Wie bei Oma, nur jünger

Wie bei Oma, nur jünger
Elisabeth Bader ist Wirtin. Ihr Lokal erna B. ist jung – und gemütlich wie bei Oma.

Es war wie verwunschen: Im Lokal in der Großen Neugasse 31 haben viele ihr Glück versucht. Alle sind nach einigen Monaten gescheitert. Sie ist nichts Besonderes, die Große Neugasse in Wieden. Nur eine Straße, wie es sie in jedem Wiener Bezirk gibt: Altbau und Gemeindebau stehen nebeneinander, ein Bus brummt in der Ferne, wenig Grün, ein wenig Leben, geschlossene Geschäftslokale, auf eine Fassade hat ein Lustiger "Luxus" gesprayt.

Seit einigen Monaten aber hat die Straße ein neues Leuchtschild. Darauf steht: erna B. Das Lokal, das bisher noch niemandem Glück brachte, scheint seine Besitzerin gefunden zu haben: Elisabeth Erna Bader.

Die 32-Jährige wirkt so ungezwungen und ungetrieben, authentisch wie das gesamte Lokal. Alles spielt hier zusammen: Die Kuchen und kleinen Speisen kocht und bäckt Elisabeth Bader selbst nach den Rezepten ihrer Großmütter. Dazu gibt es großartigen Espresso aus einer Faema E61 und Bier, auf dessen Etikett einfach nur "Bier" steht, Tegernseer oder Weitra vom Fass. Wie die Rezepte erzählen auch die Möbel einen Teil der Familiengeschichte: Manche Sessel stammen aus der Feuerwehrschule, in der der Vater unterrichtet, die Tische wurden selbst renoviert, die drei großen Industrielampen hingen zuletzt in einer Eislaufhalle. Elisabeth Bader passt in das Grätzel zwischen Naschmarkt und Wiedner Hauptstraße, wo sich in den vergangenen Jahren eine kleine Szene an feingaumigen Gastronomen angesiedelt hat: das Gasthaus Wolf, das Aromat, die Weinschenke, das Zweitbester.

Burgenland bis Honduras

Mit der Gastronomie hatte Elisabeth Bader bisher nicht viel zu tun. Als Studentin verdiente sie sich ein wenig Geld als Kellnerin. Im Burgenland aufgewachsen ging sie nach der Matura nach Wien, um Sozialpädagogik zu studieren. Nach dem Abschluss arbeitete sie fünf Jahre in der Behindertenwerkstatt Jugend am Werk. "Ein wunderschöner Beruf", sagt sie, "man bekommt so wahnsinnig viel zurück." Sie verbrachte mit ihrem Freund ein Jahr auf Reisen in Süd- und Mittelamerika. Auf der Insel Utila in Honduras, in einem Kaffeehaus, fasste sie bloßfüßig den Entschluss, zurück in Wien ein Lokal zu eröffnen.

Niemals alleine

Elisabeth Bader sagt: "Wenn ich Träume im Kopf habe, muss ich sie verwirklichen, denn ich will nicht irgendwann sterben und mir vorwerfen, es nie versucht zu haben." Eine Folge ist, dass Dinge dann oft sehr schnell geschehen. Wie der Abschluss des Mietvertrags, den sie zwei Tage, nachdem sie an dem Lokal vorbeigeradelt war, unterschrieb. "Die ruhige Gasse, die schönen hohen Türen – ich war sofort in das Lokal verliebt."

Wenig kann passieren, wenn man keine Angst hat. Elisabeth Bader hat zwei unbezahlbare Eigenschaften: Zuversicht und Gelassenheit. "Ich lasse die Dinge gerne auf mich zukommen. Mir wurde als Kind immer viel Raum gelassen und mir wurde immer gut zugesprochen. Meine Eltern sind starke Persönlichkeiten und ich hatte noch nie das Gefühl, alleine dazustehen." Es sind alle sehr stolz auf sie. Vor allem die Oma, die auch den Namen Erna trägt.

Familie, Freund und Freunde sind ihr emotional und wirtschaftlich große Stützen. Die hohen Anfangsinvestitionen hat sie sich zusammengesammelt. Und es sind auch Freunde, die hier gemeinsam arbeiten, hier als Kellner geringfügig angestellt sind. Elisabeth Bader selbst arbeitet heute drei Mal mehr als früher als Vollzeitangestellte, wie sie sagt. Aber es fühlt sich für sie nicht wie Arbeit an. "Nur das Bürokratische nervt", sagt Bader. Das betriebswirtschaftliche und logistische Know-how hat sich die Sozialpädagogin Schritt für Schritt selbst beigebracht.

Elisabeth Bader ist ein wenig überrascht und sehr dankbar, dass erna B. so gut läuft. Täglich kommen mehr Gäste. Die meisten, die einmal hier waren, kehren irgendwann wieder zurück.

1. Ich kann nur empfehlen, die Anfangskosten möglichst gering zu halten. Meine Kosten sind überschaubar geblieben. Denn ich wollte mir immer das Gefühl bewahren, frei zu sein.

2. Man sollte genauer hinhören, was die Leute sagen. Man bekommt so viele nette Sachen gesagt und positives Feedback. Aber Lob lässt sich dummerweise irgendwie schneller wegschieben. Oft wird nur das Negative gehört und das geht mitten hinein.

3. Man muss sich selber und seiner Idee treu bleiben. Ich hatte eine Zeit lang bereits um 11 Uhr vormittags geöffnet. Es dauerte nicht lange bis die Frage kam, ab wann ich ein Mittagsmenü anbieten werde. Das hat mich furchtbar unter Stress gesetzt, da ich eigentlich nie ein Restaurant aufmachen wollte.
Mein Rat ist, dass man bei sich und seiner Idee bleiben sollte. Klar muss man daran immer wieder feilen. Aber nur wenn man bei sich bleibt, ist man authentisch. Wenn man immer versucht mitzuziehen, dann wird das nichts. Bei erna B. gibt es Kleinigkeiten zu essen und viele Kuchen, nach den Rezepten meiner Großmütter – ich sperre erst um 15 Uhr auf.

4. Schaut euch die Betriebsanlagengenehmigung ganz genau an, wenn ihr ein Lokal mietet. Das kann viel Ärger ersparen.

5. Ich bin eine Befürworterin des Ausprobierens. Alles ist möglich und alles ist machbar. Es passiert im Leben eh so viel, das nicht zu erwarten ist, wo man auch nicht hin möchte. Dann muss man aber den Mut haben, daraus auszubrechen.
Es gibt auch die Momente, in denen man alles hinterfragt. Dann ist es gut hinauszugehen, Abstand zu bekommen. Ich fahre jedes Wochenende nach Hause ins Burgenland, das brauche ich.

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