Der Mann hinter dem X
X? Was ist das? Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen." Martin Ho rutscht wenig amüsiert auf der Couch hin und her. Er will über sein geheimes Projekt in der Wiener Wollzeile nichts sagen. "Sie erzählen der Presse ja auch nichts über Ihr privates Wohnzimmer", erklärt er mit endgültigem Ton. X, ein modern interpretierter Salon, für den man einen Schlüssel braucht, um überhaupt hineinzukommen, sei nur für Freunde und deren Freunde. Und Schlüssel gebe es eben nur in begrenzter Stückzahl, die seien alle schon im Umlauf und werden auch nicht nachproduziert. Ho hat damit etwas in Wien geschaffen, das es bisher nur in anderen Metropolen dieser Welt gab: einen privaten Club mit Saloncharakter, exklusiv und for friends only, mit sehr ausgesuchten Gästen. Und ohne wirtschaftlichen Hintergrund, wie er betont.
Niemals fad
X ist ein Projekt, über das man in Wien trotz des PR-Verbots spricht. Natürlich auch gerade deshalb, weil das alles ein großes Geheimnis ist. Martin Ho, 27 Jahre jung, verfolgt damit ein Geschäftsmodell, wie schon bei der Eröffnung seines ersten Restaurants "Dots" vor acht Jahren: "Nur Essen und Trinken anzubieten ist fad. Wir sind eine Marke, die immer wieder neue, absurde Ideen hat. Wir wollen die Gäste überraschen."
Die Absurdität von Dots liegt im Konzept des Experimental Sushi, extravagante Kreationen mit Püree, Liptauer oder Wiener Schnitzel, serviert im Szeneumfeld, modern, mit viel Kunstwerken an den Wänden.
Bei der Gründung 2006 war er jung und leichtsinnig. "Wäre ich da auf dem Wissensstand von heute gewesen, ich hätte das Restaurant nie aufgesperrt", ist er sicher. Die Erfahrungen, die er in den Jahren als Gastronom seither gesammelt hat, hätten ihn damals sicher nur behindert. Je mehr man weiß, desto mehr denkt und kalkuliert man. Wobei für ihn immer noch wichtig ist, dass der erste Schritt bei einem Geschäftsprojekt aus dem Herzen kommt, weil "der wichtigste Wirtschaftsberater das Bauchgefühl ist." So hat es Ho zu einem Unternehmen mit 80 bis 100 Mitarbeitern gebracht, er besitzt drei Restaurants, ein Café, eine Galerie, den privaten Salon X, hat vor zwei Jahren einen Verlag gekauft (Score 54), gerade ein Kochbuch herausgegeben und er liefert Asia-Food an die Supermarktkette Billa.
Streng und angstfrei
Gefühl für die Wünsche des Marktes muss Ho haben. Ebenso wie eine fast ungestüme Herangehensweise an seine Träume, die er konsequent abarbeitet. Mit direkter Art, fester Stimme und einer militärischen Strenge zieht er seine Sache durch. Dass er einen Ruf als tougher Chef hat, weiß er. "Sie werden keinen ehemaligen Mitarbeiter finden, der sagt, dass es bei uns leicht ist", erklärt Ho. "Aber es ist eben wie beim Militär, einer muss die führende Hand haben." Als alleiniger Geschäftsführer trägt er die Verantwortung – agiert aber angstfrei. Ho denkt nie an das Böse, nie an Verluste, das wäre nicht gut für seine Projekte.
Im Gespräch zeigt er sich dann aber auch wieder betont gönnerhaft: "Was man hat, muss man mit den Menschen teilen – sie teilen dann auch mit dir", ist sein Motto. Weshalb der Kunstliebhaber – er sammelt alles ab 1960 – auch viele Werke in seine Restaurants hängt. Seine Lieblingskünstler? Gerhard Richter und Andy Warhol.
Martin Ho, der Glückspilz (eine Eigenbezeichnung) mit vietnamesischen Wurzeln, hatte eine "herrliche Kindheit", erzählt er, hat immer alles gekriegt, vor allem aber Freiraum. Seine Eltern zogen nach Wien, als er zwei war. Sie sind wichtige Stützen, bis heute, arbeiten in der Firma des Sohnes mit.
1. Eine Geschäftsidee darf man nicht suchen, die ist plötzlich da, ganz von selbst. Hinsetzen und grübeln bringt nichts. Der erste Gedanke bei einer Geschäftsidee ist immer der beste, den sollte man verfolgen.
2. Wenn man ein Projekt verfolgt, muss man gut rechnen können und ein guter Kaufmann sein. Ich habe immer die Zahlen im Kopf, rechne ganz banal am iPhone alles durch und behalte während des Projekts die Finanzen genau im Auge. Da muss man manchmal auch jonglieren, überlegen, wo man Geld hinsteckt und wo nicht.
3. Die Finanzierung von Projekten gehe ich immer ganz konservativ an: Erst wenn ein Geschäft Gewinne abwirft, kann ich damit ein nächstes Geschäft beginnen. Wenn ich neue Projekte verfolge, dann dürfen die niemals die alten Projekte kannibalisieren. Ich versuche also, meine Geschäfte auf breite Beine zu stellen, will eine möglichst große Zielgruppe erreichen.
4. Auch wenn es schon oft gehört wurde: Mir macht es Spaß, was ich tue. Mein Anspruch ist aber immer, das zu tun, was die anderen nicht tun – sonst wäre es ja nichts Neues. Der Erste zu sein ist schwierig, über die Jahre habe ich mir aber eine Glaubwürdigkeit erarbeitet. Die Leute finden es cool, was ich tue.
5. Der wichtigste Tipp: Es geht nur mit Disziplin und Nachhaltigkeit – und das auf allen Ebenen im Unternehmen, vom Personal bis zum Einkauf und Verkauf und Marketing. Wenn man eine Entscheidung trifft, muss man außerdem immer schon die nächsten vier Entscheidungen im Kopf haben, die daraus resultieren. Man braucht einfach eine gute Gesamtstrategie.
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