Klimaretter? Müllschlucker? Der Kampf um den Wald beginnt

Symbolbild
Was soll ein Wald leisten? – Mehr absorbieren, sagt die EU-Kommission. Das würde bedeuten: weniger Abholzung. Dagegen läuft Europas Forstwirtschaft Sturm

Sein Eindruck muss wohl ein guter gewesen sein: Vom „Waldland Österreich und seinen Waldstätten“, hatte einst Ex-US-Präsident Donald Trump lobend gesprochen. Unklar ist zwar bis heute, was er genau damit meinte, doch sicher ist:

Als eines der waldreichsten Länder Europas – fast die Hälfte der Oberfläche ist von Wäldern bedeckt – hat Österreich nicht nur gigantische Naturschönheiten zu bieten, sondern auch einen riesigen -Speicher zur Verfügung.

Rund ein Zehntel aller schädlichen Treibhausgase in Europa werden von den Wäldern absorbiert. Ohne Wald kein Klimaschutz. Ohne Wald keine Chance, das von der EU angepeilte Ziel zu erreichen, bis 2030 die -Emissionen um 55 Prozent zu senken (ausgehend vom Niveau 1990). Für dieses Ziel, so gibt es die EU-Kommission in Brüssel mit ihrer am Freitag präsentierten „Waldstrategie“ vor, müssen auch Europas Wälder mitspielen.

Die Frage ist nur: In welcher Rolle?

Als Klimasenke? Heimstätte der Artenvielfalt? Als Wirtschaftsfaktor? Naturpark? Alles zusammen?

„Die Art und Weise, in der wir unsere Wälder schützen, bewirtschaften und anpflanzen, müssen wir so gestalten, dass sie allen Menschen zugutekommt“, sagte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius.

Weniger Abholzung

Die Kommission urgiert dabei nicht nur die Wiederherstellung der geschädigten Wälder, sondern verlangt auch, dass Teile bisher genutzter Waldflächen nicht mehr genutzt werden sollen.

Dabei ist allerdings noch offen, wie hoch dieser Anteil sein soll. Die Kommission argumentiert: Nur so könne die dramatisch schrumpfende Artenvielfalt eingebremst und die erforderliche Kapazität des Waldes als -Senke erreicht werden.

Klimaretter? Müllschlucker? Der Kampf um den Wald beginnt

Wald im Gesäuse

Und auch die Art und Weise, wie Holz verarbeitet wird, soll sich ändern: Einen Baum fällen und einfach als Brennmaterial verheizen – das solle es nicht mehr geben. Alle Teile des Rohmaterials Holz müssen besser und mehrfach verwertet werden.

„Müllschlucker“

Wenig überraschend: Die Forderung nach weniger Waldbewirtschaftung löste sofort einen Sturm der Entrüstung aus. „Dieser Entwurf reduziert den Wald auf einen 'Müllschlucker' für die Abgase aus Verkehr, Hausbrand und Industrie. Das volle Potenzial von Holz als Beitrag zur Lösung der Klimakrise hingegen wird nicht genutzt“, sagt der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Moosbrugger. Umwelt- und Klimaziele würden so vorrangig, der wirtschaftliche Aspekt der Waldbewirtschaftung hingegen untergeordnet.

Klimaretter? Müllschlucker? Der Kampf um den Wald beginnt

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP)

Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger hatte schon im März zusammen mit zehn weiteren EU-Agrarministern in einem harschen Brief an die EU-Kommission protestiert: Waldflächen nicht mehr wie bisher zu nutzen – das komme nicht in Frage.

Rückhalt erhielt Köstinger dabei vor allem von den waldreichen Ländern Finnland und Schweden.

Wobei sich auch dort zeigt: Der Streit darüber, ob in Zeiten des Klimawandels die Hauptaufgabe des Waldes die Absorption von Kohlendioxid sein soll oder nicht, geht quer durch die Ministerien: Landwirtschafts- gegen Umweltministerien.

Was die heimische Forstwirtschaft überdies empört: Wald- und Forstpolitik war bisher etwas, was die heimische Regierung vorgab. Nun holt die EU-Kommission mit dem Argument aus, wirksamer Umweltschutz müsse gesamteuropäisch agieren.

Wie viel Holz künftig weniger geschlagen wird, ist aber längst nicht entschieden. Darüber müssen sich nun erst die Regierungen und das EU-Parlament einig werden.

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