Weniger Arbeit macht nicht zufriedener, aber was dann?

Glück ist ziemlich universell“, sagt Glücksexpertin Maike van den Boom
Glücksexpertin Maike van den Boom weiß, was es für glückliche Mitarbeitende braucht. Was die Skandinavier dahingehend besser machen als wir, erklärt sie im KURIER-Interview.

Maike van den Booms Job ist das Glück. Sie ist Business-Glücksexpertin und Bestsellerautorin. Für ihre Bücher „Wo gehts denn hier zum Glück?“ und „Acht Stunden mehr Glück“ bereiste sie die glücklichsten Länder der Erde.

Heute lebt sie mit ihrer Tochter in einem davon: Schweden. Was die Skandinavier in Sachen Glück besser machen als wir und warum weniger Arbeit keineswegs zu mehr Zufriedenheit führen muss, erklärt sie im Interview.

KURIER: Frau van den Boom, Sie haben Bewohner in 13 verschiedenen Ländern gefragt, ob sie sich als glückliche Menschen bezeichnen. Haben unterschiedliche Nationalitäten unterschiedliche Vorstellungen von Glück?
Maike van den Boom: Glück ist ziemlich universell. Erstaunlich finde ich aber, dass die Glücksfaktoren in unterschiedlichen Ländern sehr ähnlich sind. Obwohl die Grundmentalitäten von Mexikanern und Skandinaviern beispielsweise verschiedenen sind, haben sie relativ ähnliche Vorstellungen von Glück.

 

Was sind denn diese Glücksfaktoren, von denen Sie sprechen?
Dazu zählt etwa Vertrauen in andere Menschen zu haben oder auch die Freiheit, sein Leben so zu gestalten, wie man will. Freiheit geht natürlich nicht ohne Verantwortung, also ist auch das ein wesentlicher Faktor.
Und auch das Für- und Miteinander spielt eine Rolle. Je stärker dies in einer Gesellschaft ausgeprägt ist, desto glücklicher sind die Menschen.

 

Wie lässt sich das auf das Arbeitsleben übertragen?
Ganz einfach: Mitarbeiter sind in der Regel dann glücklich, wenn sie durch Vertrauen geführt werden. Und wenn Sie Freiheiten haben und ihnen Flexibilität gestattet wird.

 

„Man muss Menschen lieben“

von Glücksexpertin Maike van den Boom

Da haben wohl viele österreichische Unternehmen noch Aufholbedarf.
Die Skandinavier haben hier definitiv die Nase vorne. Dort gibt es keine strenge Trennung von Arbeits- und Privatleben, es greift ineinander. Man kann etwa in der Früh seine Kinder in die Schule bringen und fängt etwas später an.
In Schweden hat jeder CEO das Recht zu sagen, er kommt heute nicht in die Arbeit, weil seine Katze krank ist. Das ist Freiheit. Gleichzeitig haben die Menschen aber kein Problem damit, abends im Hafen vielleicht noch einmal ihren Laptop aufzuklappen, zu arbeiten, damit die Projekte laufen.

 

Und wie gehen Unternehmen damit um?
Die Skandinavier verstehen es, den Mitarbeitern nicht mit unzähligen Regeln ihre Energie zu rauben und unglaublicher Bürokratie, die Freiheit und Kreativität entzieht. Die Unternehmen bauen sich rund um die Mitarbeiter und fügen sich ein.
Der Mitarbeiter steht als Individuum im Mittelpunkt. Sie haben verstanden: Wenn das Leben der Mitarbeiter funktioniert, funktioniert es auch in der Arbeit und umgekehrt.
Weniger Arbeit macht nicht zufriedener, aber was dann?

Acht Stunden mehr Glück von Maike van den Boom

Was wir uns von den Skandinaviern in Sachen Glück abschauen können, hat Maike van den Boom auf den Punkt gebracht.
Acht Stunden mehr Glück, Fischer Krüger Verlag, 20,90 Euro 

Was bedeutet das für die Führung?
Ich glaube, gute Führung beginnt damit, dass man Menschen liebt. Wenn man die Menschen liebt, lässt man sie nicht rudern wie Idioten, sondern man bezieht sie ein, man respektiert sie, man redet mit ihnen und arbeitet gerne mit ihnen zusammen.
Es braucht dieses Gefühl, Menschen lieber wachsen als funktionieren zu lassen. In Österreich und Deutschland glaube ich, ist das noch nicht ganz angekommen.

 

Hierzulande kommt immer wieder die Debatte um die Viertagewoche auf. Würde uns weniger Arbeit glücklicher machen?
Das würde ja bedeuten, dass Arbeit etwas Furchtbares ist. In Skandinavien wird Arbeit als etwas Positives gesehen. Durch die Arbeit hat man die Möglichkeit etwas beizutragen, die Gesellschaft so zu formen, wie man es möchte.
Mir geht es um Flexibilität. Ich möchte dann nachhause gehen können, wenn das Kind krank ist. Bei der Viertagewoche ist wieder alles geregelt, es gibt keine Freiheit.

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