Warum Talente oft übersehen werden: So findet man seine Begabung

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Jeder Mensch steckt voller Fähigkeiten. Viele davon bleiben jedoch lange unentdeckt. Auf der Suche nach den eigenen Stärken

„Talent, das, Substantiv: Begabung, die jemanden zu ungewöhnlichen bzw. überdurchschnittlichen Leistungen auf einem bestimmten, besonders auf künstlerischem Gebiet befähigt“. So steht es im Duden.

Das Gute: Jeder Mensch steckt voller Begabungen. Das Problem: Gerade die Größten werden gerne übersehen. Paradox, aber der Grund dafür ist einfach, weiß Karriereberaterin und Psychologin Madeleine Leitner: „Menschen sind betriebsblind für ihre größten Talente, weil sie denken sie müssen sich mehr anstrengen. Die größten Fähigkeiten gehen einem leicht von der Hand, deshalb denken viele: Das ist doch nichts Besonderes.“

Alltägliche Stärken

Die wenigsten Menschen können mit dem Begriff Talent in Bezug auf sich selbst etwas anfangen. Sie verbinden damit herausragende sportliche oder musische Leistungen. Es geht jedoch nicht um Ausnahmetalente, die bereits mit fünf Jahren virtuos ein Instrument beherrschen. Es geht um alltägliche Stärken wie etwa die Fähigkeit, technische Systeme zu verstehen oder Menschen für sich zu gewinnen.

Persönlichkeitstests

Auf der Suche nach den eigenen Talenten gibt es zahlreiche Verfahren: schriftliche Tests, Feedback von Außenstehenden oder Assessment-Center. Nicht immer sind diese Methoden für die Nutzer jedoch auch sinnvoll geeignet, warnt Leitner. Sie empfiehlt, sich diesem Thema zunächst über Geschichten zu nähern: „Ich fordere meine Klienten dazu auf, bestimmte Episoden aus ihrem Leben aufzuschreiben und diese dann gemeinsam mit mir zu besprechen.

Zur Orientierung frage ich eingangs : Wo hatten Sie einmal so richtig Freude, wo sind Sie aufgeblüht?“ Anschließend spricht Leitner mit ihren Klienten über die Fähigkeiten, die in den Geschichten zum Vorschein kommen. „Nach drei bis vier solcher Erfolgsgeschichten kommt dann plötzlich das Aha-Erlebnis. Sie erkennen Talente an sich, die sie sich noch nie zugeordnet haben“, berichtet die Psychologin aus ihrer Praxis. Entscheidend dafür ist, Stichproben aus den verschiedenen Ecken des Lebens zu finden, angefangen mit den kindlichen Glücksmomenten bis hin zu positiven Erlebnissen im Job. „Die Leute denken oft, sie müssen Leistungsgeschichten bringen, dabei sind die banalen Geschichten meist die besten“, warnt Leitner vor einem weitverbreiteten Missverständnis.

Hobby oder Beruf?

Muss man aber das, was einem Freude bereitet, auch tatsächlich zu seiner Berufung machen? „Darum geht es nicht“, erklärt Leitner und führt aus: „Wenn Sie zum Beispiel gerne singen, müssen Sie deshalb nicht gleich Sängerin werden. Es geht vielmehr um die Motivation dahinter. Singen Sie gerne, weil sie ein Publikum berühren möchten, oder entschlüsseln Sie gerne Noten?“ Für Madeleine Leitner liegt der Schlüssel in der Erkenntnis darin, dass Fähigkeiten grundsätzlich nicht fachgebunden, sondern übertragbar sind. „Wenn Sie gut analysieren können, können sie beispielsweise chemische Formen analysieren, aber auch genauso gut Menschen analysieren.“ Es ist eine flexible und zugleich stabile Methode. Denn gerade Interessen können sich schnell wandeln und im Laufe der Jahre verändern. Außerdem sind diese auch immer von Stereotypen, unserer Umwelt, Eltern oder Freunden geprägt.

Das sieht auch die Personalberaterin Charlotte Eblinger von Eblinger & Partner so: „Oft wollen die Eltern, dass ihre Kinder Karriere machen. Sie geben dann oft Tipps, die völlig daneben sind, weil sie ihre eigenen Lebensträume auf die Kinder projizieren. Außerdem ist Feedback von Familienmitgliedern und Freunden meist nicht objektiv. Man sollte sich also nie zu sehr darauf verlassen, sondern möglichst viel selbst ausprobieren.“

Mut zum Ausprobieren

Davor schrecken jedoch viele Menschen nach wie vor zurück. Etwas anfangen und wieder abbrechen – wie macht sich das im Lebenslauf? „Man muss sich etwas trauen. Man muss sich den Beruf in der Praxis anschauen. Nur so kann man Talente und Fähigkeiten echt erkennen. Man sollte dieses Erkunden locker sehen und spielerisch ausprobieren, was einem gefällt“, rät Charlotte Eblinger. Ganz nach der Versuch-Irrtum-Methode. Auch die Psychologin und Karriereberaterin Madeleine Leitner ermutigt übrigens zum Ausprobieren: „Heutzutage gibt es so viele Möglichkeiten. Die Wege sind offener geworden, Quereinsteiger keine Seltenheit mehr.“

Jeder von uns hat Talente

Dass in allen von uns Fähigkeiten schlummern, davon sind sowohl Leitner als auch Eblinger felsenfest überzeugt. „Es gibt keinen Menschen, der nicht irgendein Talent hat – man muss es nur finden.“ Ob man dazu Persönlichkeitstests anwendet, Geschichten aufschreibt und analysiert oder nach dem Motto Trial and Error einfach ausprobiert, kann jeder für sich selbst entscheiden, oder am besten verschiedene Methoden ausprobieren.

Und noch etwas: Es ist nie zu spät, auf Talentsuche in eigener Sache zu gehen.

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