter zu buche, die Rückstände von 90 bis 455 Urlaubstagen haben. Innerhalb der letzten sechs Jahre habe sich die Anzahl der Mitarbeiter mit Urlaubsansprüchen über 90 Tagen verdoppelt. Auch verweist das Kontrollamt auf eine Person mit Urlaubsguthaben über 90 Tagen und einem Gleitzeitguthaben von über 1.000 Stunden - bei einer Teilzeitbeschäftigung. Hier und in einigen anderen Fällen empfehle sich eine Vollzeitanstellung.

Schulgeld im In- und Ausland für Kinder von 53 Mitarbeitern beliefen sich von 2010 bis 2019 auf gesamt 5,30 Mio. Euro. Davon entfielen auf die Top 3 Mitarbeiter 25,3 Prozent (1,34 Mio. Euro) und auf die Top 10 Mitarbeiter 57,2 Prozent (3,03 Mio. Euro).

Empfehlung

"Es wird daher aufgrund der hohen Schulkosten für die WKÖ abermals (zuletzt im Bericht 2015) empfohlen, einen strengeren Maßstab bei der Übernahme von Ausbildungskosten im Ausland bei der Wahl eines nicht deutschen Schultyps anzulegen und im Inland zu überprüfen, ob nicht doch eine Eingliederung ins österreichische Schulsystem möglich ist und somit die Höhe des Folgekostenzuschusses mit Zusatz- oder Nachhilfeunterrichtskosten begrenzt werden könnte", schreiben die Prüfer in ihrem Bericht, der der APA vorliegt.

Reaktion der WKÖ

Die WKÖ hat in einer Stellungnahme auf die Kritik reagiert. Zu den Schulkosten von Kindern von Außenhandelsdelegierten heißt es etwa, dass im Rahmen der Auslandstätigkeit etwaige Schulkosten, die durch den Besuch der Kinder von Mitarbeitern entstehen, genau geprüft und in Hinblick auf die Schulauswahl abgewogen würden. Die Personalabteilung prüfe streng. "Ohne Schulkosten-Zuschuss wären Mitarbeiter mit Kindern künftig im Ausland nur mehr beschränkt einsetzbar, da bestimmte Dienstorte für sie finanziell einfach unerschwinglich wären." Ziel sei, Mitarbeiter mit Kindern finanziell nicht zu benachteiligen und damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. In anderen Ländern seien die Schulkosten oft hoch.

Zum Personalpool gehören unter anderem sogenannte "Springer", die in Organisationseinheiten mit spontanem Arbeitsbedarf eingesetzt werden können. Dort zugeordnet würden auch "KarenzrückkehrerInnen, die bis zu einer Vermittlung einer fixen Abteilungszugehörigkeit hier kurzfristig zugeordnet sind und diese Zeit z.B. für Qualifizierungen und 'Springereinsätze' nützen oder auch schwer kranke MitarbeiterInnen".

Bei den Urlaubsrückstellungen wolle die WKÖ den Trend des Aufbaus von Stunden und Urlaubsguthaben stoppen beziehungsweise umkehren.

Kritik von NEOS und FPÖ

Die Unterdotierung des Pensionsfonds sei bekannt. "Die Finanzierung dieser Altlasten erfolgt daher so mitgliederschonend wie möglich in einem Ratenmodell." Der Rechnungshof habe in seiner Prüfung gewürdigt, dass die WKÖ sehr frühzeitig Reformschritte gesetzt habe: "Die Pragmatisierung (die zur Altpension führte) wurde vor einem Vierteljahrhundert abgeschafft, seit über 20 Jahren haben Neuzugänge keinen Zugang mehr zu diesem Pensionssystem."

Starke Kritik an dem Rechnungsabschluss der WKÖ kam von den NEOS und der FPÖ.

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